Beschlossene Sache: Masern-Impfpflicht per Gesetz geregelt

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Die Entscheidung hätte nicht eindeutiger ausfallen können: Der Bundestag hat am vergangenen Donnerstag mit einer Mehrheit von 459 zu 89 Stimmen einem Gesetzentwurf zur Masern-Impfpflicht zugestimmt. Das bedeutet nicht nur für Eltern eine Neuerung, auch das Personal in Bildungs- und Pflegeeinrichtungen und Flüchtlingsunterkünften ist von der Gesetzesänderung betroffen.

Die Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit, sondern eine hoch ansteckende Infektionskrankheit, die insbesondere geschwächten Menschen wie etwa kleinen Kindern oder Älteren gefährlich werden kann – sogar lebensgefährlich. 2018 gab es bundesweit 544 gemeldete Fälle, im laufenden Jahr betrug bis Mitte Oktober die Zahl der registrierten Krankheitsfälle bereits 501. Das Gesundheitsministerium will mithilfe von gesetzlich vorgeschriebenen Impfungen die Zahl der Infektionen drastisch senken bzw. die Masern am besten gleich vollständig ausrotten. Aus diesem Grund gab es in der letzten Woche nach vielen Debatten schließlich ein neues Gesetz. Warum eine Masern-Impfung genauso wichtig ist wie die jährliche Grippeimpfung.

Impfpflicht für Kinder ab einem Lebensjahr

Das Gesetz (der komplette Entwurf ist hier nachzulesen) sieht vor, dass Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in die Schule oder den Kindergarten die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen müssen. Die gleiche Nachweispflicht gilt in der Regel auch bei der Betreuung durch eine Tagesmutter. Eltern, die dieser Pflicht nicht nachkommen und ihr Kind nicht impfen lassen, begehen eine Ordnungswidrigkeit. Ihnen droht eine saftige Geldstrafe von bis zu 2.500 Euro. Für Kinder, die neu in Betreuungseinrichtungen aufgenommen werden, muss ab März 2020 der Nachweis über eine Impfung erbracht werden. Kinder, die bereits in eine Kita oder in die Schule gehen, haben eine verlängerte Frist bis 31. Juli 2021. Während Kinder aufgrund fehlender Impfung von Kitas ausgeschlossen werden können, kann das bei Schulkindern wegen der allgemeinen Schulpflicht nicht passieren.

Ohne Impfung keine Anstellung

Ein Bußgeld kommt auch in Betracht für nicht geimpftes Personal in Gemeinschaftseinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen und Asylbewerberunterkünften sowie gegen nicht geimpfte Bewohner*innen solcher Unterkünfte. Doch hierbei gibt es eine Ausnahme: Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können, sind von der Regelung ausgenommen, ebenso Personen, die vor 1971 geboren wurden. Auch bei der Aufnahme von Kindern ist Vorsicht geboten, denn die Leitung der Bildungseinrichtung ist verpflichtet, die Impfnachweise der Kinder zu prüfen. Laut Bundesgesundheitsministerium kann die Geldbuße auch gegen die Leitungen von Kindertagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder zulassen.

Erhoffte Entwicklung

Dass die Masern-Immunisierung effektiv ist, ist leicht nachweisbar. Laut Süddeutscher Zeitung kann man deren Wirksamkeit anhand der Krankheits-Entwicklungen in der ehemaligen DDR nachweisen. Nachdem dort 1970 die erste und 1986 die zweite Impfdosis verpflichtend eingeführt wurden, ging die Zahl der Erkrankungen deutlich zurück. Ziel des Bundesgesundheitsministeriums ist es daher, die Impfquote auf 95 Prozent zu steigern. Mit dieser Anzahl an geimpften Bürger*innen ließen sich auch diejenigen schützen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht geimpft werden können. Derzeit liegt die Quote bei 92. Eine ausreichend hohe Impfquote würde das Ausbleiben neuer Erkrankungen möglich machen. Da die Masern ausschließlich bei den Menschen als einzige Lebewesen auftreten, hält auch die Weltgesundheitsorganisation WHO eine Ausrottung für möglich.

Es gibt auch Gegenwind: Verfassungsklage des Ärztevereins

Trotz der offensichtlichen Vorteile einer flächendeckenden Impfung gibt es auch Gegenstimmen. Während CDU, SPD und FDP für die Impfpflicht gestimmt haben, haben sich Linke und Grüne enthalten. Ihnen ist die Entscheidungsfreiheit wichtig, wohlgleich sie eine vermehrte Werbung für das Impfen nicht nur befürworten, sondern regelrecht fordern. Die AfD sprach sich explizit gegen die Impfpflicht aus. Auch der Verein der Ärzte will vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, weil sie im Hinblick auf Nebenwirkungen argumentieren, dass „eine so drastische Einschränkung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit und auf Selbstbestimmung durch die Masernfälle in Deutschland nicht zu rechtfertigen sei“, wie man in der Rheinischen Post lesen kann. Dort wird Michael Friedl, Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin in Heidelberg und Vorsitzender des Vereins, zitiert: „Über das langfristige Mittel gibt es keine Zunahme von Masernfällen in Deutschland. Gleichzeitig steigt die Impfbereitschaft der Bevölkerung. Und in anderen Ländern hat eine Impfpflicht nicht zu weniger Fällen geführt. All das negiert die Bundesregierung mit diesem Gesetz.“

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Autor

Nadine Elbert

Seit August 2019 schreibt Nadine Elbert hier im Wechsel über Themen aus den Bereichen Ausbildung, Studium und Beruf – und schöpft dabei auch aus ihrem reichhaltigen persönlichen Erfahrungsschatz.