Wohnen im Alter: Alternativen zum Pflegeheim

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„Einen alten Baum verpflanzt man nicht“, heißt es im Sprichwort, welches häufig aus dem Munde ältere Menschen zu hören ist. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov bei Senior*innen in allen Altersklassen ab 60 Jahren im Auftrag der Deutschen Teilkauf gaben 91 Prozent der Befragten an, so lange wie nur möglich im eigenen Heim wohnen zu wollen.

Pflegebedarf erfordert Veränderung

Doch wenn der Hilfe- und Pflegebedarf zunimmt, erfordert das den altersgerechten Umbau der eigenen Wohnstätte. Das ist mit hohen Kosten verbunden und längst nicht in allen Wohnungen und Häusern möglich. Zudem muss der Pflegebedarf von Pflegediensten abgedeckt werden. Das bedarf einen hohen Organisationsaufwand, welcher ältere Menschen überfordern kann. Nicht immer sind Angehörige vorhanden oder bereit, die Pflege zu organisieren. Auch, wenn die Mobilität noch nicht sehr eingeschränkt ist, so kann Vereinsamung im Alter, zum Beispiel, wenn der Partner, die Partnerin verstorben ist, eine große Rolle spielen.

Frühzeitige Planung

Im Idealfall machen sich Senior*innen frühzeitig darüber Gedanken, wie sie leben möchten, wenn der*die Partner*in nicht mehr da ist, sie auf Betreuung und später dann auch auf Pflege angewiesen sind, aber dennoch ein hohes Maß an Selbstständigkeit behalten möchten. Denn es gibt Möglichkeiten:

1.) Mehrgenerationen-Wohnen

Im Unterschied zu einer Wohngemeinschaft mit Senior*innen oder einem Pflegeheim handelt es sich beim Mehrgenerationen-Wohnen um ein Konzept, wo Menschen aus verschiedenen Generationen zusammenleben.

Soziale Interaktion

Die Vorteile liegen auf der Hand: In dieser Wohnform können sich Menschen unterschiedlichen Alters gegenseitig unterstützen und voneinander profitieren. Ältere Bewohner*innen können von jüngeren bei Alltagsaufgaben oder emotional unterstützt werden. Diese wiederum können bei der Betreuung der Kinder helfen. Durch die Vielfalt der Generationen entsteht eine lebendige Gemeinschaft. Bewohner*innen haben die Möglichkeit, voneinander zu lernen, sich auszutauschen und soziale Bindungen zu knüpfen.

Kosteneffizienz

Die gemeinsame Nutzung von Ressourcen wie Wohnraum, Fahrzeugen und möglicherweise auch Dienstleistungen kann zu Kosteneinsparungen führen und den finanziellen Druck auf einzelne Haushalte verringern.

Konfliktpotenzial

Unterschiedliche Lebensstile, Gewohnheiten und Bedürfnisse können zu Konflikten führen, insbesondere wenn klare Regeln und Kommunikation fehlen. Das Zusammenleben in einer Mehrgenerationen-Gemeinschaft kann die Privatsphäre beeinträchtigen, da die Bewohner*innen weniger Raum für sich allein haben und auf Kompromisse angewiesen sind.

Überforderung

Jüngere Bewohner*innen können sich manchmal überfordert fühlen, wenn sie die Hauptverantwortung für die Pflege älterer Gemeinschaftsmitglieder übernehmen müssen, was zu Belastungen führen kann.

Insgesamt bietet das Konzept des Mehrgenerationen-Wohnens viele Möglichkeiten für ein bereicherndes und unterstützendes Zusammenleben, erfordert jedoch auch klare Strukturen, Offenheit und Kompromissbereitschaft seitens der Bewohner*innen.

2.) Betreute Wohngemeinschaften

Im Gegensatz zu traditionellen Pflegeheimen stehen in betreuten WGs für Senior*innen die Gemeinschaft und die persönliche Lebensqualität im Vordergrund. Jede*r Bewohner*in hat ihr*sein eigenes Zimmer, während die Gemeinschaftsräume Raum für gemeinsame Aktivitäten und soziale Interaktion bieten.

