Bunte Belegschaft: Vielfalt gewinnt

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LGBTQI*-Menschen haben es immer noch schwer im Alltag und im Berufsleben. Nicht selten erfahren sie Diskriminierung in Form von Anfeindungen, Ungleichbehandlung und finanziellen Nachteilen. Die Folgen reichen von Rückzug bis hin zu Depression – aber es wachsen auch Wut und die Energie, gegen Missstände aufzubegehren.

Klara hat vor Kurzem eine Stelle als Erzieherin in einem katholischen Kinderhort angetreten. Die Arbeit macht Ihr Spaß und auch die Atmosphäre im Team passt. Klara könnte glücklich sein, denn auch in der Liebe läuft es gut. Seit einem halben Jahr ist sie nicht mehr Single. Sie ist jetzt zusammen mit – Steffi. Für beide ist es die erste große Liebe und sie sind sogar schon auf der Suche nach einer gemeinsamen Wohnung. Doch das ist schwierig, denn Klaras Arbeitgeberin, die katholische Kirchengemeinde, will ihr noch vor Ablauf der Probezeit kündigen. Der Grund: Das Zusammenleben mit einer Frau und Klaras (offene) Homosexualität stehen nicht im Einklang mit den Lehren der Kirche und sind daher als Loyalitätsverstoß zu interpretieren.

Diskriminierung am Arbeitsplatz

So ähnlich wie Klara geht es gut einem Drittel der LGBTQI*-Menschen, die bei einer Befragung des sozio-oekonomischen Panels des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Uni Bielefeld im Befragungsjahr 2019 angaben, Diskriminierung im Arbeitsleben zu erfahren. Die Abkürzung „LGBTQI*“ steht für „lesbian, gay, bisexual, trans, queer and inter“, also „lesbisch, schwul, bisexuell, trans-, queer- und intersexuell“. Oft handelt es sich bei den Diskriminierungen um Anfeindungen durch Kolleg*innen, seltener um Benachteiligung durch Arbeitgeber*innen oder Vorgesetzte. Diese sind nämlich durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) seit 2006 dazu verpflichtet, Toleranz zu zeigen und Diskriminierung durch andere Angestellte zu ahnden. Die Kirche stellt hierbei jedoch einen Sonderfall dar: Bei kirchlichen Trägern wiegt die Loyalität gegenüber den Prinzipien des Arbeitsgebers höher als das Gleichbehandlungsgesetz. Die schwulen Pfarrer Alexander Brodt-Zabka und Jörg Zabka können ein Lied davon singen.

Der lange Kampf um § 175 und andere Meilensteine

Die Menschen, deren sexuelle Identität und/oder Orientierung nicht dem heteronormativen Geschlechtermodell von Mann und Frau entspricht, haben zwar im Laufe des 20. Jahrhunderts und im beginnenden 21. Jahrhunderts schon viel erreicht, am Ende ihres Kampfes um Gleichberechtigung und gesellschaftliche Akzeptanz sind sie aber noch lange nicht angekommen. In Deutschland fiel 1969 mit der Änderung des § 175 das Totalverbot homosexueller Handlungen, welches seit 1872 bestand. Jedoch erst 1994 wurde der § 175 komplett aufgehoben. Im Februar 2001 wurde das Lebenspartnerschaftsgesetz eingeführt, das die Verpartnerung gleichgeschlechtlicher Paare ermöglichte. Diese Bündnisse waren noch nicht der Ehe gleichgestellt. Weitere 16 Jahre später, am 30. Juni 2017, beschloss der Bundestag dann schließlich die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Das beinhaltet auch das Recht, gemeinsam ein nichtleibliches Kind adoptieren zu dürfen. Auch für Arbeitnehmer*innen hat sich aufgrund des genannten Gesetzes viel geändert, beispielweise haben die Lebenspartner*innen nun unter anderem einen Anspruch auf Witwenrente. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. November 2017 wurde ein drittes Geschlecht in deutsche Geburtsregister eingeführt, in denen Intersexuelle nun unter der Bezeichnung „divers“ berücksichtigt werden.

Nischen für alle abseits der Norm

Vergleicht man die heterosexuelle Bevölkerung mit LGBTQI*-Menschen, so sind letztere etwas häufiger selbständig und seltener als Arbeiter*innen angestellt. Weiterhin lässt sich aus den Ergebnissen der Studien ablesen, dass LGBTQI*-Menschen sich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für bestimmte Berufswege und -branchen entscheiden: Insbesondere der Bereich Gesundheits– und Sozialwesen ist bei dieser Personengruppe beliebt. Auch die Berufsfelder Kunst, Unterhaltung und Erholung, sonstige Dienstleistungen und private Haushalte ziehen LGBTQI*s eher an als heterosexuelle Menschen. In den genannten Branchen sind auch mehr als drei Viertel der homosexuellen Mitarbeiter*innen geoutet. In Berufen, die den Bereichen Land-/Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau, verarbeitendes Gewerbe, Energie-/Wasserversorgung, Abfallentsorgung und Baugewerbe zuzuordnen sind, sind LGBTQI*-Menschen hingegen unterrepräsentiert. Zusätzlich wagen hier auch nur etwas mehr als die Hälfte ihr Outing. Diese unterschiedliche Verteilung über die Branchen mag auch an der abweichenden Schuldbildung liegen: Der Anteil der Personen mit einer (Fach-)Hochschulreife liegt laut der anfangs erwähnten Studie mit 60 Prozent bei LGBTQI*-Menschen deutlich über dem der restlichen Bevölkerung gleichen Alters mit nur 42 Prozent. Mit dem (Fach-)Abi in der Tasche absolvieren im Vergleich weniger LGBTQI*-Menschen eine duale Ausbildung als Vertreter*innen der heterosexuellen Bevölkerung.

Die Mischung macht’s

Arbeitgeber*innen kann man nur ans Herz liegen, unterschiedliche Menschen in ihr Team zu holen und dabei auch LGBTQI*-Personen zu berücksichtigen. Diversität in Arbeitsgruppen bringt viele Vorteile mit sich. Denn ein gutes Team ist im besten Fall ein Abbild der Gesellschaft – und auch die Welt da draußen ist bunt. Oder wie meine Oma Hedwig zu sagen pflegte: „Der Herrgott hat einen großen Tiergarten.“

Sie suchen nach einer Ausbildung in einem toleranten und weltoffenen Umfeld? Die Euro Akademie hätte da einiges zu bieten!


Bildquelle Beitragsbild: © Alina Kruk / shutterstock.com

Autor

Nadine Elbert

Seit August 2019 schreibt Nadine Elbert hier im Wechsel über Themen aus den Bereichen Ausbildung, Studium und Beruf – und schöpft dabei auch aus ihrem reichhaltigen persönlichen Erfahrungsschatz.