Auf den bewussten Umgang mit Tieren in unserer Ernährung möchten die Altenpfleger der Euro Akademie Chemnitz aufmerksam machen. Der Bundeswettbewerb „Tiere in unserer Ernährung“ macht es möglich. „Ich wollt‘, ich wär‘ ein Huhn, ich hätt‘ nicht viel zu tun, ich legte vormittags ein Ei und abends wär‘ ich frei.“ Als die Comedian Harmonists dieses Lied Anfang der 30er Jahre zum Besten gaben, war das Leben eines Huhnes in der Tat noch so, wie es die Schöpfung für das gackernde Federvieh vorgesehen hatte. [caption id="attachment_2720" align="alignleft" width="300"] Die Altenpfleger-Klasse der Euro Akademie Chemnitz (v.l.n.r.: Katja Heinig, Hans Albert, Sandra Findeklee, Lisa Rudolf, Saksia Großpietzsch, Anna Wiedemann, Nadine Friebe sowie die Hühner Frieda und Agathe im Garten)[/caption] Wie aber sieht es in der heutigen Zeit aus? „In der Massentierhaltung ist ein Huhn genetisch schon so gezüchtet, dass es in 15 Monaten 300 bis 330 Eier gelegt hat. Das Soll ist damit erfüllt. Ab der sechswöchigen Mauser lohnt sich die Haltung betriebswirtschaftlich nicht mehr. Das Tier ist zu diesem Zeitpunkt bereits kaputt gespielt, die Legeleistung sinkt und das Tier wird geschlachtet“, Kerstin Pöschel, Fachbereichsleiterin der Altenpflege an der Euro Akademie Chemnitz, beschäftigt sich seit Jahren mit Arten von Massentierhaltung und ihren Folgen. Privat entschied sie sich gegen den Verzehr von Fleisch und konventionell hergestellten Produkten. Ihren Schülern gegenüber wirbt sie für Toleranz und Respekt im Umgang mit Tieren und unserer Umwelt im Allgemeinen. „Ich erwarte nicht, dass jeder zum Vegetarier oder Veganer wird, wohl aber hinterfragt, was auf dem Teller landet und welchen Weg es bis dahin hatte“, erklärt die engagierte Tierrechtlerin ihr Anliegen. Sobald sich die Gelegenheit bietet, das Thema „bewusste Ernährung und verantwortungsvolles Handeln“ im Lehrplan einfließen zu lassen, greift Kerstin Pöschel beherzt zu: „Die Auseinandersetzung mit den eigenen Ernährungsgewohnheiten ist wichtig, nicht nur um Sensibilität in der Pflege hervorzurufen, sondern dem eigenen Leben mehr Tiefe zu geben in dieser schnelllebigen Zeit.“ Bereits 2013 schloss die Euro Akademie Chemnitz ein einwöchiges Schulprojekt unter dem Titel „Du bist, was du isst“ erfolgreich ab. Seit November 2014 sind sieben junge Menschen der Altenpflege-Klasse A14/17 mit einem neuen Projekt beschäftigt. Als sie bei ihren Recherchen auf die Kampagne „Tiere in unserer Ernährung“ – vom Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V. (bmt) stießen, war das Ziel ganz klar: „Wir beteiligen uns an dieser deutschlandweiten Aktion.“ [caption id="attachment_2721" align="alignleft" width="200"] Man beachte den Zustand von Huhn Adele: kahler Bauch[/caption] Dass sie die Augen nicht schlossen, sondern Initiative für ein würdevolles Leben zeigten, machten sie beim Betreten der Eier-Produktion in Lommatzsch und monatlichen Mahnwachen am Schlachthof Altenburg fest. „Wir haben davon auf Facebook erfahren. Organisiert wird diese monatliche Aktion von einer kleinen Tierrechtsgruppe aus Leipzig. Alles ist ordentlich angemeldet. Ziel ist es, darauf aufmerksam zu machen, dass die Kapazität an Schweine- und Rindfleisch um 220 Tonnen erweitert wurde. Das Band darf nicht still stehen. Wer aber braucht denn so viel Fleisch?! Politik und Verbraucher sind hier völlig machtlos. Als ich diese Aussage der agrarpolitischen Sprecherin der Grünen in Sachsen, bei einer Bürgerinitiative in Sachen Geflügelzuchtanlage nahe Torgau hörte, war ich einfach nur entsetzt. Wie dann?!“, fragt sich Kerstin Pöschel mehr als besorgt. Die Altenpflege-Azubis Saskia Großpietzsch und Sandra Findeklee sind zwei der sieben Projektaktiven. Bei der Zusammenfassung ihrer Erlebnisse setzten sie sich mit zwei Tierrechtsorganisationen auseinander: Animals Angels und ARIWA. Diese stellten ihnen ebenfalls sachlich und seriös recherchierte Berichte und erschreckende Fotobeweise zur Verfügung. [caption id="attachment_2726" align="alignleft" width="300"] Im Tonstudio, v.l.n.r.: Saskia Großpietzsch, Katja Heinig, Lisa Rudolf[/caption] Das Ergebnis ist eine viereinhalb minütige Präsentation, die nicht nur aufrüttelnde Fotosequenzen, sondern zwei Tonstudio-Aufnahmen der Gruppe enthält. Textlich aus der Feder von Kerstin Pöschel, melodisch zusammengefügt von Musiklehrer Robert Wahlhäuser, eingesungen im EOS Mediastudio Chemnitz. Seit Ende Mai liegt diese dem bmt e. V. vor. Ob sie eine Auszeichnung für ihre akribische, engagierte Arbeit erhalten, bleibt abzuwarten. Zwölf Hühner freuen sich indes schon über eine echte Würdigung: „Die dürfen leben und merken wie es ist, eine Würde zu haben“, brachte Kerstin Pöschel diese zusammen mit ihren Schützlingen von der Eierproduktion Lommatzsch mit nach Hause. Zu einem sogenannten Ausstall-Termin können Hennen zum kleinen Preis abgeholt werden, bevor sie zum Schlachthof transportiert werden. Gemeinsam mit ihren jungen Mitstreitern wird sie nicht aufhören, für das Leben von Tieren zu kämpfen. „Es war faszinierend zu beobachten, wie die Tiere anfangs Regen und jede Art Wetter ausprobierten: im Freien und in Freiheit“, erinnert sich Kerstin Pöschel. Für mehr Nachhaltigkeit sind Tierpatenschaften geplant und der Kauf weiterer Hühner für das Objekt Euro Akademie Antonshöhe. Dort gibt es ein Streichelgehege, das nicht nur den vor dem Schlachthof geretteten Hennen, sondern auch den Senioren des benachbarten Pflegeheims „Auf dr Höh‘“ Spaß machen dürfte. Das Projekt „Weil Tiere lieber leben“ läuft schon an. Teilnahme am Bundeswettbewerb „Tiere in unserer Ernährung“ des bmt Klasse A14/17 Euro Akademie Chemnitz]]>
Kristina Neukirch
Kristina Neukirch war im Bereich Marketing und PR an den Euro Akademien Chemnitz und Rochlitz beschäftigt. Als freie Journalistin im Bereich Bildung berichtete sie zwischen 2015 und 2019 in unserem Magazin über die Euro Akademien Chemnitz und Rochlitz und schrieb für die Rubrik "Gesundheit & Pflege". Außerdem war sie als Dozentin für Deutsch als Zweitsprache tätig.