Giftige Gewächse für Zwerge – Teil 1

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Die Temperaturen steigen und überall erobert das Grün sich Gebiet zurück. In den Buchenwäldern können wir durch ein hellgrünes Blätterdach in den blauen Himmel blicken, nach dem langen Winter ist endlich wieder Vogelgezwitscher zu hören, am Bach wächst Bärlauch, der uns frische Energie für das Frühjahr gibt. Aber halt – ist das wirklich Bärlauch oder etwa doch ein Maiglöckchen? 

Forscherdrang als Risiko 

Was für Naturkenner*innen überhaupt kein Problem darstellt, kann Laien überfordern. Zudem bringen Verwechslungen schnell unschöne Konsequenzen mit sich: Die breite Palette an Vergiftungserscheinungen reicht von Hautirritationen über Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Nierenschäden oder Herzstillstand. Und wenn schon wir Erwachsene Schwierigkeiten haben, giftige von unbedenklichen Pflanzen zu unterscheiden, wie mag es dann nur Kindern gehen? Bei diesen kommt zur Unwissenheit auch noch die kindliche Neugier hinzu. Eine – im schlimmsten Fall – tödliche Kombination. 

Die wichtigsten Giftpflanzen 

Daher ist es jetzt zum Beginn der Draußen-Saison die wichtige Aufgabe von Eltern und Erzieher*innen, die kleinen Naturentdecker*innen für die Gefahren zu sensibilisieren, die im Garten und der Natur lauern. Es ist nicht einfach für die Kleinen zu verstehen, wieso man beispielsweise Süß- und Sauerkirschen essen darf und Tollkirschen besser nicht essen sollte. Dennoch muss man Kinder in ihrem Forscherdrang ein wenig bremsen. Die gute Nachricht vorab: Da die giftigen Pflanzen, Pflanzenteile und Beeren meist bitter und nicht sehr gut schmecken, spucken die Kinder sie schnell wieder aus. Dadurch kommt es zu sehr geringen eingenommenen Mengen, sodass sich die Vergiftungserscheinungen auf Übelkeit oder Erbrechen beschränken. Nur äußerst selten kommt es bei Kindern zu Todesfällen durch giftige Pflanzen. Dennoch möchten wir Ihnen im Folgenden Hinweise auf die am weitesten verbreiteten Giftpflanzen geben sowie Hinweise, was im Notfall zu tun ist. 

Eibe 

Wenn ein Kind die roten, schleimigen Samenhülsen mit dem Fruchtfleisch in den Mund steckt, ist nicht gleich Alarm geboten. Denn diese sind nicht bedenklich. Dafür aber die darin steckenden Samenhülsen, wenn die Beere zerkaut wird. Diese enthalten das giftige Taxin. Aber auch Schnittflächen an den Ästen oder zerriebene Nadeln können schon bei Hautkontakt Erbrechen, Durchfall, Schwindel und Krämpfe hervorrufen. Man sollte also zweimal überlegen, ob man sich dieses giftige Nadelgewächs in den Garten holt.

Eisenhut 

Diese aus den Gebirgsregionen Europas stammende Pflanze dient nicht nur als Heilpflanze, sondern kann auch den gegenteiligen Effekt haben. Sie gilt als die giftigste Pflanze Europas und wurde in der Antike und bis in die Neuzeit genutzt, um sich unliebsamen Mitmenschen zu entledigen. Auch zum Töten von Wölfen wurde sie genutzt, daher der Name Wolfs-Eisenhut. Insbesondere die Wurzelknolle enthält eine Reihe von hochpotenten Alkaloiden, insbesondere Aconitin und Napellin. Wer sich mit den Pflanzenteilen vergiftet, stirbt innerhalb weniger Stunden durch Kreislaufstillstand oder Atemlähmung. Bei der Gartenarbeit sollte man daher immer Handschuhe tragen, wenn man mit Eisenhut hantiert. 

