Ernährung in Zeiten von Corona
Schwerer Stand für den hauswirtschaftlichen Unterricht
In der Diskussion darüber, wie weit im Bildungsbereich der Präsenzunterricht noch vom Normalbetrieb entfernt ist, ließen sich im Moment unzählige Anekdoten berichten. Die Auswirkungen der aktuellen Situation durch die COVID-19-Pandemie haben an der Euro Akademie Berlin längst auch in der Gestaltung des Unterrichts im Lernfeld 3 „Hauswirtschaft & Ernährung“ (LF3) deutliche Spuren hinterlassen.
Im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung von Neuinfektionen mit dem Coronavirus und zur Vermeidung daraus resultierender Erkrankungen wurden alle praktischen Arbeiten in der Hauswirtschaftsküche der Schüler*innen, die mit der Zubereitung von Speisen zu tun haben, auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.
Entscheidung zur Neugestaltung
Diese Entscheidung konnte vom LF-3-Team jedoch nicht so ohne Weiteres getroffen werden, da es hierfür keine offiziellen Auflagen gibt, nach denen es sich bei seinem Handeln hätte richten müssen. Nach gründlichen Überlegungen zu allen erdenklichen Schutzmaßnahmen, die in unseren Räumlichkeiten eingeleitet werden könnten, und nach Abgleich mit bereits existierenden Hygienekonzepten im Bereich der Lebensmittelverarbeitung wurde schließlich beschlossen, die Arbeiten mit Nahrungsgütern vorerst durch andere hauswirtschaftliche Tätigkeiten zu ersetzen.
Darunter fällt etwa die Reinigung und das Instandsetzen von Arbeitsmaterialien. Zudem machen inzwischen theoretische Inhalte wie zum Beispiel das Umrechnen von Mengenangaben und das schriftliche Festhalten von Arbeitsabläufen einen größeren Teil der Unterrichtszeit aus.
Proaktive Rücksprache mit Kolleg*innen
Der Auslöser für diese folgenreiche Entscheidung – die allen Lehrkräften gleichermaßen schwergefallen ist –, war eine kollegiale Rücksprache mit dem Oberstufenzenztrum Gastgewerbe (Brillat-Savarin-Schule). Hier finden die praktischen Arbeiten in der Küche ebenfalls nicht mehr statt.
Da der Berliner Senat in dem von ihm veröffentlichten Reglement zum Infektionsschutz in Zeiten von Corona nicht vorrangig an Bildungseinrichtungen wie den unseren, sondern eher an typische Organisationen und Betriebe mit ihren Arbeitsprozessen gedacht hatte, war ein Informationsaustausch über die eigene Schulgrenze hinaus von unserer Seite aus als zwingend notwendig erachtet worden.
Behördliche Hürden
Hinzu kommt noch das Problem, dass selbst die standardisierten gesetzlichen Bestimmungen in Bezug auf die Hygieneregeln in der Gemeinschaftsgastronomie nicht komplett erfüllt werden können. Denn zurzeit vergeben nicht alle Gesundheitsämter in Berlin Termine zum Erhalt der sogenannten „Roten Karte“ (dem Gesundheitspass) – ein Zustand, über den sich viele Schüler*innen verständlicherweise verärgert zeigen.
Nach § 42 und § 43 des Infektionsschutzgesetzes ist die Belehrung durch das Gesundheitsamt eine Voraussetzung für die erstmalige Aufnahme einer Tätigkeit im Lebensmittelbereich. Diese Unterrichtung hat das Ziel, zunächst einmal ein Bewusstsein für die Problematik der Übertragung von Krankheitserregern durch Nahrungsgüter zu schaffen.
In der jetzigen Situation erfolgt diese unverzichtbare Erstbelehrung der Auszubildenden durch die Fachlehrkräfte der Euro Akademie Berlin – immerhin ist Hygiene ein wichtiges Themenfeld in unserem Rahmenlehrplan. Die Mitteilungspflicht des Gesundheitsamtes entfällt allein dadurch jedoch nicht, sondern wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden müssen.
Präsenzunterricht versus Homeschooling
Als Lehrerin mit mittlerweile neun Jahren Berufserfahrung in dieser Funktion stelle ich fest, dass trotz aller Schwierigkeiten und Stolpersteine der aktuelle Schulalltag in Form eines Präsenzunterrichts besser und wertvoller mit Blick auf das zukünftige Berufsleben der angehenden <link _blank internal-link>Sozialassistent*innen ist als der doch recht theorielastige Unterricht in der Zeit des Homeschoolings.
Nicht, dass mich jemand an dieser Stelle missversteht: Selbstverständlich ist das digitale Lernen auf dem Vormarsch. Und gerade im Bereich der Weiterbildung ist es löblich, dass immer mehr Anbieter auf E-Learning setzen, weil die digitale Wissensvermittlung räumlich und zeitlich mehr Flexibilität bietet.
Aber bestimmte Soft Skills, beispielsweise Teamkompetenz und Selbstpräsentation vor größeren Gruppen, aber auch berufliche Fertigkeiten, etwa spezielle Schneide- oder Nähtechniken, können sich Lernende durch die bloße Online-Vermittlung nicht ansatzweise zu 100 Prozent antrainieren.
Vielmehr benötigen die Sozialassistent*innen von morgen dafür, neben einer fachlich qualifizierten Begleitung durch die Lehrkräfte, auch die gegenseitige Motivation im Präsenzunterricht, die eine digitale Vernetzung, trotz vieler Möglichkeiten und Vorteile, schlichtweg nicht ersetzen kann.
Resümee
Am sinnvollsten ist meines Erachtens deshalb der Einsatz der verschiedenen Lernformen als eine Kombination aus digitaler Wissensvermittlung und Präsenzunterricht. So können die Schüler*innen in der beruflichen Ausbildung optimal auf die neuen Herausforderungen durch die zunehmende Digitalisierung und berufliche Weiterentwicklungen vorbereitet werden.
Text: Fachbereichsdozentin im LF3: Tanja Joffe
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