Auf dem Vormarsch: Ausbildungen mit Sinn

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Immer mehr Jugendliche stellen sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit ihrer beruflichen Zukunft. In der Sinus-Jugendbefragung, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beauftragt und am vergangenen Mittwoch vorgestellt wurde, äußerte sich ein knappes Viertel positiv gegenüber Berufen im Bereich Pädagogik oder in der Pflege.

Es sind die Helden und Heldinnen des Alltags: Pflegekräfte geben nicht nur in Zeiten einer globalen Pandemie alles, sondern kümmerten sich auch schon vorher nahezu selbstlos um die Schwächsten unserer Gesellschaft, die Kranken und Älteren. Politiker*innen bescheinigen den Pflegekräften Systemrelevanz und versprechen ihnen neben mehr Anerkennung auch die Verbesserung ihrer finanziellen Situation. Denn die Bezahlung deckt sich nicht mit der Wichtigkeit dieser Berufsgruppe. Genauso sieht es bei den Erzieher*innen aus: viel Arbeit für wenig Geld.

Beliebte Berufsfelder

Dennoch interessieren sich viele Schulabgänger*innen für Berufe aus den Bereichen Pädagogik & Soziales und Gesundheit & Pflege. Die in dieser Woche erschienene Jugend-Studie des Sinus-Instituts hat herausgefunden, dass sich knapp ein Viertel vorstellen kann, in der Kindertagesbetreuung (24 Prozent) beziehungsweise Pflege (21 Prozent) zu arbeiten. Nach den Bereichen Medien, Wirtschaft & Verwaltung und Dienstleistungen schaffte es der Bereich Soziales & Pädagogik auf den vierten Platz unter den beliebtesten Berufsfeldern bei den befragten Jugendlichen. Während 44 Prozent der Befragten angaben, sich für dieses Berufsfeld zu interessieren, stieß das Berufsfeld Gesundheit & Pflege immerhin auf das Interesse von 37 Prozent der Jugendlichen (Platz 7). Dreiviertel der Studienteilnehmer*innen sind der Meinung, dass die Arbeit in den Bereichen Gesundheit und Soziales anspruchsvoll sei. Weiterhin wurde gelobt, dass sich die Arbeit sehr abwechslungsreich gestalte. In der Tat: Während eine Arbeit am PC oft „Business as usual“ ist, kann einen an einem Tag in der Kindertagesstätte von Basteln über Spielen bis Streit schlichten so ziemlich alles erwarten. Die Studie zitiert eine Berufsinteressierte 18-Jährige mit den folgenden Worten: „Das ist einfach so spannend zu sehen, wie Kinder immer mehr entdecken und dann lernen damit umzugehen. Das ist schön mit anzusehen, wie sie dann quasi erwachsen werden und den Kindern beizubringen, dass sie das Beste aus sich machen können später.“

Giffey garantiert gutes Gehalt

Bei aller Begeisterung sehen die Jugendlichen auch die Schwächen dieser Berufsstände. 75 Prozent der Befragten finden, dass das Gehalt für das, was die Angestellten in diesen Bereichen leisten, zu gering sei. Etwa die Hälfte bemängelt die schlechten Aufstiegsmöglichkeiten, die diese Berufe mit sich bringen. Familienministerin Dr. Franziska Giffey verspricht, Maßnahmen zu ergreifen, um die pädagogischen und pflegerischen Berufe attraktiver zu machen.

„Die Ausbildungsbedingungen haben sich deutlich verbessert und ich freue mich über das verbreitete Interesse der Jugendlichen. Die Studie zeigt aber auch: Wichtige Hebel, um die Jugendlichen für einen Berufseinstieg zu gewinnen, sind mehr Gehalt, bessere Arbeitsbedingungen und Aufstiegsmöglichkeiten. Hier wollen wir mit Ländern und Tarifpartnern weiter vorankommen.“

Dr. Franziska Giffey

Ausbildung auch mit Abi

Bei der Analyse der Zielgruppen unterscheidet man in der Studie zwischen Kernzielgruppe, Potentialzielgruppe und Zielgruppe der Zukunft. Die drei Gruppen antworteten auf die Frage, ob sie sich grundsätzlich vorstellen könnten, in dem jeweiligen Berufsfeld zu arbeiten, unterschiedlich. Die Kernzielgruppe meinte: „Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen“. Die Potentialzielgruppe war der Meinung, dass es grundsätzlich vorstellbar sei. Für die Zielgruppe der Zukunft war ein Job in dem jeweiligen Bereich nicht vorstellbar – bei einem gleichzeitigen Interesse für Pädagogik & Soziales beziehungsweise Gesundheit & Pflege. Die drei Gruppen stellen insgesamt etwa die Hälfte der Befragten, für die vierte Gruppe (die die andere Hälfte ausmachte) ist ein Job in den vorgegebenen Bereiche weder vorstellbar, noch haben sie in generelles Interesse an einer Ausbildung in den beiden Bereichen. Die Kernzielgruppe macht im Bereich Kindertagesbetreuung 6 Prozent aus, in der Pflege 4 Prozent, sie kann deshalb als bereits erreicht gelten. Die Zielgruppe der Zukunft hingegen, die 26 Prozent (Kindertagesbetreuung) beziehungsweise 20 Prozent (Pflege) der kompletten Studiengruppe stellt, sind aktuell nicht an einer Tätigkeit in einem der Berufe interessiert, aber am Berufsbild insgesamt. Auffällig dabei ist, dass sich die Zielgruppe der Zukunft zu 69 Prozent (Kindertagesbetreuung) beziehungsweise 66 Prozent (Pflege) aus Abiturient*innen zusammensetzt. Auch die hohe Zahl an männlichen Interessenten ist auffällig. Diese Gruppen gilt es mit Anstrengung des Familienministeriums zu erreichen.

Statistik zur Studie

Die Sinus-Jugendbefragung entstand aus zwei repräsentativen Onlinebefragungen mit jeweils rund 1000 Jugendlichen. Dabei wurden Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 20 Jahren, repräsentativ für ganz Deutschland befragt. Zur qualitativen Vertiefung der Ergebnisse wurden elf Fokusgruppen mit jeweils etwa vier Teilnehmer*innen zwischen 14 und 20 Jahren durchgeführt, zuzüglich Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern sowie Berufsaussteigerinnen und Berufsaussteigern bis 24 Jahre. Die vollständige Studie soll Mitte August vorliegen.

Bildquelle Beitragsbild: ©YanLev/shutterstock.com

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Autor

Nadine Elbert

Seit August 2019 schreibt Nadine Elbert hier im Wechsel über Themen aus den Bereichen Ausbildung, Studium und Beruf – und schöpft dabei auch aus ihrem reichhaltigen persönlichen Erfahrungsschatz.