Neuigkeiten
17.07.2020

Herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Abschluss

Berufsabschluss in der Tasche

Das Corona-Geschehen hat sich auch auf die Zeugnisübergaben der Sozialassistenz-Abschlussklassen ausgewirkt – natürlich. Und so war es leider nicht möglich, die diesjährige Zeugnisfeier so auszurichten, wie es sonst üblich ist und wie es dieser Jahrgang wahrlich verdient hätte: mit viel Publikum, Umarmungen, Theaterstück, manchmal auch einem Lehrer*innen-Chor, Büffet und weiteren Programmpunkten.

Keine große Feier und trotzdem feierlich

Denn die SoA 19 war in seiner vergangenen Ausbildungszeit ein äußerst aktiver und kreativer Jahrgang, wenn es darum ging, Abschlussveranstaltungen für ältere Semester zu gestalten. Und nun das. Zumindest hatte es sich ein Schüler nicht nehmen lassen, eine eigene Rede für die Lehrkräfte zu verfassen – eine Premiere und das Kollegium war ganz angetan.

Insgesamt gelang also trotzdem ein würdiger Rahmen, unter anderem auch deshalb, weil die Klassenlehrer*in besonders viel Verve in ihre Abschiedsreden legten. Hier ein Auszug und eine Kostprobe:

“Meine liebe SoA 19c, now it’s time to say goodbye.

Zu Beginn der Ausbildung lasse ich im Deutschunterricht immer einen Lebenslauf in Aufsatzform schreiben, den kriegen Sie jetzt gleich zurück und dann können Sie selbst nochmal vergleichen, wie Sie in die Ausbildung hineingegangen und wie Sie wieder herausgekommen sind. Zu Beginn einmal zwei anonyme gedankliche oder auch stilistische Highlights aus diesen Erzeugnissen vorweg:

Auf Platz 3 steht für mich der Satz:

In der 9. Klasse wurde ich dann auf eine Sonderschule für Schulschwänzer und Verweigerer geschickt – aber ganz ehrlich: das war die beste Zeit meines Lebens!


Mal ehrlich: Muss man bei solch einem Satz noch länger über das deutsche Schulsystem reden?

Auf Platz 2:

Meine Stärken sind

  • mit Menschen kommunizieren
  • schlafen
  • essen

Tja, ich hoffe bzw. bin sicher, es sind im Laufe der 2 Jahre noch andere Stärken hinzugekommen.

Meinen Spitzenreiter, damit Platz 1, ist ein ganz kurzer Satz, den ich einfach unkommentiert für sich stehen lasse. Er lautet:

Ich liebe Schnitzel und meine Katze.

Der häufigste Satz allerdings lautete sinngemäß:

Meine größte Angst ist es, die Prüfung nicht zu bestehen.

Diese Angst brauchen Sie jetzt nicht mehr zu haben, denn Sie haben alle Ihren Berufsabschluss geschafft, und dazu hier noch einmal „Herzlichen Glückwunsch“!

Und da sitzen Sie nun, mit Maske und auf Abstand, aber froh und glücklich darüber, es geschafft zu haben, in stolzer Erwartung, Ihre Zeugnisse endlich in der Hand zu halten, bereit, einen neuen Abschnitt im Leben zu beginnen.

 

Ein lachendes und ein weinendes Auge

Und hier stehe nun ich und weiß gar nicht so recht, was ich davon halten soll – natürlich freue ich mit Ihnen, aber das ist nicht das einzige Gefühl, was mich heute umtreibt, es gibt auch eine andere Seite in mir, und die sagt: Ich finde das gerade gar nicht gut, dass Sie jetzt einfach so bestanden haben und einfach neue Weg gehen. Wie gesagt, nicht dass Sie mich falsch verstehen und ich Ihnen das nicht gönnen würde – aber was ist eigentlich mit mir?

Ich hätte Sie nämlich noch sehr, sehr gerne 1 – 2 weitere Jahre unterrichtet, zumal mir oder uns ja das gesamte letzte Halbjahr irgendwie geklaut wurde. Dabei hatte ich mir noch so viel vorgenommen...

Wollte noch Gedichte und Balladen mit Ihnen in Deutsch behandeln, eins meiner Lieblingsthemen, zumal ich von mindestens zwei Schülerinnen weiß, dass sie auch selber Gedichte schreiben. Ich wollte Ihnen in Wirtschafts- und Sozialkunde noch Dokus und Fotos aus meinen wilden Hausbesetzerzeiten zeigen, sozusagen als Anregung, wie man politisch etwas bewegen kann. Und dann wollte ich mit Ihnen noch eine Exkursion ins Bayerische Viertel in Schöneberg unternehmen – doch dann kam Corona!

