Boomer, Millenial oder GenZ – Warum Generationen ein Mythos sind

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Sind Sie X, Y, Z, oder gar ein Babyboomer? Solche Generationenlabels sind ubiquitär, der Kampf zwischen Jung und Alt immer ein beliebtes Thema in den Medien. Durch die aktuelle Debatte über das „Ok, Boomer“-Meme wird dieser Konflikt weiter angeheizt. Dabei ist die klare Abgrenzung der Generationen in der Soziologie ein umstrittenes Konzept. Viele Forscher*innen gehen davon aus, dass diese Labels ein populärwissenschaftliches Phänomen, sozialwissenschaftlich betrachtet aber Unsinn sind. Doch warum hält sich der Mythos von den Unterschieden zwischen den Generationen weiterhin hartnäckig?

Ich bin ja ein Millenial. Den ganzen Tag mache ich Selfies, esse Avocados, bin faul, verzogen und unpolitisch. Sollte ich zumindest, wenn man den aktuellen Generationstheorien Glauben schenkt. In Wirklichkeit bin ich aber – meiner Meinung nach – ganz anders. Und ich kenne auch niemanden, der dem klassischen Generationenklischee entspricht. Doch woher stammen diese Klischees überhaupt?

X, Y, Z, Juchhe!

Eine neue Generation entsteht ungefähr alle 15 Jahre. Da wären zuerst die Traditionals oder die stille Generation: Menschen, die vor 1950 geboren wurden, legen Wert auf Familie, Heimat, Sicherheit und harte Arbeit. Danach folgen die Babyboomer (geboren 1950-1965). Sie sind ehrgeizig und leistungsorientiert – der Job ist das Wichtigste in ihrem Leben. Ganz anders die Generation X (geboren 1966-1980). Für sie ist Freizeit und Lebensqualität wichtiger als Arbeit. Die Work-Life-Balance, Selbstverwirklichung und Freiheit spielt auch für die Generation Y (auch Millenials genannt, geboren 1981-1995) eine große Rolle. Alle nach 1995 Geborenen gehören zur Generation Z. Die Mitglieder*innen der jüngsten Generation suchen Sinn und Erfüllung im Privatleben – und sie wollen gemeinsam die Welt verändern und verbessern.

Generationen Übersicht
Na, wann sind Sie geboren? Keine Angst, wir verraten es keinem ;)

Haben Sie sich wiedererkannt? Es ist ein bisschen wie bei einem Horoskop: Solange die Aussagen möglichst allgemeingültig und vage sind, empfinden wir sie als zutreffend. Barnum-Effekt nennt man dieses Phänomen. Oft werden die angeblich so unterschiedlichen Eigenschaften der Generationen nämlich mit verwässerten Gemeinplätzen beschrieben: Generation Y soll sich zum Beispiel nach emotionaler Bindung sehnen – die anderen Generationen also nicht?

Ungenaue Methoden

Der Soziologe Prof. Dr. Martin Schröder hat 2018 in seiner Studie Der Generationenmythos“ gezeigt, dass es die Einstellungsunterschiede der Generationen nicht gibt. Er nennt drei wesentliche Kritikpunkte an den Methoden der Generationenforscher*innen: Zum einen sind die Eigenschaften, die den Generationen zugeschrieben werden, oft sehr allgemein und teilweise sogar gegensätzlich. Außerdem mangelt es an Langzeitstudien. Wenn die Generation Z anders denkt als die Babyboomer, liegt das dann an der Generation oder einfach nur am Alter? Vielleicht hatten die Babyboomer in ihrer Jugend die gleichen Ansichten wie die Generation Z heute. Hierzu gibt es selten valide Daten. Als letzten Punkt führt Schröder den Wandel einer Gesellschaft im Allgemeinen an. Auch dieser muss kontrolliert werden, um die Generationen klar voneinander abzugrenzen. Wenn sich die Werte und Einstellungen in einer Gesellschaft insgesamt verändern, erklärt das natürlich auch, warum Jugendliche heute andere Ansichten haben als früher.

Mit Generationen Geld verdienen

Wenn die Generationsunterschiede wissenschaftlich nicht belegt werden können, wieso sind sie dann trotzdem so populär? Arbeitspsychologe Hannes Zacher hat darauf eine klare Antwort: „Das ist Geschäftemacherei. Es gibt eine große Generationen-Industrie: Mit dem Thema Generationen und Generationenunterschiede lassen sich sehr gut Bücher verkaufen, Workshops verkaufen und auch ganze Beratungsunternehmen führen“, so der Professor im MDR-Beitrag „Leipziger Psychologe: Generationsunterschiede sind nur Vorurteile“ von Kristin Kielon. Und so wird der Mythos von den klar abgegrenzten Generationen wohl auch in den nächsten Jahrzehnten bestehen bleiben – es wäre doch schade, wenn man Menschen nicht schön praktisch in Schubladen stecken könnte. Außer, ja außer eine Generation steht auf, wehrt sich gegen diese dämlichen Klischees und Vorurteile und schafft es, als Mensch wahrgenommen zu werden und nicht als Geburtsjahr. Ich tippe auf die Generation Z – die ist nicht so unpolitisch wie wir Millenials.

Autor

Anna Rüppel

Anna Rüppel ist mit 1,78 m die Größte, wenn es um Ausbildung und Beruf geht. Als Kind war sie kleiner. Von April 2019 bis November 2022 schrieb sie kleinere und größere Artikel für das Euro Akademie Magazin.