Delegieren im Auftrag des Chefs – Tipps und Tücken

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Ich bin eine engagierte und erfolgreiche Assistentin: Ich halte meinem Chef den Rücken frei. Das Zusammenspiel zwischen uns beiden ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der Abteilung und schlussendlich für den Erfolg im gesamten Unternehmen.  Wenn ich im Back-Office nicht funktioniere, kann er an der Front seine Aufgaben nicht perfekt meistern.

Niemand im Unternehmen arbeitet so nah zusammen wie Chef und Assistentin. Sie weiß fast alles. Sie hat Einblick in die beruflichen und privaten Belange des Chefs. Im Zweiergespann erfolgreich zu sein ist nur dann möglich, wenn man an einem Strang zieht und in die gleiche Richtung schaut.

Nicht leicht, wenn der Chef oft unterwegs ist

Ich habe einen virtuellen Chef. Das heißt nicht, dass er in den endlosen Weiten des Cyberspace oder nur in meinem Kopf existiert. Nein, das heißt, ich habe einen Chef, der oft auf Reisen ist, seine Aufgaben in der Lufthansa Lounge diverser Flughäfen erledigt und per Telefon seine Aufgaben delegiert. In seinem Auftrag muss ich oft Aufgaben an die Kollegen verteilen und die Umsetzung nachhalten. Das ist in vielen Fällen gar nicht einfach. Als Assistentin habe ich keine direkte Weisungsbefugnis, insbesondere nicht zu Mitarbeitern in den höheren Hierarchieebenen.

„Hier ist der Vorgang für Herrn Strauß, er soll sich darum kümmern und mir zeitnah ein Feedback geben“, so oder ähnlich delegieren die meisten Chefs Arbeiten an ihre Mitarbeiter. Übergibt man dann die Unterlagen den zuständigen Kollegen, kann es passieren, dass dieser Sie mit großen Augen anschaut, und überhaupt nicht weiß, worum es sich handelt. Herr Strauß stellt ihnen Fragen zu den Unterlagen, die Sie im gleichen Moment nicht beantworten können. Fazit, Sie müssen sich mit dem Vorgang wieder an ihren Chef wenden und nachfassen. Das raubt Ihre Zeit und die Nerven vom Chef. Chefentlastung sieht anders aus. Wie kann man es besser machen?

Delegieren – aber richtig!

Das Zauberwort heißt: klare und eindeutige Kommunikation. Es geht darum, dass Sie Ihren Vorgesetzten dazu bewegen Ihnen alle notwendigen Informationen zu geben, so dass Sie und der Kollege genau wissen, was und wann ein Ergebnis erreicht werden soll. Wer sind die Beteiligten im dem Projekt, wo liegen wichtige Unterlagen zur Ansicht? Gibt es Besonderheiten? Wer muss was bis wann liefern? In welcher Form soll das Ergebnis übergeben werden? Schriftlich, mündlich? Wie detailliert soll das Ergebnis sein und welches Ziel steht dahinter? Einen wichtigen Kunden zu gewinnen? Ein neues Projekt zu übernehmen? Oder intern an dem Vorstand zu berichten?

Wichtig ist hier, dass Sie sich Zeit nehmen, Ihren Chef zu fragen. Das kostet augenscheinlich ein wenig Geduld im Vorfeld, ist aber nach Hinten ein Zeitgewinn, weil so unnötige Fragestellungen von Kollegen verhindert werden.

Wenn es wenig oder keine Rückfragen gibt, Sie kompetent auf Fragen antworten können und vielleicht sogar über das Projekt inhaltlich berichten können, nimmt Sie auch der Kollege in Ihrer Delegationsfunktion ernst und nimmt Ihre Anweisung im Namen des Vorgesetzten an.

Chefentlastung, heißt auch Rückmeldungen geben über die delegierten Aufgaben und Projekte. Sie sollten die Abgabetermine im Kopf haben oder zumindest auf Ihrer To-Do-Liste und Ihrem Chef immer einen Schritt voraus, bevor er nachfassen kann nach dem Motto: „Wann kommt denn die Rückmeldung von Herrn Strauß zum Vorgang xy?“ Geben Sie kurze Zwischenfeedbacks und berichten Sie über den Stand der Projekte.

Unterstützen Sie Kollegen!

Unterstützen Sie auch Ihre Kollegen, indem Sie Erinnerungen zu Abgabefristen oder Feedbacks geben. Die Kollegen werden Ihnen dankbar sein, wenn Sie ihnen helfen und sie nicht dem Chef ins Messer laufen lassen. Sehen Sie sich auch in der Verantwortung, andere Menschen dazu zu bewegen, zielgerichtet etwas zu tun. Dazu ist eine gewisse Portion Empathie und Einfühlungsvermögen notwendig. Ein guter Umgang mit den Kollegen und ein überzeugendes Auftreten helfen dabei. Begeben Sie sich nicht zwischen die Fronten, wenn es mal zwischen Chef und Mitarbeitern kracht. Als Sekretärin bzw. Assistentin nehmen Sie eine Mittel- und Mittlerstellung zwischen Ihrem Chef und Ihren Kollegen ein: Wenn Sie diese Balance zwischen Nähe und Distanz einhalten, werden Sie einfacher Informationen abfragen und Vorgänge im Namen des Chefs delegieren können.

Die Grenzen kennen

Delegieren im Auftrag des Chefs hat auch Grenzen. Sollen Sie im Auftrag des Chefs einen Konflikt zwischen zwei Mitarbeitern klären oder gar einem Mitarbeiter mitteilen, dass seine Leistungen bzw. ein Ergebnis nicht gut sind, dann sollten Sie dies ablehnen! Diese Aufgaben gehören in den Bereich Mitarbeiterführung und sind nicht delegierbar! Im umgekehrten Fall ist Ihr Chef Ihnen sicherlich dankbar, wenn Sie ihn auf Konflikte in seinem Team hinweisen, wenn diese die Arbeit behindern. Sie sind schließlich das wichtigste Bindeglied zwischen ihm und seinem Team!

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Autor

Enisa Romanic

Enisa Romanic ist Trainerin und bietet unter Bürotrainingplus Seminare zum Office Management. Parallel dazu ist sie täglich in der Praxis als Assistentin tätig. Sie spricht Englisch, Französisch, Spanisch, Serbisch und Kroatisch und blickt nebem ihrem Studium als "International Management Assistant" an der AMA (Euro Akademie Lippstadt) auf zahlreiche Aus- und Weiterbildungen zurück. Für das Euro Akademie Magazin schreibt sie Kolumnen aus ihrer 18-jährigen Berufspraxis als Assistentin in unterschiedlichsten Branchen und Unternehmensbereichen.