Diese letzten Wochen der Schulschließung haben übrigens die Mitschüler*innen sehr unterschiedlich erlebt. Während vor allem die Mütter immer wieder dem Nervenzusammenbruch nahe waren und die meisten dann doch nach kurzer Zeit den Klassenraum, die Mitschüler*innen, die Lehrer*innen, den persönlichen Kontakt und den persönlichen Austausch sehr vermisst haben, gab es aber auch andere, die dem „Homeschooling” sehr wohl auch Positives abgewinnen konnten:

  • einige spezielle Kandidat*innen konnten plötzlich nicht mehr zu spät kommen
  • andere, die sich in ihrem Lebenslauf so sehr Mitschüler*innen gewünscht hatten, die aufmerksam sind und sie nicht in ihrer Konzentration stören, fühlten sich endlich nicht mehr abgelenkt durch quatschende Mitschüler*innen und haben einen starken Endspurt hingelegt.

Und wo ich gerade bei Einzelpersonen bin, möchte ich einige Besonderheiten hier noch einmal erwähnen und beginne mit einem Zitat aus den schon erwähnten Lebensläufen:

Meine schulische Laufbahn war nicht ganz so toll, ich habe nicht so viel gelernt, wie ich eigentlich sollte. Jetzt werde ich vieles anders machen.


Liebe Schülerin xy, Sie haben vieles anders gemacht, und Ihre Laufbahn bei uns war mehr als toll. Als eine der schweigsamsten Schülerinnen, die ich je unterrichtet habe, gehen Sie als Klassenbeste mit dem besten Zeugnis nach Hause – Herzlichen Glückwunsch!

Eine andere Schülerin, unsere einzige noch verbliebene Minderjährige, die selbst das letzte Semester und den Abschluss eigentlich schon aufgegeben hatte und in einem letzten Kraftakt dann sogar noch mit dem MSA nach Hause gehen darf.

Es gibt eine Schülerin, von der liest man im Unterricht einen Satz vor und die ganze Klasse weiß, von wem dieser Satz nur stammen kann.

Kostprobe?

Ich als Deutschlehrer hatte in der Corona-Zeit zur Vorbereitung auf die Deutschprüfung als Aufgabe gestellt, eine Stellungnahme zu verfassen, ob die Prüfungen verschoben werden sollten. Darin heißt es (und ich könnte eigentlich den ganzen Aufsatz vorlesen):

„Lehrer, welche besonders begabte Schüler gefördert hätten (Konjunktiv!), würden traurig werden, dass die Anstrengungen ihrer Mühe (ok, darüber könnte man nochmal nachdenken...) aufgrund der Umstände vergebens waren. Klassenlehrer (das wäre in diesem Fall ich), die ihre Klassen bei den Prüfungsvorbereitungen unterstützt hätten, könnten eine Depression bekommen und in eine Sinnkrise geraten. Vielleicht verlieren sie sogar sämtlichen Antrieb, resignieren und kündigen innerlich.“

Ich kann Sie alle beruhigen: Die Prüfungen wurden NICHT verschoben, Ihr Klassenlehrer hat keine Depression bekommen, er ist zwar in der Coronazeit auch manchmal arg ins Schlingern gekommen, auch das mit der Sinnkrise hat ihn manchmal mehr beschäftigt als ihm lieb war, aber er hat nicht resigniert und wird auch das letzte halbe Jahr vor seiner Rente noch durchhalten, ohne vorher innerlich zu kündigen.

Zwei mündliche Prüfungskandidatinnen möchte ich abschließend noch erwähnen, die in jeweils 20 Minuten mehr gesprochen haben als in den gesamten zwei Jahren davor zusammen und die dadurch ihren MSA noch mit der letzten Chance an Land gezogen haben. Machen Sie genau da weiter, wo Sie mit den mündlichen Prüfungen aufgehört haben!

