Die Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher ist kein Kinderspiel: Je nach Schulabschluss und Bundesland kann die Ausbildung bis zu fünf Jahre dauern. In dieser Zeit erlernt man einen spannenden und erfüllenden Beruf, muss aber auch viel Verantwortung übernehmen und sich gleichzeitig viel pädagogisches und psychologisches Knowhow erarbeiten. Wieso gilt der staatliche anerkannte Abschluss als Erzieher*in also „nur“ als abgeschlossene Ausbildung – obwohl Dauer und Anspruch einem Studium entsprechen? Das dachten sich auch die Kultusminister*innen und führten den Bachelor Professional in Sozialwesen in Bayern, Niedersachsen, Hamburg, Thüringen und im Saarland ein.
Studieren ohne Abitur
Schon vor der Anerkennung als Bachelor Professional konnten ausgebildete Erzieher*innen ein Studium beginnen, auch wenn sie kein Abitur gemacht hatten. Und natürlich ist es auch weiterhin möglich, die Ausbildung mit einem Studium in Pädagogik oder Psychologie zu toppen. Studierende ohne Abitur sind längst keine Seltenheit mehr. Das Centrum für Hochschulentwicklung CHE berichtet, dass im Jahr 2019 rund 64.000 Menschen die Möglichkeit des „dritten Bildungswegs“ nutzen, also die Hochschulzugangsberechtigung über berufliche Qualifikationen statt Abitur erhielten. Die Zahl der Hochschulabsolvent*innen, die über den beruflichen Weg ins Studium gelangten, hat sich seit 2013 sogar fast verdoppelt.
Bachelor Professional für Erzieher*innen
Neu ist aber, dass Erzieher*innen für einen Bachelorabschluss nicht mehr studieren müssen. Nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung können die Absolvent*innen nun auf Antrag den Titel „Bachelor Professional im Sozialwesen“ bzw. „Bachelor Professional in Sozialwesen“ tragen. Wie die Bezeichnung genau lautet, wer sie beantragen kann und ob es den Bachelor Professional überhaupt schon gibt ist – wie so oft – von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Genauere Informationen erhalten Sie auf der Webseite des jeweiligen Kultusministeriums (hier eine Übersicht) oder bei Ihrer Ausbildungsstätte. Wenn Sie über eine Ausbildung zum*r Erzieher*in an der Euro Akademie nachdenken und sich vorher über den Abschluss informieren möchten, wenden Sie sich einfach an Ihren Wunschstandort – unsere Mitarbeiter*innen vor Ort helfen Ihnen gerne weiter.
Respekt und Transparenz
Der Bachelor Professional wurde nicht nur für die Erzieherausbildung eingeführt. Seit 2020 dürfen Meister*innen im Handwerk diesen Titel tragen. Auch hier werden die bisherigen Abschlüsse nicht ersetzt, der Bachelor ist viel mehr eine freiwillige Ergänzung zum Meistertitel. Hauptgrund für die ergänzende Berufsbezeichnung ist auch hier, die Gleichwertigkeit zur akademischen Ausbildung zu betonen. Berufliche und akademische Bildung unterscheiden sich zwar in der praktischen Ausrichtung – Meister*innen oder staatliche anerkannte Erzieher*innen sind aber genauso qualifiziert wie Absolvent*innen eines Bachelorstudiums. Die ähnliche Bezeichnung des Abschlusses ist also nur logisch.
Weitere Gründe für die Einführung des Bachelor Professional sind Transparenz und Vergleichbarkeit. Perspektivisch könnte ein System der Abschlussbezeichnungen entstehen, das durch einheitliche Bezeichnungen verschiedene Ausbildungsformen und Fachrichtungen vergleichbar macht. Außerdem erhöhen die englischen Begriffe die Chancen auf dem internationalen Arbeitsmarkt.
Ist der Bachelor Professional eine gute Lösung?
Der Bachelor Professional stand vor der Einführung massiv in der Kritik. Besonders Vertreter*innen der Hochschulen äußerten Bedenken, akademische Abschlüsse könnten so abgewertet werden. Dieser Effekt ist bisher nicht eingetreten. Das eigentliche Ziel der neuen Berufsbezeichnung, berufliche Bildungswege attraktiver zu machen, ist aber auch noch nicht erreicht. Obwohl ausgebildete Fachkräfte oft bessere Karrieremöglichkeiten haben als Akademiker*innen und sich um ihre Arbeitsplätze in den nächsten Jahrzehnten keine Sorgen machen müssen, zieht es viele junge Menschen an die Universität. Allein die Bezeichnung des Abschlusses reicht eben nicht aus. Bleibt zu hoffen, dass noch viele weitere Maßnahmen Schüler*innen den Mut geben, statt dem Studium eine Ausbildung zu wählen. Der Bachelor Professional in Sozialwesen ist schon mal ein guter Anfang.
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