Zuckersteuer auf Cola & Co. – Ist ein Diktat wirksamer als die Vernunft?

0

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert die Staaten auf, eine Zuckersteuer zu erheben. Die Mehrabgaben beim Kauf von zuckerhaltigen Getränken soll Volkskrankheiten aufgrund falscher Ernährung eindämmen.

Bei der momentanen Diskussion um eine mögliche Zuckersteuer spitzen sicherlich besonders Beschäftigte im Gesundheitswesen die Ohren. Welcher Altenpfleger oder Physiotherapeut

betreut keine Patienten, die an Fettleibigkeit oder Diabetes leiden? Selbst Kinderpfleger können die düstere Zukunft einiger ihrer Schützlinge schon erahnen. Doch kann die Besteuerung zuckerhaltiger Getränke tatsächlich Beschwerden verhindern?

Besteuerung zuckerhaltiger Getränke

Laut WHO reduzieren Preiserhebungen um 20 Prozent oder mehr die Bereitschaft, ungesunde Getränke zu kaufen. In Mexiko hat das funktioniert: 2014 wurde dort die Sondersteuer eingeführt. Seitdem ging der Verkauf von Softdrinks um zwölf Prozent zurück. Auch Belgien und Frankreich haben die Steuer schon, in Großbritannien kommt sie demnächst.

Durch den gesenkten Konsum von Softdrinks sollen nicht nur Übergewicht, Diabetes und Karies, sondern auch Herzprobleme und die Neigung zu Schlaganfällen eingedämmt werden. Daher stehen sowohl die Verbraucherorganisation Foodwatch als auch Ärzteverbände hinter dem Vorschlag. In der Folge würden zusätzliche Kosten für das Gesundheitssystem und damit letztlich wieder für den Verbraucher gebremst. Also ist das eine Win-Win-Situation?

Ändert eine Zuckersteuer unsere Ernährungsgewohnheiten?

Dass ein Großteil der Deutschen sich ungesund ernährt, ist Fakt. Auch, dass wir im Durchschnitt zu viel auf die Waage bringen, lässt sich nicht bestreiten. Für die Gesundheit der nachkommenden Generation sieht es unter diesen Voraussetzungen nicht gut aus, weswegen etwas passieren sollte. Aber wird es uns bremsen, wenn wir für den Liter Cola statt 1,00 Euro zukünftig 1,20 Euro zahlen müssen?

Das Modell appelliert an den Geizhals in uns und in der Tat geben Deutsche im Ländervergleich sehr wenig für ihre Lebensmittel aus. Sicher wird eine Familie, die jeden Cent in der Haushaltskasse zweimal umdrehen muss, länger überlegen, ob sie sich die Mehrkosten leisten kann und will. Aber der berühmte Wohlstandsbauch heißt schließlich nicht so, weil der Besitzer am Hungertuch nagt. Wir leisten uns täglich teuer besteuertes Benzin, Alkohol und viele von uns immer noch Nikotin. Diese Menschen wird auch eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke kaltlassen.

Zuckerfreie Softdrinks sind keine Lösung

Was eine Steuer von Zucker-Getränken bewirken kann, lässt sich an einem Beispiel in meinem Bekanntenkreis sehen: Die junge Frau hat das noble Ziel, abzunehmen, aber Wasser trinkt sie nur ungern. Ihre Getränke haben grüne, gelbe und rosa Farben und sind tatsächlich nicht voller Zucker. Dafür stecken umso mehr Süßstoffe darin. Erhöhter Konsum solcher Produkte wird wohl eine Konsequenz der Zuckersteuer sein. Süßstoffe sind zwar kalorienarm, auf Dauer aber weder für eine Diät noch für die allgemeine Gesundheit von Vorteil.

