Sympathie im Klassenzimmer – die Lehrerin mag mich, sie mag mich nicht …

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Zum Semesterende wurden wieder Zeugnisse verteilt und damit liegt gerade eine heikle Beziehungsarbeit hinter mir. Schüler, die schlechte Noten bekommen, gehen häufig davon aus, dass ich sie nicht mag. Sie vermuten, dass ich sie nicht verstehe oder ihnen gegenüber negative Gefühle hege, die zu einer Abwertung ihrer Leistungen führen.

Nun könnte man fragen, wie Leistungen objektiv gemessen werden können. Oder umgekehrt: Wie objektiv Noten überhaupt sein können? Aber das Thema, auf das ich heute hinaus will, ist: Wie viel Sympathie ist in der Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden sinnvoll?

Optimaler Unterricht

Gerne zeichnen wir das Bild eines Unterrichts, der sich vor allem an Sachinhalten orientiert und der idealweise von objektivem Wissen ausgeht. Die Schüler sollen dieses Wissen speichern, in die Praxis umwandeln und kritisch reflektieren können.

Dabei ist es dann irrelevant, ob der Schüler den Dozenten mag oder umgekehrt der Dozent den Schüler. Dieses Bild entbehrt auch nicht einer gewissen Logik: Es scheint den effektivsten und fairsten Weg des Lernens zu beschreiben.

Meine Erfahrung ist jedoch anders. Es braucht durchaus Sympathie, um guten Unterricht zu machen. Die Dozenten müssen den Lernenden Sympathie entgegenbringen und die Lernenden dem Dozenten. Der Lehrer trägt die Verantwortung für eine gute Lernatmosphäre – und die liegt in gegenseitigem Wohlwollen. Es ist wie in einem Treibhaus: Das gute Klima ist für das Wachsen des Lernerfolgs entscheidend. Mit Sympathie lernt es sich einfach besser.

Umgehen mit Sympathie und Antipathie im Unterricht

Doch Dozenten sollten mit dieser emotionalen Seite ihrer Arbeit besonders sorgfältig umgehen. Sie sollten sich nicht davon abhängig machen, dass sie von der Klasse geliebt werden und souverän damit umgehen, wenn Schüler einmal einen ganzen Eimer Wut über ihnen ausschütten. Das Aushalten von Frustration und Ärger gehört zur Professionalität der Dozenten dazu. Es ist ihr Job, die Emotionen innerhalb eines Klassenraums zu steuern und zu halten.

Und wie ist es mit der Sympathie der Schüler gegenüber den Dozenten? Mit Sicherheit lernt es sich besser, wenn man den Dozenten mag. Doch ich finde, man darf sich als Lernender emotional nicht davon abhängig machen.

Wenn es dann am Ende des Semesters um die Bewertung der Kompetenz geht, ist es für die Schüler wichtig, Gelassenheit walten zu lassen – und schlechte Wertungen nicht persönlich zu nehmen. Und wir Dozenten sollten Souveränität bewahren, damit wir nicht tatsächlich einem sympathischen Schüler aus Angst vor dem Eimer Wut eine bessere Note geben.

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Autor

Barbara Tauber

Barbara Tauber, ehemalige Dozentin an der Euro Akademie Berlin, betreute bis August 2017 das Projekt "Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas" federführend. Sie engagiert sich für eine neue Lernkultur: Schüler gestalten aktiv und eigenverantwortlich ihren Lernprozess, Dozenten werden zu Coachs, die diesen Lernprozess unterstützen und begleiten. In diesem Blog schildert sie Erfahrungen aus ihrem pädagogischen Alltag.