Lehn- und Fremdwörter in der deutschen Sprache

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„Ich habe mein Portemonnaie vergessen“, oder „Heute gehen wir in ein Restaurant etwas essen.“ Die deutsche Sprache ist reich an Lehn- und Fremdwörtern, die ihren Ursprung in verschiedenen Ländern haben.

Sie bereichern unseren Wortschatz und haben sich so sehr bei uns etabliert, dass wir sie ohne weiter darüber nachzudenken in unseren Sprachgebrauch einbinden. Was macht Lehn- und Fremdwörter so besonders? Und wo kommen diese eigentlich her? 

Was sind Lehn- und was Fremdwörter? 

Lehnwörter sind Wörter, die aus anderen Sprachen übernommen und an die deutsche Sprache angepasst wurden, während Fremdwörter unverändert aus anderen Sprachen übernommen werden. Vollständigkeitshalber müssen an dieser Stelle auch die Erbwörter erwähnt werden. Hierbei handelt es sich um Wörter, die es bereits im Altdeutschen gegeben hat und welche nur unter minimaler Abwandlung im modernen Hochdeutsch weiterhin verwendet werden.  

Die Etablierung all solcher Wörter geschieht dabei in der Regel ereignisorientiert. Diese Ereignisse können historisch bedingt sein, einen religiösen Hintergrund haben oder durch die fortschreitende Globalisierung und technische Entwicklung bedingt sein. 

Lehn- und Fremdkörper aus historischen Ereignissen 

Geschichtlich betrachtet stammen viele Lehnwörter im Deutschen aus dem Lateinischen, Altgriechischen und Französischen. Bereits im Mittelalter und der Renaissancezeit fanden viele Begriffe aus dem Lateinischen Eingang in die deutsche Sprache, besonders in den Bereichen der Wissenschaft, Medizin, Philosophie und Religion. So stammen beispielsweise Wörter wie „Universität“, „Kultur“ oder „Philosophie“ aus dem Lateinischen. 

Auch das Französische hat einen erheblichen Einfluss auf das Deutsche gehabt, vor allem während der Zeit des französischen Einflusses im Rahmen des Absolutismus und der Aufklärung auf die Kultur und Politik im 17. und 18. Jahrhundert. Die französische Sprache beeinflusste vor allem Adelshäuser und die höhere Gesellschaft, von wo aus dieser Trend auf die unteren Schichten weitergegeben wurde.  

Feldzug Napoleon 1792 bis 1815 – Quelle: Shutterstock/Mgr. Nobody

Besonders hervorzuheben sind hierbei die Feldzüge von Napoleon Bonaparte von 1792 bis 1815, auch als die “Franzosenzeit” bekannt. Im Zuge der Besatzung vieler damals noch unabhängiger kleiner Fürstentümer und Königreiche schafften es französische Begriffe und Eigennamen in den deutschen Wortschatz. Vor allem Wörter im Bereich der Mode, des Essens, der Kunst und der Politik haben ihren Ursprung im Französischen, wie zum Beispiel „Restaurant“, „Menu“ oder „Boulevard“. 

Der kirchliche Einfluss auf die deutsche Sprache – Latein bewusst implementiert 

Auch die katholische und evangelische Kirche haben im Laufe der Geschichte für einen wesentlichen Einfluss auf die deutsche Sprache gesorgt. Ein bedeutendes Ereignis war die Christianisierung im Mittelalter, als vor allem lateinische Begriffe im religiösen Kontext Eingang in die deutsche Sprache fanden. Klöster und kirchliche Institutionen spielten eine entscheidende Rolle bei der Übernahme lateinischer Wörter, die in Schriften, Bibeln und kirchlichen Dokumenten verwendet wurden. 

Die Reformation im 16. Jahrhundert, insbesondere durch Martin Luther und seine Übersetzung der Bibel, befeuerten diesen Prozess erneut. Luther übersetzte die Bibel ins Deutsche und schuf dadurch eine einheitliche Sprachgrundlage, die die Entwicklung des Neuhochdeutschen beeinflusste. Viele Wörter und Redewendungen aus Luthers Bibelübersetzung sind bis heute in Gebrauch. 

Die Industrialisierung und der wachsende Einfluss der „Weltsprache“ Englisch 

Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert und die damit verbundene technologische Entwicklung brachten viele neue Wörter und Begriffe hervor, insbesondere aus dem Englischen. Die deutsche Wirtschaft und Industrie übernahmen zahlreiche englische Fachbegriffe, um die neuen technologischen Entwicklungen zu beschreiben. 

Mit der Globalisierung im 20. und 21. Jahrhundert verstärkte sich der Einfluss des Englischen aufgrund seiner Rolle als internationale Handels- und Kommunikationssprache (Lingua franca). Dies führte zu einer verstärkten Übernahme von englischen Lehn- und Fremdwörtern in die deutsche Sprache. Auch das Internet spielt dabei eine wichtige Rolle. Es ermöglicht einen schnelleren und größeren Austausch der Menschen weltweit. Hierbei etablieren und entstehen, vor allem in der jüngeren Generation, neue Wortkreationen, die zunehmend auch den Weg in den alltäglichen Sprachgebrauch finden (beispielsweise Jugendwörter als Mischung von deutschen und englischen Wörtern oder rein englischen Begriffen). 