Wenn Sie etwas Süßes in den Mund nehmen, schickt bereits die Zunge ein Signal aus, dass nun Zucker kommt. Schnell bereitet sich der Körper auf den Schub vor, stellt Andockstellen für die Glukosemoleküle bereit und so weiter. Bleibt der Zucker aber aus und das häufiger, interpretiert das Gehirn dies als Notstand und fordert Nahrungsaufnahme, was wiederum zu Heißhungerattacken führt. Damit wird Fettleibigkeit sicherlich nicht aufgehalten.

Es gibt außerdem einige Studien, die vermuten lassen, dass der regelmäßige Verzehr von Süßstoffen zu Diabetes führen kann. Erwartet der Körper Zucker, erhöht sich auch der Insulinspiegel. Das bedeutet, sobald wir Kohlenhydrate essen, werden diese in Zucker zerlegt und ins Blut geführt. Das Insulin hat dort die Funktion, den Blutzucker weiterzutransportieren. Kommt das Süße im Mund aber nie als Zucker im Blut an, besteht ein erhöhter Insulinspiegel, was dauerhaft eventuell zu Diabetes führt.

Steckt das Problem im Zucker?

Schauen Sie sich doch mal in Ihrem Bekanntenkreis oder der Familie um. Sicher kennt jeder irgendwen, der wenigstens ein bisschen zu dick ist. Und was ist der Grund dafür?

Als ein Freund von mir – schlank und sportlich – seine eigene Bierbrauerei eröffnete und von da an regelmäßig zu Festen und Geschäftsessen ging, wuchs sein Bauch beträchtlich. Ich bezweifle aber, dass dies an Fanta, Schweppes und gezuckerten Säften liegt.
Meine Nachbarin liegt jeden Abend nach ihrem Tag im Büro auf der Couch und vernichtet eine Tüte Chips. Dazu trinkt sie Wasser.
Das Frühstück meiner amerikanischen Freundin besteht aus fettigen Pancakes, die mit Butter bestrichen und mit Ahornsirup übergossen werden, sowie einigen Streifen knusprig gebratenem Speck und Kaffee.

In allen Beispielen sind zuckerhaltige Getränke nicht die Hauptursache für die Gewichtsprobleme. Bei der Diskussion um eine Zuckersteuer wird die Ernährung mit zu viel Fett und Salz völlig außer Acht gelassen. An der mangelnden Bewegung des Durchschnittsdeutschen ändert die Abgabe ebenfalls nichts. Wie so oft wird uns hier eine Scheinlösung geboten, die aussagen soll, dass etwas geschieht, aber letztlich keinerlei Nutzen hat.

Sinnvolle Alternativen gibt es

Es gibt aber auch Alternativen zur Besteuerung zuckerhaltiger Getränke, die nicht gleich als Diktat von oben auf den Verbraucher wirken und neben Zucker auch den Fett- und Salzgehalt von Lebensmitteln in den Fokus rücken. Erinnern Sie sich beispielsweise noch an die Nährwert-Ampel?

Foodwatch fordert sie immer noch. Dabei soll mit den Farben grün, gelb und rot gekennzeichnet werden, ob in dem Lebensmittel wenig, mittelmäßig oder viel Fett enthalten ist. Das Gleiche für Zucker und Salz. Das macht unterschiedliche Nahrungsmittel in diesen Punkten vergleichbar. Zusätzlich wirkt es aufklärend und Wissen bezüglich gesunden und gesundheitsschädlichen Lebensmitteln sollte ohnehin weiter verbreitet werden. Hier haben sogar Kindergärten und Schulen noch Nachholbedarf.

Wie ist Ihre Meinung zur Zuckersteuer? Teilen Sie uns gerne Ihre Ansichten zur Bekämpfung von Fettleibigkeit und anderen Krankheiten in den Kommentaren mit.

Foto: pixelio.de / Rainer Sturm

Autor

Katharina Boyens

Katharina Boyens ist Germanistin und Anglistin mit einem Faible fürs Schreiben. Von März 2016 bis Januar 2021 bereicherte sie das Euro Akademie Magazin mit lesenswerten Beiträgen in verschiedenen Rubriken.