Valentinstag – Herzchen hoch oder Daumen runter?

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Es ist wieder einmal an der Zeit für ein gepflegtes Streitgespräch, haben wir uns in der Redaktion gedacht. Mit einem Blick auf den Kalender war umgehend das passende Streitthema gefunden. Ja, Sie lesen richtig: Heute ist der 14. Februar.

Am vergangenen Donnerstag, den 9. Februar feierte die Welt den In-der-Badewanne-lesen-Tag. „Vollkommener Quatsch!“, sagen wohl die meisten und tippen sich mit dem Zeigefinger vielsagend an den Kopf. „Warum in der Badewanne lesen?“, fragen sich die einen. „Ich lasse mir von niemandem vorschreiben, an welchem Tag ich in meiner Badewanne lese!“, protestieren die anderen und lassen schon mal das Badewasser ein, während sie einen Schmöker aus ihrem Bücherregal fischen.

Viele legen auch in Bezug auf den heutigen Valentinstag eine ähnlichen Reaktion an den Tag. „Warum soll ich die Liebe feiern?“, fragen sich die einen – die Singles, die unglücklich Verliebten, die In-einer-langweiligen-Ehe-Gefangenen. „Ich feiere die Liebe jeden Tag, wann und wo ich will“, triumphieren die anderen. Nicht Aschermittwoch, nicht Ostermontag und auch nicht Allerheiligen – kaum ein Tag im Jahreslauf polarisiert so sehr wie der Valentinstag. Und auch in der Redaktion sind wir geteilter Meinung. Auf wessen Seite schlagen Sie sich?

Nadine Elbert feiert die Liebe. Am Valentinstag besonders ausgiebig.

Gegen den Hass, aber nicht für den Konsum

Manchmal kommt es mir so vor, als seien meine Tage voller Hass. Der Kassierer im Supermarkt fixiert stur die Waren auf dem Band und mein freundliches „Guten Tag“ prallt reaktionslos an ihm ab. Die Autofahrerin hinter mir hupt, weil ich mal wieder zu langsam durch die Spielstraße schleiche. Und montags geht man nicht mehr spazieren, um die Natur zu genießen, sondern um der Gegendemo Paroli zu bieten und seine ungezügelte Wut auf die Welt einem Publikum entgegenschmettern zu können. Dass viele Menschen mit einem „Tag der Liebe“ nichts anfangen können, sollte mich vor diesem Hintergrund eigentlich nicht wundern. Tut es aber.

Dafür sein bedeutet: Arbeit!

Denn wieso müssen wir Menschen immer gegen irgendetwas kämpfen, alles kritisieren und überhaupt nur das Schlechte in den Dingen wahrnehmen? Wahrscheinlich ist es einfach bequemer, sich gegen etwas zu positionieren, was andere geschaffen haben. Valentinstag? Nicht mein Ding! Viel schwieriger hingegen ist es, etwas selbst zu erschaffen – und sei es bloß die Idee, an einem bestimmten Tag im Jahr seine Liebe und Zuneigung zu zeigen. Denn wer dagegen ist, macht: einfach nix! Wer dafür ist, muss etwas leisten: sich überlegen, was dem Partner oder der Partnerin gefallen könnte. Und dann muss man die Idee auch noch in die Tat umsetzen. Das heißt, etwas kaufen gehen, etwas schreiben, basteln, backen oder kochen.

Kreativ werden

Natürlich möchte ich hier niemanden dazu verdonnern, Blumensträuße zum dreifachen Preis zu kaufen, um dem oder der Liebsten eine Freude zu machen. Vielleicht würde sich die Person, mit der man das Bett und hoffentlich auch den Humor teilt, über einen lustigen Cartoon viel mehr freuen? Das neue Buch von Tobias Vogel, alias @kriegundfreitag, mit dem vielsagenden Titel „Mit dir möchte ich welk werden“ eignet sich hervorragend für ein ehrliches Liebesgeständnis zum Valentinstag und nimmt die Idee mit dem Blumenstrauß dabei vorsichtig auf die Schippe. Wenn man sich gut kennt und richtig gerne mag, fallen einem sowieso tausend bessere Dinge ein als der vermeintlich notwendige Strauß oder überteuerte Pralinen aus der Confiserie, mit denen man seine Partnerin oder seinen Partner überraschen kann. Wie wäre es mit einem selbstgekochten Abendessen bei Kerzenschein, einem spontan einberufenen Heimkino-Popcorn-Abend oder einer hingebungsvollen Massage-Session? (Ja, Corona müssen wir wohl noch ein kleines Weilchen bei unserem Freizeitprogramm im Hinterkopf haben…) All das ist aufwendiger als auf dem Heimweg von der Arbeit schnell beim Floristen vorbeizuschauen. Aber darum geht es doch! Liebe und Beziehungen sind auch mit ein wenig Arbeit verbunden – oder schöner ausgedrückt: mit einem Sich-umeinander-Bemühen.

