Immer mehr Schüler, Auszubildende und Studenten zieht es im Rahmen der Aktion „Fridays for Future“ auf die Straßen. Wie ihr Vorbild Greta Thunberg aus Schweden verzichten sie freitags auf ihre Bildung, um für ein besseres Klima zu demonstrieren.
„Warum soll ich für eine Zukunft lernen, die es bald schon nicht mehr geben wird, wenn nicht jemand etwas tut, um diese Zukunft zu retten?“ Dieses Zitat stammt von der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg. Seit ihre Sommerferien am 20. August vergangenen Jahres zu Ende gegangen sind, bestreikt sie den Unterricht für das Klima. Ihr Argument: Den Erwachsenen ist die Zukunft des Planeten und somit der Kinder egal. Dann braucht sie auch keinen Wert mehr auf ihre Bildung zu legen und geht lieber auf die Straße als ins Klassenzimmer.
Kleiner Aufwand, großes Echo
Sie hat ganz alleine angefangen und saß regelmäßig vor dem Reichstag in Stockholm. Ein Plakat und einige Flyer, die sie verteilte, erklärten ihr Ziel. Dennoch hat Greta Thunberg es geschafft, dass die Medien weltweit über sie berichten und überall Schüler, Auszubildende und Studenten durch die Straßen und vor Regierungsgebäude ziehen.
Die engagierte Schwedin hielt eine Ansprache auf der UN-Weltklimakonferenz in Polen, die sich schnell in allen Kanälen verbreitete und sie berühmt machte. Ebenfalls wurde sie zum Weltwirtschaftsforum in Davos eingeladen und provozierte mit ihrer Rede „Our House is on Fire“. In der breiten Bevölkerung sind ihre Äußerungen sicherlich unter anderem deshalb beliebt, weil sie kein Blatt vor den Mund nimmt. Anders als die Politiker achtet sie nicht auf Wählerstimmen, auf große Konzerne, die sich angegriffen fühlen könnten, oder auf ihre persönliche Beliebtheit. Eine solche Stimme ist selten und erfrischend.
Fridays für Future als weltweite Bewegung
Mittlerweile sind selbst in Australien schon Schüler vors Parlament gezogen. Offensichtlich hat Thunberg wirklich einen Nerv getroffen und eine spektakuläre Aktion ins Leben gerufen. Jeden Freitag protestieren irgendwo Jugendliche für eine saubere Zukunft und rücken die Problematik zurück ins Bewusstsein der Allgemeinheit, die eigentlich vom Thema Klima schon übersättigt war.
Ein Kind als Aushängeschild
Viele Gegner der Aktion weisen darauf hin, wie abscheulich es sei, ein Kind zum Aushängeschild einer Pro-Klima-Kampagne zu machen. Doch Greta Thunberg wurde nicht gezwungen oder überredet. Das Mädchen hat das Asperger-Syndrom, weshalb es sich so leidenschaftlich für ihr Thema einsetzen und Fakten besser speichern und verarbeiten kann. Das erklärt Claus Heckings Hintergrundbericht „Gretas Aufstand“ auf Spiegel Online vom 30. November 2018. Die Eltern haben sogar versucht, der Schülerin ihr Vorhaben auszureden.
Als Jugendliche hat sie aber etwas geschafft, was Erwachsene vor ihr nicht konnten: Sie hat ihrer Generation gezeigt, dass auch junge Menschen eine Stimme haben und aktiv werden können. Nun liegt die Verantwortung bei ihnen, denn „die Erwachsenen haben versagt“.
Faszinierend dabei ist die Medienresonanz: Der Aufhänger vieler Berichte ist weniger das Klima, das allmählich den Bach hinuntergeht, und auch die Zahl der Demonstranten oder beteiligten Ortschaften wird – wenn überhaupt – nur kurz erwähnt, um dann schnell wieder unterzugehen. Stattdessen zermartern sich Verantwortliche ausgiebig die Köpfe über die Frage, ob diese Schulschwänzer bestraft werden müssen.
Wäre im Vergleich der Protest eines einzelnen 40-jährigen Angestellten überhaupt zur Kenntnis genommen worden? Er wäre vermutlich wegen mehrfachem Nichterscheinens gekündigt und von Passanten belächelt worden. Möglicherweise ist das, was sogar Politiker und Führungskräfte aufhorchen lässt, gar nicht die Masse der Leute, die für einen gesunden Planeten kämpfen, sondern eher, dass sich die Minderjährigen nicht an die Regeln halten. Dabei sollten doch gerade sie leicht im System ruhig zu halten sein.
Gegner der Bewegung
Neben ihrem Alter wird auch vieles weitere Private an Greta Thunberg kritisiert. Zahlreiche Vorwürfe und Gerüchte kursieren im Netz. Wie immer bei kontroversen Themen, ließen die Hetzer nicht lange auf sich warten. Abgesehen von persönlichen Angriffen, wird der Klima-Aktivistin auch vorgeworfen, lediglich eine Plattform zur Verbreitung linker Meinungen geschaffen zu haben. Obwohl keine einzige Partei hinter der Aktion „Fridays for Future“ steht.
Natürlich ist es einfacher, eine Person zu beleidigen oder eine Bewegung zu verunglimpfen, denn die Konsequenzen sind für niemanden schön. Etwas für das Klima zu tun hieße höhere Kosten für unsere Lebensmittel und Konsumgüter, für Strom, für den Transport und vieles mehr. Man müsste großen Konzernen wirklich auf die Füße treten und damit der eigenen Wirtschaft schaden. Was das an Wählerstimmen kostet!
Doch selbst wenn mancher gerne die rosarote Brille trägt und sich wie Trump die Welt macht, wiedewiedewie sie ihm gefällt, ändert das die Realität nicht: Momentan müssen in der Südsee Menschen einzelne Inseln verlassen, da der Meeresspiegel ansteigt, während eine Kältewelle den Mittleren Westen der USA mit bis zu minus 40 Grad im Griff hat. Und wer erinnert sich nicht an den Rekordsommer 2018 oder die Schneemassen, die bis vor kurzem den Süden Bayerns unter sich begraben haben?
Wut im Bauch
Das Thema Klima ist keine Frage des Geschmacks. Bitter ist es in jedem Fall. Dennoch muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er mitdemonstriert oder lieber weiterlebt wie bisher. Bei Letzterem stellt sich allerdings die Frage: Wie lange geht das noch?
Da gerade Schüler erst noch anfangen, ihr Leben richtig zu leben, und noch wesentlich länger auf dem Planeten wandeln als die Erwachsenen, ist ihre Sorge und Wut berechtigt. Zumal die Entscheidungsgewalt nicht in ihren Händen liegt. Sollte dann nicht wenigstens ihre Meinung dazu gehört und respektiert werden?