Wenn Ende Februar die vorgezogene Bundestagswahl in Deutschland stattfindet, besteht ein sehr großer Teil der Wählerschaft aus Menschen jenseits der 60. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für alle Beteiligten und wie lässt sich sicherstellen, dass auch trotz eventueller gesundheitlicher Einschränkungen alle zu ihrem Wahlrecht kommen?
Die Zahlen
Am 23. Februar 2025 wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Nach einer auf dem Zensus 2022 basierenden Schätzung des Statistischen Bundesamtes wird die Anzahl der Wahlberechtigten bei dieser Bundestagswahl bei voraussichtlich mindestens 59,2 Millionen liegen (Quelle: Statista). Dabei stellen die Personen ab 70 Jahren die größte Gruppe der Wahlberechtigten (Quelle: Statista). Ihr Anteil wird nach offiziellen Schätzungen in diesem Jahr bei 23,2 Prozent liegen. Damit hat diese Altersgruppe seit der letzten Bundestagswahl 2021 sogar um 1,5 Prozentpunkte zugelegt. Die nächstjüngere Wählergruppe der zwischen 60- und 69-Jährigen macht einen Anteil von 18,9 Prozent der Wahlberechtigten aus. Es werden also über ein Drittel aller potenziellen Wähler*innen jenseits der 60 sein. Es lässt sich vermuten, dass zumindest ein Teil dieser Personengruppe bereits gesundheitlich eingeschränkt oder gar pflegebedürftig ist. Die Voraussetzungen sind also völlig andere als die, die für Erstwähler*innen gelten.
Die Fragen
Für die Parteien, die bei der Bundestagswahl antreten, ergeben sich daraus folgende Fragen:
- Wie sehr berücksichtigen wir in unserem Wahlprogramm die Themen und Nöte der älteren Generationen?
- Sollten wir auch unsere Wahlkampfstrategie speziell auf diese Altersgruppe ausrichten?
Die Herausforderungen
Abgesehen von den Maßnahmen der Parteien bringt das Alter der Wähler*innen aber auch ganz praktische Herausforderungen mit sich: Wie können hilfs- und pflegebedürftige Menschen überhaupt von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen? Welche Unterstützung können Angehörige, Betreuer*innen und Seniorenheime leisten und was müssen diese im Hinblick auf das Bundeswahlgesetz (BWG) berücksichtigen?
Das Gesetz
Laut Bundeswahlgesetz sind bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 alle deutschen Staatsbürger*innen wahlberechtigt,
- die am Wahltag mindestens 18 Jahre alt sind,
- seit mindestens drei Monaten in Deutschland oder in einem anderen EU-Staat ihren Wohnsitz haben und
- nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen wurden.
Auch Deutsche, die im Ausland leben, können unter bestimmten Voraussetzungen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Vom Wahlrecht ausgeschlossen sind lediglich Personen, die infolge eines Richterspruchs ihr Wahlrecht verloren haben. Wahlberechtigt hingegen sind laut Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Januar 2019 auch wegen Schuldunfähigkeit untergebrachte Straftäter*innen und Betreute in allen Angelegenheiten.
Zu der letztgenannten Personengruppe zählen Menschen, die aufgrund von geistigen oder gesundheitlichen Einschränkungen in wichtigen Lebensbereichen Unterstützung einer bestellten Betreuungsperson benötigen. Diese*r bestellte*r Betreuer*in übernimmt in vielen Belangen die Stellung eines gesetzlichen Vertreters bzw. einer gesetzlichen Vertreterin, wird dabei aber genauestens vom Betreuungsgericht beobachtet. Es gibt darüber hinaus auch Punkte, in denen ein*e Betreuer*in keine Rechte hat. Dazu gehört unter anderem auch zu entscheiden, was der oder die Betreute wählt.
Die Lösung
Zwar sollen hilfebedürftige Menschen ihr Kreuz ohne Beeinflussung durch Dritte machen – dennoch sind sie bei der praktischen Umsetzung oft auf Hilfe angewiesen: Wie kommen gehbehinderte Personen zum Wahllokal, wie können Bewohner*innen eines Seniorenheims ihre Briefwahlunterlagen anfordern oder bettlägerige Menschen diese ausfüllen?
Die Seniorenheime haben ihre verantwortungsvolle Rolle erkannt und entwickeln Konzepte, um die Teilhabe ihrer Bewohner*innen zu stärken und so das verfassungsgemäße Recht auf freie, gleiche und geheime Wahlen zu unterstützen. Dazu gehören:
- Hilfe bei der Beantragung der Unterlagen für die Briefwahl
- Transport zu externen Wahllokalen
- Einrichtung von speziellen barrierefreien Wahllokalen direkt in den Räumlichkeiten der Heime (sog. Sonderwahlbezirke nach § 13 BWO)
Drei der größten privaten Pflegeheimbetreiber Deutschlands – Alloheim Senioren-Residenzen, Victor’s Group und die compassio Gruppe – haben sich zusammengeschlossen, um ihren Bewohner*innen die Teilnahme an der Bundestagswahl in zwei Wochen zu erleichtern. Für sie gehören nicht zuletzt auch die Vorabinformationen zur Wahl sowie die Hilfe zur Meinungsbildung zu den Aufgaben der Pflegeeinrichtungen. Um dies sicherzustellen, bieten die Pflegeheime Infoveranstaltungen an und stellen Infomaterial in barrierefreier Sprache zur Verfügung, das sie in Zusammenarbeit mit der Gemeinde oder der Bundes-/Landeszentrale für politische Bildung erarbeitet haben.
Steffen Hehner, CEO der Alloheim-Gruppe, betont dazu:
„Wählen ist für viele unserer Bewohnerinnen und Bewohner Ausdruck davon, dass sie am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Sie wollen ihre Stimme gehört wissen. Wir sehen uns als Träger in der Verantwortung, das zu ermöglichen und damit auch die Demokratie zu stärken.“
Der Aufruf
Wir alle sollten dankbar sein, dass wir in Deutschland die Gelegenheit haben, durch unsere Wahl das politische Geschehen mitzubestimmen. Nur so lässt sich ein demokratisches Europa aufrechterhalten. Lasst uns also Gebrauch von unserem Wahlrecht machen und am 23. Februar 2025 unsere Stimme abgeben. Denn: Die Demokratie darf nicht in Rente gehen!
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