Die Perfektionismus-Falle

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Als ich mir neulich Gedanken dazu machte, zu welchem Thema ich meinen nächsten Blogbeitrag schreiben könnte, kam mir unverhofft eine Schülerin zu Hilfe. Sie gab – viel zu spät – ihre Hausarbeit bei mir ab und begründete dies damit, dass sie immer so perfektionistisch sei und deshalb nicht zu Potte komme.

Sehr perfektionistisch fand ich es ja nun nicht gerade, eine Arbeit erst eine Woche später abzugeben. Gleichzeitig berührte ihre Argumentation etwas in mir. Denn die Erfahrung habe ich schon häufiger gemacht, dass vor lauter Perfektionismus letztendlich gar kein Resultat entsteht. Doch was leitet Perfektionisten? Ist es Angst?

Perfektionismus führt nicht zum Erfolg

Die Vorstellung, alles richtig machen zu müssen, ist gerade in der Schule verbreitet. Es ist so, als müsse man immer eine „Eins“ schreiben, Fehler unbedingt vermeiden und vor den Lehrern makellos erscheinen. Ich kenne Schüler, die lieber gar nichts sagen, als eine falsche Antwort zu geben.

Ist es wirklich sinnvoll, sich eine „Eins“ oder die perfekte Antwort zum Ziel zu setzen? Es ist kein schlechtes Ziel. Dinge, die wir als wichtig erachten, sollten wir auch so machen, wie wir es für richtig halten. Doch Perfektionismus wird sehr schnell zum Selbstzweck. Dann geht es mehr darum, korrekt zu sein – um der Perfektion Willen – und nicht, weil wir einen Sinn dahinter erkennen.

Der Wert von Fehlern

Häufig werden wir erst durch den Mut zur Lücke erfolgreich. Wir lernen durch Fehler und wer sich die zu machen nicht traut, der erlahmt. Wer immer nur gut sein will, der erkennt seine Stärken und Schwächen nicht, der kann sich selbst keine Präferenzen setzen und ist nicht Kapitän auf seinem eigenen Schiff. Ein Kapitän, der auch mal aushalten kann, dass der Wind bläst und die Wellen sich türmen. Wer im Sturm des Lebens erwartet, dass Wind und Wellen sich kontrolliert verhalten, damit er perfekt durchsegeln kann, der kann im Leben nicht bestehen.

Das Leben lehrt uns eines Besseren: Es gibt kein perfektes Leben. Keine perfekten Bedingungen. Kein perfektes Äußeres. Kein perfektes Verhalten. Das Leben ist chaotisch und kunterbunt. Und das ist auch gut so.

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Autor

Barbara Tauber

Barbara Tauber, ehemalige Dozentin an der Euro Akademie Berlin, betreute bis August 2017 das Projekt "Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas" federführend. Sie engagiert sich für eine neue Lernkultur: Schüler gestalten aktiv und eigenverantwortlich ihren Lernprozess, Dozenten werden zu Coachs, die diesen Lernprozess unterstützen und begleiten. In diesem Blog schildert sie Erfahrungen aus ihrem pädagogischen Alltag.