Insgesamt spiegelt die Entwicklung der deutschen Sprache durch historische Ereignisse und kulturelle Einflüsse den fortwährenden Prozess des kulturellen Austauschs und der Anpassung wider. Lehn- und Fremdwörter haben die deutsche Sprache bereichert und ihr geholfen, sich an neue Gegebenheiten anzupassen und zu wachsen. 

Keine Einbahnstraße: Deutsche Lehn- und Fremdwörter in anderen Sprachen 

Veränderungen und fremde Einflüsse auf die Entwicklung einer Sprache ist kein rein deutsches Phänomen. Auch andere Sprachen wurden maßgeblich durch Deutsch beeinflusst. Auch hier treten vergleichbare Faktoren zum Vorschein, wie territoriale Kriege, Religion und die Globalisierung. So hatte der 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648 einen großen Einfluss auf die Sprachentwicklung der teils noch jugendlichen Soldaten auf dem Schlachtfeld. Deutsche Begriffe wurden von französischen und englischen Soldat*innen aufgeschnappt und in der Heimat verbreitet oder Eigennamen für das Verhalten der Deutschen oder deren Gegenstände wurde salonfähig. Dazu zählt unter anderem der weltweit bekannte Krupp-Stahl, der als Synonym für besonders robuste Gegenstände genutzt wird oder das Wort “Blitzkrieg”. 

In den USA finden sich noch heute deutsche Städte und Siedlungen. Auch die Amisch-Bewegung hat deutsche Wurzeln. Da verwundert es nicht, dass viele deutsche Wörter ins „American Englisch“ importiert wurden. 1683 bis 1775 nahm die Siedlerbewegung nach Amerika an Fahrt auf, darunter viele Menschen aus dem deutschsprachigen Raum. Durch die spätere britische Dominanz und Assimilation dieser Siedlungen, wurden deren Kultur und Sprachschatz nach und nach mit denen der britischen Siedler*innen vermischt.  

Während des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs kämpften englische und deutsche Siedler zusammen gegen die Briten und schufen die Vereinigten Staaten von Amerika. Auch deshalb ist der deutsche Einfluss in Kultur, Sprache und teils auch in der Politik bis heute überdurchschnittlich hoch. 

Bekannte deutsche Lehn- und Fremdwörter in anderen Sprachen 

  1. Kindergarten (Lehnwort im Englischen, Portugiesischen und Französischen, teils im Japanischen): Dieses Wort stammt aus dem Deutschen und wurde im 19. Jahrhundert ins Englische und Französische übernommen. Es beschreibt eine Einrichtung für Vorschulkinder. Das Wort setzt sich zusammen aus „Kind“ und „Garten“, was auf die Idee einer Umgebung hinweist, in der Kinder wie Pflanzen wachsen und gedeihen. Daraus resultiert auch die Übernahme des Wortes in andere Sprachen. 
  1. Rucksack (Lehnwort im Englischen): Das deutsche Wort „Rucksack“ wird im Englischen verwendet, um einen Rucksack oder eine Tasche zu beschreiben, die auf dem Rücken getragen wird. Es setzt sich aus den Wörtern „Rücken“ und „Sack“ zusammen und bezeichnet somit einen Sack, der auf dem Rücken getragen wird. 
  1. Blitzkrieg (Lehnwort im Englischen, Französischen, Japanischen und Italienischen): Der Begriff „Blitzkrieg“ stammt aus dem Deutschen und bezieht sich auf eine schnelle, offensive Kriegsführungstaktik. Im Englischen, Französischen und anderen Sprachen wird dieser Begriff verwendet, um eine plötzliche und intensive militärische Aktion zu beschreiben. Traurige Berühmtheit und Verbreitung erlangte der Begriff im Zuge des 2. Weltkriegs. 
  1. Angst (Fremdwort im Englischen): Dieses deutsche Wort hat seinen Weg ins Englische gefunden und bezieht sich auf eine tiefe und oft irrational erscheinende Furcht oder Besorgnis. Es wird im Englischen als Fremdwort verwendet, um eine starke emotionale Reaktion auf Gefahren oder Bedrohungen zu beschreiben, die stärker als das bekannte englische Wort “Fear”. 
  1. Schadenfreude (Fremdwort im Englischen): Dieses Wort beschreibt die Freude über das Unglück oder Versagen anderer. Es wird im Englischen als Fremdwort verwendet, um ein spezifisches Gefühl zu beschreiben, das in der deutschen Sprache einen eigenen Begriff hat. 

Diese Beispiele verdeutlichen, wie einige deutsche Wörter wie „Kindergarten“, „Rucksack“, „Blitzkrieg“, „Angst“ und „Schadenfreude“ Eingang in andere Sprachen gefunden haben und dort verwendet werden, um spezifische Konzepte oder Ideen auszudrücken. Dabei behalten sie oft ihre ursprüngliche Bedeutung oder entwickeln in der neuen Sprache eine etwas andere Nuance. Da sich Sprachen stetig verändern und diese Sprachentwicklung nicht linear, sondern zyklisch verläuft, wird es auch in Zukunft noch interessante Entwicklungen geben. 

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Quelle Beitragsbild: Shutterstock/Masson
Quelle Bild: Shutterstock/Mgr. Nobody

Autor

Stefan Ruhl

Bildung gehört zu den wichtigsten Errungenschaften unserer Gesellschaft. Ohne sie würden wir noch in Höhlen sitzen und Feuer als Magie betrachten. Deshalb schreibe ich unter anderem über die Themen Bildung, Ausbildung und Lehre.