Liebe mal anders

Kritiker*innen des Valentinstags stört nicht nur der Aufruf zum blinden Konsum, sondern auch dieses klebrige Pärchendingens. Die unausweichlichen Herzchen im Supermarkt, beim Bäcker, in der Fußgängerzone und anderswo können einem als kürzlich Verlassenen schon schwer zusetzen und zu einer mittelschweren Melancholie führen. Ich verstehe den Herzschmerz, keine Frage! Aber ich möchte der Kritik entgegensetzen, dass sich die Liebe nicht auf die romantische Liebe von zwei Menschen beschränkt. Das antike Griechenland kannte sieben Arten der Liebe: Eros, Philia, Storge, Agape, Ludus, Pragma, und Philautia. Dann nehmen wir uns für den diesjährigen Tag der Liebe einfach mal Philautia vor, die Eigenliebe. Machen wir uns selbst eine besondere Freude an diesem Tag! Wir könnten uns beispielsweise einen halben Tag freinehmen und einen ausgedehnten Waldspaziergang machen, solange es draußen noch hell ist. Oder wir gönnen uns die Jeans, die uns die letzten 364 Tage zu teuer war. Oder wir nehmen uns endlich Zeit, den neuen Roman unseres Lieblingsautors zu lesen. Vielleicht sogar in der Badewanne?

Tanja Höfling

Tanja Höfling feiert die Liebe. 364 Tage im Jahr.

Gegen eine terminierte Romantik – Freiheit für die Liebe

Heute ist es soweit. Heute werde ich mich outen: Ich bin und bleibe eine hoffnungslose Romantikerin. Und genau deshalb finde ich so ziemlich gar nichts gut an einem einzigen der Liebe gewidmeten Tag im Jahr. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich habe nichts gegen Liebesbekundungen – ob in Form von Blumen, einer selbstgebastelten Karte oder einem selbstgekochten Essen. Ich mag es, meinen Lieben eine Freude zu machen, ihnen ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Zum Bespiel, weil ich mir einen besonderen Ausflug ausgedacht habe oder morgens – Überraschung! – leckere Pancakes auf dem üppig gedeckten Frühstückstisch stehen. Ich liebe diese Momente im Alltag, in denen ich kurz bewusst aus dem Hamsterrad aussteige, um dem Tag, für mich und meine Lieben, die Chance zu geben, ein glücklicher zu sein.

Ein Tag für die Liebe ist mir zu bequem

Was mich am meisten stört an diesem Valentinstag, ist diese stille, unausgesprochene Verpflichtung. Gerade bei Paaren wird es gefährlich: Wer am 14. Februar, am offiziellen Liebesbeweistag, nämlich nicht liefert, kann ganz schnell in der Beziehungshölle landen und sich einem*r schmollenden Liebenden gegenübersehen. Vergessen gilt natürlich nicht, denn ob Sie wollen oder nicht, an diesem Termin kommen Sie nicht vorbei. Dafür sorgen vermutlich die Floristen-Lobby, die Konditor*innen-Innung und viele, viele Medienvertreter*innen, die froh über jeden Tag sind, an dem sie was einigermaßen Positives berichten dürfen. Also am 14. Februar noch schnell ein paar Blümchen aus dem Supermarkt holen oder sich mit rosa Torte in Herzform neben die Angebetete aufs Sofa schmeißen. Damit isses dann aber auch wieder gut. Das muss reichen bis zum nächsten Geburtstag – oder bis Weihnachten.

365 Tage für die Liebe!

Fragen wir uns doch einmal, wie wichtig uns Liebe im Leben ist. Und was eigentlich noch wichtiger sein könnte als dieses tiefe Gefühl von Zuneigung – seinen Lieben, sich selbst und der Welt gegenüber. Ich glaube, es gibt nichts Bedeutenderes als die Liebe – sie bringt das Gute in allem zum Vorschein. Jeder Mensch wünscht sich, dass andere sich für ihn interessieren, ihn wahrnehmen und annehmen in dem, was ihn ausmacht. Jeder Mensch wünscht sich Aufmerksamkeit, die von Herzen kommt. Spontan und unerwartet zeigen sich die schönsten Liebesbekundungen: Ein kleines Lächeln, eine Berührung, ein gutes Gespräch.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Valentinstag – und 364 weitere liebevolle Tage im Jahr!

Bildquelle Beitragsbild: © 4 PM production/shutterstock.com

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