Ich komme langsam zum Schluss:

Sie waren insgesamt eine Klasse, die man wohl als pflegeleicht bezeichnen würde. Weder große Auseinandersetzungen, noch Beleidigungen, überschaubare Machtkämpfe, keine Kriseninterventionen mit Hilfe der Schulleitung. Alles also sehr zivilisiert und leicht händelbar, für einen Klassenlehrer ein dankbarer Job. Aber vielleicht habe ich auch vieles gar nicht mitbekommen…

Doch hatten wir es auch nicht immer leicht miteinander, ich kann mich zum Beispiel an einen Streit erinnern, ich glaube, es war zu Beginn des 2. Semesters, da gab es tatsächlich mal eine Cliquenbildungsgeschichte, der Klassenlehrer stand wohl auf der falschen Seite und so flogen die Fetzen, und zwar von beiden Seiten – aber siehe da – danach war alles gut!

Passend dazu vielleicht auch noch ein Satz aus einem Lebenslauf:

Am schlimmsten finde ich Menschen, die nicht konfliktfähig sind. Das passt wie die Faust auf's Auge!

Doch im Großen und Ganzen waren Sie immer sehr wohlwollend herzlich zu mir. So werde ich mich immer ganz gerührt daran erinnern, wie wir nach acht Wochen Schulschließung zum ersten Mal Anfang Mai in kleinen Gruppen wieder zur Prüfungsvorbereitung zusammentrafen – und was war die allererste Frage, mit der ich begrüßt wurde?

Jawoll, die erste Begrüßungsformel lautete: “Herr Müller, haben Sie zugenommen?”

Also mal ehrlich, liebe Kolleginnen und Kollegen – mehr geht doch gar nicht als Klassenlehrer, diese Empathie, diese persönliche Anteilnahme, die Sorge um die Gesundheit des Klassenlehrers, die hinter einer solchen Frage steckt – das trifft einen doch mitten ins Lehrerherz, da weiß man sofort wieder, was man acht Wochen lang so schmerzlich vermisst hat. Ach, was rede ich, da weiß man, warum man überhaupt den Beruf des Lehrers gewählt hat!

Liebe SoA 19c,


gerade Ihnen hätte ich eine andere Abschlussfeier gewünscht, genauso eine, wie Sie im letzten Durchgang mit vorbereitet und begleitet haben, mit Chor – ich hatte sogar schon eine neue Corona-Strophe für unsere legendäre Neuversion von „Atemlos” gedichtet – und eigenem Catering und vor allem mit Nähe und vielen, vielen Umarmungen zum Abschied – so bleibt uns nur ein Gläschen Sekt auf 1,5 Meter Abstand.

Schreiten wir also zur Tat – nehmen Sie Ihre verdienten Zeugnisse entgegen, freuen Sie sich über Ihre Abschlüsse und machen Sie etwas daraus. Lassen Sie sich Ihre Freude nicht dadurch mindern, dass die Feier etwas gedämpft ausfällt.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und alles, alles Gute und wünsche mir und uns, dass Sie doch hin und wieder mal bei uns vorbeischauen und uns an Ihren Werdegängen teilhaben lassen!

Autor: Konrad Müller

 

Geschlechtergerechtigkeit gehört zu den Grundsätzen unseres Unternehmens. Sprachliche Gleichbehandlung ist dabei ein wesentliches Merkmal. Für den diskriminierungsfreien Sprachgebrauch verwenden wir in Texten den Gender Star bei allen personenbezogenen Bezeichnungen, um alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten einzuschließen. Versehentliche Abweichungen enthalten keine Diskriminierungsabsicht.

Euro Akademie Magazin Gemeinsam Zukunft schreiben.

Das Euro Akademie Magazin ist das Online-Medium der Euro Akademie für wissensdurstige und zukunftshungrige Auszubildende, Studierende und Berufstätige.

>> hier online lesen
Ausbildung->Studium->WeiterbildungStandorte->
< zurück
StandortkarteStandorte A-G->
< zurück
Altenburg->Aschaffenburg->Bamberg->Berlin->Bitterfeld-Wolfen->Bonn->Chemnitz->Dessau->Dortmund->Dresden->Erfurt->Görlitz->
Standorte H-O->
< zurück
Halle (Saale)->Hamburg->Hannover->Hohenstein-Ernstthal->Jena->Köln->Leipzig->Magdeburg->Mainz->Meißen->Nürnberg->Oldenburg->
Standorte P-Z->
< zurück
Pößneck->Riesa->Rochlitz->Tauberbischofsheim->Trier->Weißenfels->Wiesbaden->Würzburg->Zittau->Zwickau->
Über uns->JobsMagazin