Ein Hoch auf die Digitalisierung – aber wann schalten wir ab?

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Die Welt der unendlichen Möglichkeiten – mit der Digitalisierung ist sie, zumindest im Bereich der Kommunikation und Information, wahr geworden. Nie war Wissen so leicht zugänglich wie heute. Zu keiner Zeit konnten Menschen quer über den Globus hinweg in Echtzeit miteinander kommunizieren. Niemals hatten wir so viele Kanäle, um beruflich und privat in Kontakt zu treten. Was macht es mit uns, wenn wir 24 Stunden erreichbar sind?

Das Internet ist überall. Auf der Fahrt mit dem Zug zum Arbeitsplatz, zu Hause auf der Couch, im Büro. Wir sind erreichbar – und das wird auch erwartet. Konnten Sie noch vor ein paar Jahren auf der Fahrt mit der Bahn von Hamburg nach München interessante Gespräche führen, sind heute die Augen der meisten Fahrgäste auf Laptop oder Mobiltelefon fixiert.

Nun ist es ja nicht so, dass wir nicht mehr kommunizieren. Im Gegenteil, wir teilen uns ständig mit. Nur eben nicht mehr direkt, indem wir mit anderen Menschen spontan ins Gespräch kommen, sondern über digitale Kommunikationskanäle.

Alles muss festgehalten und geteilt werden. Hier ein Foto vom Essen im noblen Restaurant. Dort noch schnell ein Selfie vor dem Sonnenuntergang. Der Drang, sich mitzuteilen und sich selbst zu bestätigen, scheint nahezu unstillbar geworden zu sein. Was dabei verloren geht, ist die ungeteilte Aufmerksamkeit eines wertvollen Momentes.

Digitale Kommunikation: Weltweit und demokratisch

Anderseits ist es unglaublich wertvoll mit einem Freund über tausende Kilometer hinweg sprechen zu können und ihn sogar dabei zu sehen. Es ist wunderbar und sehr demokratisch, dass so viele Menschen auf der Welt heute unbeschränkten Zugang zu Informationen, Bildung und Wissen haben.

Eines ist klar, je mehr Angebote zur Kommunikation und Vernetzung wir durch den Prozess der Digitalisierung bekommen, desto wichtiger ist es, sich individuelle Freiräume zu schaffen. Wir sind alle gefordert, bewusst mit den Möglichkeiten des Internets und der mobilen Kommunikation umzugehen, das Positive zu nutzen, uns aber nicht davon beherrschen zu lassen. Schließlich ist die Technik für den Menschen da und nicht der Mensch für die Technik.

Aktionen und Aufklärung zur seelischen Gesundheit

„Seelische Gesundheit in der digitalen Welt“ ist das Thema der 11. Berliner Aktionswoche rund um den Tag der seelischen Gesundheit am 10. Oktober. Bundesweit gibt es zahlreiche Aktionen, Veranstaltungen und Vorträge – alleine in Berlin sind es 150. Ziel dieser alljährlich stattfindenden Themenwoche ist es, über psychische Erkrankungen aufzuklären, Hilfs- und Therapieangebote vorzustellen und Diskussionen darüber anzuregen.

In ihrem Buch „Digitale Depression“ untersuchte Sarah Diefenbach, Professorin für Wirtschaftspsychologie, die Auswirkungen der Digitalisierung auf unser Wohlbefinden und unsere Psyche. Durch die sozialen Medien haben wir viel mehr Möglichkeiten, uns zu vergleichen – und das kann verdammt unglücklich machen. Durch die Reichweite und die Häufigkeiten der Nachrichten, die uns erreichen, werden uns immer wieder fantastische Erfolgsgeschichten vor Augen geführt. Machen Sie sich an dieser Stelle bewusst, dass Menschen meist nur das posten, was gerade besonders gut gelaufen ist. Lassen Sie sich nicht beirren, Sie gehen Ihren eigenen Weg – und das ist gut so.

Kreativität, ein gutes Herz und eigenes Denken

Die ESO Education Group hat 2016, zum 50-jährigen Bestehen des Unternehmens, die Studie „Bildung der Zukunft – Persönlichkeit versus Digitalisierung“ in Auftrag gegeben. Darin wird deutlich, dass Wissen – neben Kapital, Arbeit und natürlichen Ressourcen – zum 4. Produktionsfaktor wird. Die Folge: Unsere Welt und unser Arbeitsleben wird zunehmend komplexer, die Anzahl der akademischen Berufe steigt an.

Manche Berufe fallen weg, neue Arbeitsfelder entstehen. Welche menschlichen Eigenschaften werden in Zukunft gefragt sein? In der vom World Economic Forum erarbeiteten Studie „New Vision for Education“ wurden 16 Fähigkeiten zusammengestellt, die für den Erfolg einer Person in Zeiten des digitalen Wandels wichtig sind. Drei von ihnen sind besonders bedeutend für den Beruf: Kreativität, emotionale Intelligenz und kognitive Flexibilität. Anders ausgedrückt heißt das, die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Zukunft werden sein: selbstständig zu denken, neuen Ideen auf die Spur zu kommen und einen guten Umgang mit sich und den anderen zu pflegen. Auch das lebenslange Lernen ist eine grundlegende Voraussetzung, um auf dem Laufenden zu bleiben und so seinen Platz in der Gesellschaft zu behalten und immer wieder neu zu finden.

Mit digitaler Strategie an die Spitze

Bislang bewegt sich Deutschland im internationalen Ranking nur im Mittelfeld, was die Digitalisierung angeht. Deshalb hat die Bundesregierung die „Digitale Strategie“ bis 2025 erarbeitet, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu sichern. Unter anderem stehen hier die Verstärkung der Vernetzung von Unternehmen und Bildungsträgern auf dem Programm, Weiterbildungen zur Digitalisierung mit sehr guter Qualifikation und die Förderung von Start-ups im Bildungsbereich.

Anhalten können wir den Trend zur Digitalisierung in Bildung, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik nicht. Wir können aber selbst entscheiden, wie viel unserer privaten Zeit wir in Internet, Handy, Facebook & Co. investieren.

Autor

Tanja Höfling

Von Juli 2017 bis Juli 2022 informierte die ehemalige Online-Redakteurin des Euro Akademie Magazins regelmäßig über Aktuelles und Wissenswertes zu den Themen Ausbildung, Studium und Beruf.