Handys haben im Unterricht nichts zu suchen – oder vielleicht doch?
Smartphones haben im Klassenraum nichts verloren. Dazu habe ich als Lehrkraft der Euro Akademie Berlin eine ganz klare Haltung. Wir befinden uns in einer Zeit, in der es völlig normal ist, dass bei Treffen mit Freund*innen alle ihr Mobiltelefon auf dem Tisch liegen haben. Eingehende Nachrichten werden regelmäßig geprüft. Warum? Reicht unsere Anwesenheit nicht aus? Sind alle anderen in der Gruppe wirklich so langweilig?
In bestimmten Situationen sollte dem eigenen Mobiltelefon keinerlei Beachtung geschenkt werden. Für mich ist es eine Frage des Respekts. Und für gegenseitigen Respekt stehe ich auch im Unterricht an der Berufsfachschule der Euro Akademie. Wenn Auszubildende dort am Handy sind, empfinde ich das als respektlos mir, den zu vermittelnden Inhalten und insbesondere all jenen Menschen gegenüber, mit denen unsere zukünftigen <link _blank>Sozialassistent*innen arbeiten werden. Das hört sich im ersten Moment nach einer extremen Sichtweise an, ich weiß. Aber mir ist es wichtig, dafür ein Bewusstsein zu schaffen. Ich bin, was das angeht, schon fast ein „Running Gag“ auf zwei Beinen, ich gebe es zu – ich sehe mitunter Smartphones sogar dort, wo gar keine sind oder mahne aus Versehen auch schon mal den Gebrauch von Taschenrechnern an.
LMS sorgt für Umdenken
Seit der Rückkehr aus dem zweiten Lockdown in die Präsenzlehre hat sich meine Einstellung zur Handynutzung im Unterricht jedoch ein wenig geändert. „Schuld“ daran ist unsere schulinterne Lernplattform LMS, an der ich, ebenso wie meine Kolleg*innen, durch das Homeschooling einfach nicht mehr vorbeikam. LMS gibt es schon lange, aber mir ist es bis zum Ausbruch der Pandemie als bekennende „Papiertigerin“ wunderbar gelungen, diese Plattform im Schulalltag zu umgehen. Mein erster Versuch, einen Kurs online mit Inhalten zu füllen, endete mit Tränen – soo viele Möglichkeiten, und ich wusste einfach nicht, wie ich anfangen soll. Mein Kolleg*innen, die schneller mutiger waren, sich damit auseinanderzusetzen, habe ich ganz heimlich wie Held*innen bewundert.
Schüchterne Auszubildende erheben ihre Stimme
Inzwischen, mehr als ein Jahr und sehr viel Ausprobieren später, bin ich ein riesengroßer LMS-Fan. Das Lernmanagementsystem bot uns tolle Möglichkeiten, das Homeschooling kreativ, abwechslungsreich und kurzweilig zu gestalten. Vorbei waren die Zeiten, in denen Aufgaben zur Bearbeitung einfach nur herumgeschickt oder die Schüler*innen im Onlineunterricht durch Vorträge der Lehrkräfte gelangweilt wurden. Verschiedene Abgabeformate erlaubten es, auf kurzen Wegen sozusagen „live“ Umfragen zu starten, Antworten zu erhalten und somit ein „Abtauchen“ der Schüler*innen während der Onlinesitzungen (sei es vollständig oder auch nur gedanklich) weitestgehend zu verhindern. Unterschiedliche Quizformate boten die Chance, erworbenes Wissen zu festigen – und ich konnte die Antworten der Schüler*innen ohne Zeitversetzung einsehen. Das bedeutete, dass ich sofort eine Rückmeldung geben konnte. Meines Erachtens profitierten besonders die ganz ruhigen Schüler*innen von dieser Umstellung, weil sie auf der Lernplattform ganz entspannt „zu Wort kamen“.
Die Vorteile überwiegen deutlich – das LMS wird weiterhin im Schulalltag genutzt
Auch jetzt im zunehmenden Präsenzunterricht bleibt die Nutzung des LMS für mich ein wichtiger Bestandteil des Schulalltags. Das hat mehrere Gründe:
- Schüler*innen, die nicht am Unterricht teilnehmen können, werden über den Kurs auf dem Laufenden gehalten, erfahren so zeitnah, was kürzlich behandelt wurde und können Versäumtes eigenständig nacharbeiten.
- Dokumente können digital für alle Schüler*innen des Kurses gesichert werden, so dass nichts mehr verloren geht und sämtliche Lehrmaterialien jederzeit für jedes Mitglied der Klasse zugänglich sind.
- Das Hochladen der Aufgaben per Smartphone direkt im Unterricht ermöglicht es mir, mir einen kurzen Überblick über das Gelernte ALLER Schüler*innen zu verschaffen, ohne in einer Papierflut zu ersticken. So weiß ich, ob die Inhalte wirklich verstanden worden sind bzw. welche Punkte ich in der nächsten Stunde gegebenenfalls wiederholen muss.
- Die Kurzantworten, die die Schüler*innen über ihr Mobiltelefon direkt im LMS eingeben, zeigen ein breites Meinungsbild – auch von den Schüler*innen, die sich sonst kaum an Gesprächen im Klassenverband beteiligen.
- Die verschiedenen Quizformate sind auch im Präsenzunterricht eine abwechslungsreiche Variante, um Wissen zu festigen.
- Die Möglichkeiten sind vielfältig – und sie machen einfach Spaß!!!
Und deshalb dürfen die Schüler*innen ab einem gewissen Zeitpunkt im Unterricht zu ihren Smartphones greifen. Ich muss gestehen, dass es mir dann immer noch fast körperlich wehtut, meine Schüler*innen sich mit ihren Mobiltelefonen beschäftigen zu sehen. Und die Aufforderung „Und jetzt nehmen Sie Ihr Handy!“ kommt mir nach wie vor nicht flüssig über die Lippen. Aber ich arbeite daran, versprochen… Und inzwischen probiere ich die neuen Anwendungen im LMS aus, die uns auf dem letzten Webinar angekündigt worden sind.
Text: Kerstin Blume (Lehrkraft an der Berufsfachschule für Sozialassistenz der Euro Akademie Berlin)
Bildquelle Beitragsbild: © one photo /shutterstock.com
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