Erhalt des selbstbestimmten Lebens

Das Konzept der ambulant betreuten Wohngemeinschaft legt Wert auf Selbstbestimmung und Eigenständigkeit der Bewohner*innen. Sie können ihren Alltag weitgehend autonom gestalten und erhalten dennoch die notwendige Unterstützung durch geschultes Personal, das rund um die Uhr für sie da ist. Die WGs sind meistens über Vereine organisiert. Mitglieder sind die Bewohner*innen und deren betreuenden Angehörigen. Sie regeln im Sinne alle Bewohner*innen das Zusammenleben.

Synergie-Effekte

Jedes WG-Mitglied schließt einen Mietvertrag und mit einem oder mehreren Pflege- und Betreuungsdienstleister einen individuellen Pflegevertrag ab. Die Pflegezeiten jedes Einzelnen können addiert werden und dadurch allen zugutekommen. Dadurch sind betreute Wohngemeinschaften – je nach Betreiber – teilweise sogar beim Preis konkurrenzfähig zu Pflegeheimen – trotz besserer und angenehmerer Versorgung.

Demenz-WGs

Es gibt auch betreute WGs, die sich auf Menschen mit Demenz spezialisiert haben. Dort sind sie, insbesondere, wenn sie körperlich wenig eingeschränkt sind, oftmals besser aufgehoben als in einem Pflegeheim ohne einen eigenen Bereich für demenziell Erkrankte.

Die Wohngemeinschaften ermöglichen dem*der Mieter*in bis zu seinem*ihrem Lebensende dort wohnen zu bleiben. Ein Umzug in ein Pflegeheim ist nicht notwendig.
Allerdings: Ohne Angehörige oder Vorsorgeberechtigte geht es in der Regel nicht. Und von diesen wird im Verein erwartet, dass sie Aufgaben übernehmen und regelmäßig an den Sitzungen teilnehmen. Dafür können die Angehörigen mitbestimmen, wie das Wohnumfeld und der Alltag der Bewohner*innen gestaltet wird und wer einziehen darf.

3.) Betreutes Wohnen in einer Wohnanlage

Eine weitere potenzielle Alternative bietet das Konzept betreuter Wohnanlagen. Dieses ermöglicht ein hohes Maß an Selbstständigkeit, ergänzt durch umfassende Serviceleistungen. Diese umfassen je nach Einrichtung und Vertragskonditionen Aspekte wie Mahlzeiten, Pflege, Reinigung und Freizeitaktivitäten.

Beratung und soziale Interaktion

Die Wohnräume sind individuell gestaltet und meist barrierefrei. In der Regel steht eine Ansprechperson vor Ort zur Beratung und Information zur Verfügung, ergänzt durch Gemeinschaftsräume für soziale Interaktion und Freizeitgestaltung.

Kosten

Die Kosten für betreutes Wohnen variieren stark, abhängig von Lage, Ausstattung und Serviceangeboten. Neben der Miete fallen oft Betreuungspauschalen an, die Leistungen wie Notrufdienste abdecken. Die Kosten für diese Pauschalen können ebenfalls stark variieren.

Vor- und Nachteile

Die Vorteile dieser Wohnform liegen in der langanhaltenden Selbstständigkeit, der Verfügbarkeit altersgerechter Dienstleistungen und dem Leben in einer Gemeinschaft mit ähnlich Gesinnten. Ein potenzielles Risiko besteht darin, dass bei zunehmendem Pflegebedarf oder Demenz ein erneuter Umzug erforderlich sein kann. Daher ist es wichtig, auch hier in der Lage zu sein, den Haushalt weitgehend eigenständig zu führen. Zudem ist zu beachten, dass die Begriffe „Betreutes Wohnen“ und „Service-Wohnen“ gesetzlich nicht eindeutig definiert sind, was zu vielfältigen Angeboten führen kann. Vor Vertragsabschluss sind daher eine genaue Prüfung und Abwägung der Konditionen ratsam.

Titelbild: Drazen Zigic/shutterstock

Autor

Ellen Jöckel

„Die Voraussetzung für Wissen ist die Neugier.“ (Jaques-Yves Cousteau) Ich liebe es, mich in Themen reinzuarbeiten, sie zu verstehen und dann darüber zu schreiben. Deswegen ist das Euro Akademie Magazin mit seinen Themenwelten aus unterschiedlichen Bildungsbereichen die ideale Plattform, um mich journalistisch „austoben“ zu können.