Richtig schreiben können – muss ich das als Erzieher?

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„Rischtick“ oder „falch“? Unsere Klausuren und Arbeiten im Rahmen der Erzieherausbildung werden mit Punkteabzug gewertet – bei einem Rechtschreibfehler mit einem Abzug von über 3%.
Vielen unserer Schüler in der Ausbildung zum Erzieher ist die Rechtschreibung ein Dorn im Auge. Sie fragen sich, was das denn nun mit dem Inhalt des einzelnen Fachs zu tun hat und fühlen sich diskriminiert, wenn ihre Rechtschreibung regelmäßig zu Punktabzug führt und sie sich im Notendurchschnitt auf der ganzen Linie verschlechtern.

Doch wie wichtig sind gute Rechtschreibkenntnisse für Erzieher wirklich? Ich finde ganz klar: Gute Rechtschreibung muss sein. Horterzieher müssen bei den Hausaufgaben helfen, Kita-Erzieher sollen die Lust an Buchstaben, Erzählungen und Büchern kultivieren. Erzieher sind permanent damit konfrontiert, dass sie Berichte notieren, Gutachten erstellen oder Protokolle schreiben müssen. Sie müssen Pressearbeit leisten und ihre Ideen zu Papier bringen können. Und wie unprofessionell wirkt es, wenn ich als Erzieherin zum Elternabend einlade und meine Einladung gespickt mit Fehlern ist?

Dass Erzieher Mittel und Wege finden müssen, um eine einigermaßen gute, lesbare und verständliche Schriftsprache zu entwickeln, steht für mich außer Frage. Doch: Wie schaffe ich das? Ist der Punktabzug wirklich das Mittel der Wahl?

In meiner sechsjährigen Berufspraxis als Lehrerin habe ich nicht einmal gesehen, dass sich einer der Schüler mit meinen roten Markierungen auseinandergesetzt hätte. Vielmehr folgte eher Frust und die Erkenntnis: Schreiben kann ich nicht, also vermeide ich es in Zukunft besser, wo ich nur kann.

Ich finde darin liegt eigentlich die Crux: Statt zum Mehr an Scheiben zu motivieren und damit auch die Besonderheiten der Rechtschreibung zu erfahren und zu entdecken, folgt eher eine Blockade. Viel schöner fände ich es „in der Schriftsprache zu baden“, also: zu schreiben, was das Zeug hält, voller Lust statt Frust. Zusammen mit der Erkenntnis: Schreiben ist wirkungsvoll und macht Spaß, weil man damit seine Ideen zum Ausdruck bringen und sich „Gehör“ verschaffen kann.

Sollten Erzieher über gute Rechtschreibkenntnisse verfügen? Wie ist Ihre persönliche Meinung dazu? Schreiben Sie uns!

Autor

Barbara Tauber

Barbara Tauber, ehemalige Dozentin an der Euro Akademie Berlin, betreute bis August 2017 das Projekt "Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas" federführend. Sie engagiert sich für eine neue Lernkultur: Schüler gestalten aktiv und eigenverantwortlich ihren Lernprozess, Dozenten werden zu Coachs, die diesen Lernprozess unterstützen und begleiten. In diesem Blog schildert sie Erfahrungen aus ihrem pädagogischen Alltag.


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1 Kommentar

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    Frank Labrenz on

    Guten Tag, Frau Tauber!

    Um Ihre Frage kurz zu beantworten: Ja, das sollten sie!
    Denn fraglos ist eine vernünftige Grammatik für die ErzieherInnen als Basis der Kommunikation und Wissensvermittlung unabdingbar. Es ist ja nicht nur der Inhalt der Schriftsprache wichtig, die Form ist es zum besseren, schnellen Verständnis ebenso. Um uns ohne Missverständnisse zu verständigen, müssen wir eine Sprache möglichst deckungsgleich sprechen und schreiben können. Allerdings braucht es für diese Einsicht auch die entsprechende Motivation zum Lernen.

    Eine alleinige extrinsische Motivation beispielsweise nur über die Notengebung, ist nicht so gewinnbringend und nachhaltig wie die intrinsische Motivation. Diese gründet sich auf der inneren Überzeugung und der eigenen Feststellung, dass eine Angelegenheit einen persönlichen Sinn ergibt: Wenn ErzieherInnen zu LehrerInnen der Kinder werden wollen, brauchen sie hierfür eine grammatikalische Basis um dieses Wissen auch vernünftig an die Kinder weitergeben zu können.
    Der Herzenswunsch ErzieherIn zu werden, bedingt eben auch diese speziellen Kenntnisse & Fertigkeiten. Denn wie kann Kindern eine gute Rechtschreibung beigebracht werden, wenn dazu die eigene, fundierte Basis fehlt?
    Effektiv wäre es, beide, die äußere sowie die innere Motivation, überzeugend miteinander zu verknüpfen. Vielleicht könnte es dann zukünftig weniger „rot sehende“ SchülerInnen geben. ;-)

    Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Freude bei Ihrer wichtigen und schönen Tätigkeit.

    Viele Grüße
    Frank Labrenz