Interview zur Theorie-Praxis-Verzahnung im Unterricht

1. November 2016

Im Interview sprechen die angehenden <link internal-link zum erzieher in>Erzieher der Klasse EZ 15/3 und die Praxiskoordinatorin Gisela Fischer-Heyde über ihre Erfahrungen.

Welche Themeninhalte waren Ihnen im praxisbegleitenden Unterricht zum Kitapraktikum besonders wichtig?

Schüler: Na, zum Beispiel: Wie komme ich mit den Kindern, Eltern und Mitarbeitern in Kontakt? Welche Spiele und Bewegungsübungen machen Kindern Spaß? Was ist meine Rolle als Praktikant und werde ich überhaupt ernst genommen? Woran erkenne ich die Lebensthemen der Kinder und kann ich ihre Signale überhaupt erst verstehen? Muss ich mich für ihr Familienleben interessieren? Oder auch: Warum mag ich einige Kinder lieber als andere?

Auf was haben Sie bei der Umsetzung unseres Ausbildungsplanes besonderen Wert gelegt?

Gisela Fischer-Heyde: Für ein gelingendes Praktikum ist eine kooperative und konstruktive Zusammenarbeit mit den Praktikumseinrichtungen, der Schule und den Auszubildenden von großer Bedeutung. Durch diese trianguläre Beziehung können die formulierten Ausbildungsziele im Ausbildungsplan erreicht werden. Als unterstützendes Zusatzangebot laden wir die Anleiter zu uns in die Schule ein und erläutern hier die Rahmenbedingungen des Praktikums sowie unsere Zielvorstellungen. Den Anleitern geben wir Raum, ihre Erwartungen gegenüber der Schule zu formulieren. Einvernehmlich gelten die Inhalte des Berliner Bildungsprogramms, nach denen sich die pädagogische Arbeit im Land Berlin ausrichten soll. Darüber hinaus begleiten fachlich qualifizierte und praxiserfahrene Lehrkräfte den Verlauf des Praktikums vor Ort. Jeder Auszubildende schreibt mit Beginn der ersten Praktikumsphase ein pädagogisches Tagebuch. Dieses sollte während der nächsten Praktika weiter fortgeführt werden. Der Auszubildende selbst erhält somit einen Überblick über seine fachpraktischen Kompetenzen, die dazu befähigen, die Kinder beim Heranwachsen in unsere Gesellschaft zu unterstützen.

Wie laufen Reflexionsgespräche hier an der Schule ab? Und inwiefern helfen diese Ihnen für die Praxis?

Schüler: Wichtig ist die Atmosphäre im Unterricht. Wir reflektieren im Stuhlkreis, um uns alle zu sehen und achtsam zu sein. Jeder kann selbst entscheiden, was er der Gruppe mitteilen möchte. Zunehmend mehr setzten wir uns dabei auch mit unseren eigenen pädagogischen und weltanschaulichen Haltungen auseinander. Wir lernten besser und genauer zu reflektieren.

Was waren die größten Herausforderungen für Sie während der Praxisphase?

Schüler: Hin und wieder gibt es Verunsicherungen bezüglich des Themas "Nähe und Distanz zu Kindern" – gerade auch für uns männliche Praktikanten. Außerdem werden wir von unseren Praxisanleitern zum Teil aufgefordert, Kindern auch mal Grenzen zu setzen. Von manchen Grenzen waren und sind wir jedoch nicht überzeugt. Denn wir lernen in der Schule die Bedeutung von Partizipation.
Auch die morgendlichen Trennungssituationen von den Eltern und unsere eigenen Gefühle dabei, sind manchmal schwierig - oder auch mit Loyalitätskonflikten von Kindern umzugehen. Besonders belastend wird es, wenn wir plötzlich Situationen im "Graubereich" des Kinderschutzes bemerken. Hier ist dann der Reflexionsunterricht enorm wichtig. Wir lernen, wie es gelingen kann, in Stresssituationen ruhig zu bleiben.

Wie bereiten sich die Lehrkräfte auf den praxisbegleitenden Unterricht vor und wie werden sie von Ihnen darauf vorbereitet?

Gisela Fischer-Heyde: Auch wir reflektieren im PBU-Team gemeinsam schwierige Fragestellungen und tauschen uns dazu aus. Wir erarbeiten entsprechend der Praxisphasen Handlungsoptionen, die wir den Auszubildenden im Unterricht zur Verfügung stellen. Pro Semester vereinbaren wir zwei bis drei Auswertungstermine und erweitern so die entsprechenden Rahmenbedingungen. Auf Grund knapper Ausbildungsvorschriften müssen wir uns unserer eigenen praktischen Erfahrungen bedienen, um unsere Auszubildenden entsprechend unterrichten zu können. Während den Praxisphasen planen wir zusätzliche Exkursionen in Konsultationskitas oder auch in die Wanderausstellung „Extra stark“. Außerdem unterstützen wir uns durch gegenseitige Impulse aus aktuellen Fachdiskussionen, um die Auszubildenden für ein lebenslanges Lernen zu interessieren. So nutzen wir beispielsweise das neuroaffektive Bilderbuch, um uns die Verhaltensweisen von Menschen anschaulich verstehbar zu machen.

Wie arbeiten wir mit unseren Kooperationspartnern?

Gisela Fischer-Heyde: In Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern ist es uns möglich, gemeinsame Projekte zu planen und durchzuführen. Dabei erfahren unsere Auszubildenden komplexe Situationen in Kindergemeinschaften, die ein komplexes Denken, Analysieren und situationsgerechtes Handeln erfordern. An solchen beobachtbaren Lernsituationen, wie am Beispiel eines Angebots zum Thema "interkulturelle Kinderliteratur" in der KITA Waldräuber oder "psychomotorische Bewegung" in der Bewegungskita, schlüsseln wir die vielfältigen Herausforderungen einer pädagogischen Fachkraft auf und durchdenken diese für einzelne Lernbereiche. Dabei machen wir uns den Paradigmenwechsel, Erzieher sind Begleiter von Bildungsprozessen und Kitas sind Orte für Bildung, erfahrbar. Andersherum bekommen die Erzieher unserer Kooperationspartner von unseren Auszubildenden den "unverstellten Blick", der zu neuen Anregungen und Impulsen führen kann. Also für alle Beteiligten eine nachhaltige Lernsituation.


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