Was tun, wenn Schüler und Lehrer nicht auf einer Wellenlänge liegen?

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Es gibt Tage, da male ich mir schon auf dem Weg zur Schule aus, wie ich den Unterricht gestalten möchte. Ich stürme voller Elan in den Unterricht, stelle mein Thema vor – und ernte im besseren Fall lange Gesichter, im schlechteren großen Protest. Die Schüler wollen etwas Anderes machen. Sie haben keine Lust auf das, was ich mir da ausgedacht habe und sehen eigentlich auch gar keinen Sinn in dem, was ich vorhabe.

Mangelndes Vertrauen

Unterschiedliche Erwartungen sind häufig das Problem, wenn sich Fronten zwischen Schülern und Lehrern bilden: Unterschiedliche Erwartungen und mangelndes Vertrauen. Dann geht es darum, ob es sinnvoll ist, seine Zeit in einem Klassenraum zu verbringen, in dem man scheinbar nichts lernt, der Lehrer das Sagen hat und über den eigenen Tag bestimmt.

Rausfinden, was die Schüler brauchen

Für mich als Lehrerin heißt es dann oft, einen Gang zurückzuschalten. Je nach Stimmung in der Klasse, schwenke ich zu klassischen Methoden des Unterrichts um oder ich thematisiere das Problem. Dann versuche ich mich heranzutasten an das, was die Schüler gerade brauchen. Wenn der Unterricht als langweilig empfunden wird – was auch immer wieder vorkommt – dann heißt es, den Ankerpunkt zum realen Leben zu suchen, um dem Thema wieder Spannung einzuhauchen.

Distanz bewahren

Für die Schüler wie für mich als Lehrerin ist es in diesem Prozess wichtig, Distanz zu bewahren und der Diskussion die Emotionalität zu nehmen. Denn letztere führt bei misslungenem Unterricht häufig in eine Spirale der gegenseitigen Anschuldigungen und Beleidigungen mit dem Tenor: „Das ist die schlimmste Klasse!“ – und umgekehrt: „Ich hasse diese Lehrerin!“

Gleicher Ansatz, unterschiedliche Wirkung

Es gibt guten und schlechten Unterricht – und, das wird vielleicht den einen oder anderen Schüler überraschen – es gibt ihn bei ein und derselben Person. Ich komme manchmal aus einem Unterricht und denke: „Klasse! Hat das Spaß gemacht.“ Die Schüler waren ganz bei der Sache. Wir haben uns gegenseitig die Bälle zugeworfen und wenn ich an so einem Tag den Klassenraum verlasse, habe ich das befriedigende Gefühl, guten Unterricht gemacht zu haben.

Eine Woche später starte ich mit demselben Ansatz in einer anderen Klasse und lande mit meinem Thema im Abseits. Gelangweilte Gesichter, bockige Fragen, Daddeln auf dem Handy und auch mein Blick geht alle zwei Minuten zur Uhr.

Die richtige Welle abpassen

Wenn Schüler und Lehrer nicht auf einer Wellenlänge sind, dann heißt es noch einmal, Luft zu holen, zu schauen, wo die Schüler gerade stehen, und sie dort abzuholen. Vergleichen lässt sich das mit einem Wellenreiter, dem gutes Wellenreiten nur gelingt, indem er die Welle abpasst, sich in sie hineinbegibt und mit ihr ans Ufer reitet. Und wie beim Wellenreiten muss ich manchmal Verschiedenes ausprobieren. Neue Strategien entwickeln. Neu starten. Es gibt Surfer und Wellen, die schwingen zusammen. Und dann gibt es welche, da überschlägt sich die Brandung und der Surfer wird fast vom Wasser verschluckt. Lehrer sollten sich am Anfang nicht zu hohe Wellen vornehmen und Schüler sollten keine zu hohen Wellen schlagen, sondern auch einmal „Gnade vor Recht“ ergehen lassen.

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Autor

Barbara Tauber

Barbara Tauber, ehemalige Dozentin an der Euro Akademie Berlin, betreute bis August 2017 das Projekt "Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas" federführend. Sie engagiert sich für eine neue Lernkultur: Schüler gestalten aktiv und eigenverantwortlich ihren Lernprozess, Dozenten werden zu Coachs, die diesen Lernprozess unterstützen und begleiten. In diesem Blog schildert sie Erfahrungen aus ihrem pädagogischen Alltag.