Der Sekretärinnen-Mythos

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Die Königsdisziplin einer Sekretärin: Kaffeekochen und Briefe tippen und wenn der Chef ruft „Brief an Herrn Schröder, Frau Romanic“ schnell auf hochhackigen Pumps, mit Hochsteckfrisur und rot lackierten Nägeln den Brief an den Vorstandsvorsitzenden Schröder vom Band tippen und nebenbei noch einen heißen Kaffee oder Tee servieren.

Das ist der Mythos, der manchmal noch heute wie eine Tube Patex an uns haftet. Ok, die hochhackigen Pumps sind nie aus der Mode gekommen, eine nette Frisur hat bisher auch nicht geschadet und die gepflegten Hände gehören einfach dazu. Aber Briefe tippen? Kaffee kochen? Telefonate verbinden? Ist das alles, was den Beruf der Sekretärin ausmacht?

Im Zentrum der Macht …

Weit gefehlt, die Realität sieht heute anders aus: Sekretärinnen sind rar geworden. Management-Assistentinnen und Office Manager erobern die Chefetagen. Das Berufsbild hat sich einem Wandel unterzogen. Es gibt kaum eine Position im Unternehmen, in der man so direkt und nah mit einem Vorgesetzten arbeitet, wie als Sekretärin bzw. Assistentin. Sie sitzt zwangsläufig im Zentrum der Macht. Sie weiß über die vertraulichen Dinge im Unternehmen Bescheid und trägt dabei jede Menge Verantwortung. Und die Aufgaben bzw. Verantwortungen wachsen täglich. Neben den klassischen Tätigkeiten im Office sind im Laufe der Zeit immer mehr Aufgaben hinzugekommen.

In mehreren Fremdsprachen mit Kunden und Geschäftspartnern korrespondieren,  Reden schreiben, Besprechungen, Konferenzen, Tagungen, Events und Messen organisieren und koordinieren, den Chef durch die Termine führen, Aufgaben nachhalten und das Team über Projekte auf dem Laufenden halten – das sind einige der verantwortungsvollen Aufgaben einer heutigen Sekretärin/Assistentin. Erwartet wird dabei, dass sie selbständig arbeiten, vorausschauend denken, gut organisieren und geschickt verhandeln können, service- und kundenorientiert agieren sowie über gute Software-Kenntnisse verfügen und Präsentationstechniken beherrschen – um nur eine Auswahl der fachlichen Kompetenzen zu nennen.

Genauso gewinnen die Soft Skills  immer mehr an Bedeutung: Belastbarkeit, Loyalität, Kommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit Einfühlungsvermögen, Flexibilität, Selbstsicherheit, Teamfähigkeit und Souveränität zählen dabei zu den Eigenschaften, die Personalleiter bei der Stellenausschreibung und im Einstellungsgespräch fordern.

Ob und wieviel Freiheit eine Sekretärin oder Assistentin bei ihren Aufgaben hat, hängt immer vom Chef und ihrem eigenen Wissen bzw. Willen ab. Wenn sich der Chef und die Assistentin als Team verstehen, dann sollte es keine Lücke in der Kommunikation geben.

Sich weiterentwickeln und am Ball bleiben

Wer sich im Zentrum der Macht bewegen möchte, sollte neben den aufgeführten Skills auch Kenntnisse in BWL und VWL sowie Verständnis für betriebliche Zusammenhänge und Zahlen besitzen. Immer mehr Assistentinnen haben einen betriebswirtschaftlichen Background und ein Studium abgeschlossen. Permanente Weiterentwicklung und Qualifizierungen sind unerlässlich.

Als Allroundtalent erwartet man von der Sekretärin, dass sie agiert, statt reagiert. Auch sollte man sich um die eigene Entwicklung kümmern. Der Besuch von Seminaren um die Hard und Soft Skills zu schulen, sollte im eigenen Interesse erfolgen. Allein schon die rasanten Veränderungen im EDV-Bereich geben Anlass immer am Ball zu bleiben.

Die Vorteile eines Assistentinnen-Jobs liegen auf der Hand: abwechslungsreich ist er. Kein Tag gleicht dem anderen. Jeden Tag steht man vor neuen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.

Dennoch, es gibt auch eine Kehrseite der Medaille: Überstunden gehören dazu. Manchmal auch Wochenendarbeit. Wie oft habe ich schon für meinen Chef am Wochenende Flüge umgebucht oder noch eine wichtige Präsentation überarbeitet. Wie viele Nachtstunden sind für die dringende Bearbeitung von Unterlagen draufgegangen? Wie oft musste ein Urlaub an den des Chefs angepasst werden, damit während der Abwesenheit der Assistentin nicht der Chef ins Chaos läuft. Und dann gibt es noch die Spezies unter den Chefs, die von unterwegs anrufen und fragen: „Wo bin ich jetzt? Und wo muss ich hin?“ Dank Google und einiger hilfreicher Apps lässt sich der Chef dann ganz einfach  zum nächsten Termin navigieren.

Ein weiterer Schönheitsfehler in diesem Beruf ist aus meiner Sicht die fehlende Karriereleiter. Wer als Assistentin einsteigt, kann sich bis zur Vorstandsebene hocharbeiten – dann ist Schluss.

Keine Angst vor Veränderungen!

So sollte man keine Angst vor Veränderungen haben. Veränderungen sind wichtig und Sekretärinnen sind täglich Veränderungen ausgesetzt. Ein Unternehmen fusioniert oder internationalisiert sich, ein Vorgesetzter verlässt das Unternehmen, die Abteilung wird umstrukturiert. In diesen Umbrüchen ist es wichtig, dass man offen bleibt für den Veränderungsprozess und diesen aktiv mitgestaltet und sich selbst mit einbringt.

Grundsätzlich sollte man sich auf seine Stärken konzentrieren und diese immer weiter ausbauen. Warum sich mit seinen Schwächen aufhalten? Mein Tipp an Sie: Bleiben Sie ständig am Ball. Spezialisieren Sie sich und finden Sie Ihre Nische! So werden Sie in Zeiten von Veränderungsprozessen immer die Nase vorn haben.

Autor

Enisa Romanic

Enisa Romanic ist Trainerin und bietet unter Bürotrainingplus Seminare zum Office Management. Parallel dazu ist sie täglich in der Praxis als Assistentin tätig. Sie spricht Englisch, Französisch, Spanisch, Serbisch und Kroatisch und blickt nebem ihrem Studium als "International Management Assistant" an der AMA (Euro Akademie Lippstadt) auf zahlreiche Aus- und Weiterbildungen zurück. Für das Euro Akademie Magazin schreibt sie Kolumnen aus ihrer 18-jährigen Berufspraxis als Assistentin in unterschiedlichsten Branchen und Unternehmensbereichen.