Welttag der Muttersprache – wenn Kinder zweisprachig aufwachsen

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Unsere Muttersprache ist weit mehr als ein Verständigungsmittel. Durch sie erfahren wir Werte, Normen und Regeln. Die Erstsprache ist immer auch ein Teil unserer Identität. Heute ist es keine Seltenheit mehr, dass Kinder mit einer zweiten Sprache aufwachsen. Wenn Sie ein paar Dinge beachten, bringt die bilinguale Erziehung einige Vorteile mit sich.

Am 21. Februar ist der internationale Tag der Muttersprache. Die Vereinten Nationen haben ihn im Jahr 2000, auf Anregung der UNESCO hin, ausgerufen. Er soll den Gebrauch der Muttersprache fördern – immerhin ist fast die Hälfte der weltweit 6000 existierenden Sprachen vom Verschwinden bedroht.

Es gibt unterschiedliche Gründe, warum ein Kind mehrsprachig aufwächst. Kinder, die mit ihren Eltern aus Krisengebieten geflohen sind, gehen in Deutschland in den Kindergarten oder in die Schule und lernen von Erziehern und Lehrern die deutsche Sprache. Kommen Vater und Mutter aus unterschiedlichen Ländern, wächst das Kind von Anfang an zu Hause zweisprachig auf.

Zweisprachigkeit im Kindergarten

Viele Migranteneltern machen sich Sorgen, wenn ihr Kind im Kindergarten immer wieder seine Muttersprache zur Kommunikation einsetzt. In der Schule wird schließlich ein guter deutscher Wortschatz erwartet. Trotz aller Bedenken, sollten die Kinder auch im Kindergarten die Erstsprache sprechen dürfen – sie ist ihnen vertraut. Die Muttersprache gibt ihnen Sicherheit und hilft über befremdende und beängstigende Situationen hinweg.

Um eine vertraute Umgebung zu schaffen, sollten Erzieher wichtige Wörter in der Sprache des Kindes kennen. Einem Kind zu verbieten, in seiner Muttersprache zu kommunizieren, würde der Entwicklung  mehr schaden als nutzen. Es nimmt ihm einen Teil seiner Identität und damit auch ein Stück seines Selbstwertes.

Bilinguale Erziehung – wenn Eltern unterschiedliche Sprachen sprechen

Papa kommt aus Berlin, Mama aus Barcelona. Wenn die Muttersprache der Eltern nicht dieselbe ist, hat der Nachwuchs die Chance, mehrsprachig aufzuwachsen. Die bilinguale Erziehung bringt einige Vorteile mit sich. Durch den Wechsel zwischen verschiedenen Sprachen entwickeln die Kinder in der Regel ein ausgeprägtes Sprachbewusstsein und erlernen auch später Fremdsprachen leichter, als jemand, der mit einer einzigen Sprache aufgewachsen ist. Grundsätzlich lernen wir Sprachen im frühen Kindesalter ohne Mühe.

Das sollten Sie beachten:

  • Jeder Elternteil redet mit dem Kind konsequent in seiner Muttersprache. Am besten funktioniert das, wenn Vater und Mutter die Sprache des anderen verstehen. Übersetzt ein Elternteil dem anderen bei gemeinsamen Unternehmungen ständig die Gespräche, wirkt das unnatürlich und blockiert eine flüssige Kommunikation.
  • Kinder sollten möglichst auch Medien – Hörbücher, Bücher und Musik in der zweiten Sprache nutzen. Außerdem gilt, je mehr Personen sich mit dem Kind in einer Sprache verständigen, desto besser.
  • Der Wortschatz der Kinder kann aufgrund der Zweisprachigkeit zunächst einmal bei beiden Sprachen reduziert sein.
  • Kinder, die bilingual aufwachsen, vermischen die Sprachen in den ersten Jahren häufig. Das ist kein Grund zur Besorgnis, eine bewusste Trennung der Sprachen entwickelt sich erst ab etwa 4 Jahren.
  • Eine positive emotionale Verbindung zu einer Sprache ist wichtig. Am besten kommt sie ganz natürlich und täglich zum Einsatz – ohne Leistungsdruck.
  • Eltern sollten ihre Kinder nur dann zweisprachig erziehen, wenn beide Muttersprachler in der jeweiligen Sprache sind. Schulenglisch reicht für eine bilinguale Erziehung nicht aus. Wenn Sie sich dennoch eine zusätzliche Sprache für Ihr Kind wünschen, sollten Sie sich für eine mehrsprachige Kita entscheiden.

Es gibt immer wieder Stimmen, die eine Überforderung bilingual aufwachsender Kinder befürchten. Dr. Anja Leist-Villis, Erziehungswissenschaftlerin und Expertin für zweisprachige Erziehung sagt dazu: „Es gibt keinerlei wissenschaftliche Beweise dafür, dass Kinder durch den Erwerb von zwei Sprachen überfordert sind, im Gegenteil. Aber: Sehr wohl können die Rahmenbedingungen die den Erwerb der Sprachen begleiten, ein Kind überfordern!“ In Ihrem Buch „Elternratgeber Zweisprachigkeit“ bekommen Eltern wertvolle Tipps zur bilingualen Erziehung.

Autor

Tanja Höfling

Von Juli 2017 bis Juli 2022 informierte die ehemalige Online-Redakteurin des Euro Akademie Magazins regelmäßig über Aktuelles und Wissenswertes zu den Themen Ausbildung, Studium und Beruf.