Au-pair-Erfahrungen – ein Pluspunkt für (angehende) Erzieherinnen?

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Für viele junge Frauen steht der Wunsch, sich beruflich der Begleitung, Betreuung und Förderung von Kindern zu widmen, schon früh fest. Manche von ihnen wollen nach dem Ende der Schulzeit aber nicht sofort eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Sie wollen reisen, die Welt erkunden, nach anstrengenden Schuljahren und Prüfungen die verdiente Verschnaufpause genießen und Energie für die kommende Ausbildung sammeln.

Einen Auslandsaufenthalt als Au-pair zu verbringen, scheint für die Erfüllung der Wünsche und besonders für Frauen, die später als Erzieherin arbeiten möchten, ideal zu sein. Man muss keine Unterkunft organisieren und bezahlen, sondern wird vorübergehendes Mitglied in einer Gastfamilie, dank der man das Gastland aus dem Blickwinkel der Einheimischen kennenlernt. Vor allem aber wird man sich um die Kinder der Familie kümmern. Doch sehen potenzielle Ausbilder und Arbeitgeber in dieser Erfahrung einen Vorteil der späteren Bewerberin oder wird der Auslandsaufenthalt als Au-pair als Zeit der persönlichen Vergnügungen und des Stillstands betrachtet?

Die Kinder der Gastfamilie als Betreuungsreferenz

Bereits Erfahrungen mit der Betreuung eines oder mehrerer Kinder gesammelt zu haben, kann jemandem, der beruflich Kinder betreuen will, nur positiv ausgelegt werden. Au-pairs übernehmen in der Regel das An- und Auskleiden, das Wickeln, das Baden und das Füttern von Babys. Sie spielen und basteln mit kleineren und größeren Kindern, lesen vor, helfen bei den Hausaufgaben und sind oft für die Begleitung in den Kindergarten, in die Schule oder zu den Freizeitaktivitäten zuständig. Zudem bereiten sie Mahlzeiten zu oder gemeinsame Mahlzeiten vor und übernehmen ergänzend zu den Eltern die Verantwortung für die Sicherheit und das Wohlergehen der Kinder. Au-pairs üben somit Tätigkeiten aus, die Erzieherinnen in Kindereinrichtungen zukommen, die diese jedoch im Rahmen ihrer professionellen pädagogischen Arbeit ausführen.

Eine ganze Reihe Soft-Skills im Gepäck

Wenn man als junge Frau zum ersten Mal allein im Ausland ist, mit einer fremden Kultur konfrontiert wird und sich nicht allumfassend verständigen kann, muss man ein großes Maß an Selbstbewusstsein und Selbständigkeit beweisen. Man ist gezwungen, sich neuen und häufig auch herausfordernden Situationen zu stellen und einen Weg zu finden, sie zu meistern. Problemorientiertes, zielgerichtetes Handeln ist folglich gefragt.
Zunächst gilt es, Vertrauen und Autorität in der jeweiligen Familie zu gewinnen. Das Au-pair schult also seine Fähigkeit, Beziehungen aufzubauen. Zudem muss es mit den Eltern gut zusammenarbeiten können. Soziale Kompetenz und Teamfähigkeit sind im Berufsalltag einer Erzieherin ebenso gefragt wie ein gewisses Organisations- und Multitaskingtalent; diese Herausforderungen sind zu meistern, während man als Neuling in einem fremden Land und einer zunächst fremden Familie noch Anpassungsleistungen zu erbringen hat.

Die dabei entstehenden Fertigkeiten, die man als Au-pair ganz nebenbei ausbildet und die zur Entwicklung und Festigung der Persönlichkeit beitragen, sind genau jene Schlüsselqualifikationen, nach denen Ausbilder und Arbeitgeber suchen.

Interkulturelle Kompetenz ist gefragter denn je

In anderen Kulturen handeln und denken Menschen anders als in Deutschland. Als Au-pair lernt man, das abweichende Verhalten und die divergierenden Ansichten, die sich auch auf Erziehungsfragen beziehen, zu akzeptieren und damit umzugehen. Im späteren Berufsleben sind die Toleranz und die Offenheit, die man auf diese Weise entwickelt, von großem Vorteil; vor allem, da in Zukunft mehr Kinder mit Migrationshintergrund zu betreuen sein werden. Zur Verständigung mit diesen Kindern können unter Umständen auch die Sprachkenntnisse, die man im Gastland verbessert und erwirbt, förderlich sein.

Das „Sahnehäubchen“ im Lebenslauf

Eine regelrechte Grundvoraussetzung für Erzieherinnen, die eine Ausbildung beginnen oder in ihren Beruf einsteigen wollen, ist die Auslandserfahrung als Au-pair natürlich nicht. Aber sie kann, wenn sie im Lebenslauf geschickt platziert und formuliert wird, einen entscheidenden Pluspunkt darstellen. Zu diesem Zweck sollte die Zeit in einem eigenen Abschnitt als „relevanter Auslandsaufenthalt“ geführt und mit speziellen Schlagworten wie Flexibilität, soziale und interkulturelle Kompetenz, Anpassungsfähigkeit oder Problemlösungsfähigkeit beschrieben werden.
Auch im Abschnitt „weitere Qualifikationen“ ist die Sprache des Gastlandes mit dem Niveau, auf dem sie dank des Aufenthalts gesprochen werden kann, anzugeben.

Werden diese Empfehlungen beachtet, ist es denkbar, dass die Bewerbung um eine Ausbildung oder um eine Arbeitsstelle den Weg auf den Favoriten-Stapel findet. Doch auch wenn dem nicht so sein sollte: die Erfahrungen, die man als Au-pair im Ausland gesammelt hat, werden nicht nur unvergesslich bleiben, sondern auch im Alltag einer Erzieherin hilfreich sein.

Quellenangabe:
http://www.focus.de/familie/ausbildung/berufskompass/soft-skills-richtig-bewerben_id_1996745.html
http://www.sueddeutsche.de/karriere/bewerbungs-abc-wunschliste-fuer-perfekte-kandidaten-1.705372
https://www.lebenslauf2go.de/

Text: D. Böhm

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Pädagoge, Bewerbungscoachin, Dozent oder Übersetzerin – hier schreibt ein Fachmann oder eine Fachfrau über ein Spezialthema. Unsere Gastautor*innen bereichern uns regelmäßig mit Expertenwissen und Insider-Infos.