Efeu 

Auch wenn der Efeu entgegen der landläufigen Meinung kein Schmarotzer ist, so handelt es sich doch aus mehrerlei Gründen um eine sehr „intelligente“ Pflanze. Zum einen nutzt der Efeu Bäume als Rankhilfe, um an ihnen hochzuwachsen. Außerdem produziert er Triterpensaponine, um Fressfeinde abzuwehren. Dieser Stoff ist es auch, der den Efeu für den Menschen zur Gefahr macht. Beim Verzehr der Blätter oder der kleinen schwarzen Beeren kann sich schnell Übelkeit, Durchfall oder Fieber einstellen. Schon der Kontakt mit der Pflanze kann zu Hautirritationen führen. 

Engelstrompete/Stechapfel 

Eine Pflanze, die zwar wunderschön ausschaut und deshalb oft den Weg in Gartenkübel findet, aber an der man besser nicht einmal schnuppert: die Engelstrompete, auch Stechapfel genannt. Denn schon die trompetenförmigen Blüten, die in rosa, weiß oder gelborange auftreten, können leichte Vergiftungserscheinungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen hervorrufen. Neben dem Hauptalkaloid Scopolamin finden sich in den Pflanzenteilen (vor allem in der Wurzel und den Samen) noch weitere Alkaloide wie Hyoscyamin und Atropin. Diese Gifte wirken zentralerregend oder -sedierend auf den Kreislauf und das vegetative Nervensystem. Erbrechen, Durchfall, heißer Haut, Gesichtsröte, trockenem Mund, Schluckbeschwerden, Pupillenerweiterung, Sehstörungen, verstärkter Tränenfluss, Herzrhythmusstörungen, Erregung oder auch Sedierung sowie Verwirrung und Halluzinationen können die Folge sein. Nicht selten experimentieren Jugendliche mit der halluzinierenden Wirkung der Pflanze. Dieser Missbrauch ist jedoch nicht zu unterschätzen und kann durch Atemstillstand tödlich enden.

Fingerhut 

Wie der Eisenhut ist auch der Fingerhut sowohl eine Heil- als auch eine Giftpflanze. In der Pharmazie setzt man die Pflanzenwirkstoffe zur Therapie von Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen ein, da sie stärkend auf den Herzmuskel wirken. Zu viel des „Guten“ führt allerdings zum Herzstillstand. Verantwortlich für die tödliche Wirkung des Fingerhuts sind stark giftige Glykoside, darunter Digitoxin, Gitaloxin und Gitoxin. Jede*r Gärtner*in muss für sich selbst entscheiden, ob er*sie diesen eleganten Pflanzen bei sich im Garten eine Heimat schenken will – oder sie lieber an Waldwegen oder Lichtungen aus der Ferne bewundern möchte. Haustiere und Kleinkinder werden es danken.

Goldregen 

Der Kosename „Bohnenbaum“ kommt nicht von ungefähr: Nach der goldgelben Blüte, die von Mai bis Juni andauert, entwickeln sich bohnenartige, etwa sechs bis acht Zentimeter lange Hülsen mit braunen Samen. Diese bohnenartigen Gebilde wirken attraktiv auf Kleinkinder, die sie sich gerne in den Mund stecken. Der Goldregen enthält jedoch viele giftige Alkaloide, vor allem das stark giftige Cytisin. Dieses wirkt zunächst anregend auf das zentrale Nervensystem, nach einiger Zeit jedoch lähmend. Eine Vergiftung löst ein schweres und anhaltendes Erbrechen aus. Dadurch sind die Chancen gut, dass die Vergiftung mit dem Goldregen glimpflich abläuft, ohne dass ein Atemstillstand und somit der Tod eintreten.

Herbstzeitlose 

Wie der Name schon sagt, blühen diese Pflänzchen – anders als die meisten anderen – wie aus der Zeit gefallen, nämlich im Herbst. Sie sehen dem Krokus zwar zum Verwechseln ähnlich, dieser blüht jedoch im Frühjahr, weshalb es hier selten zu Verwechslungen kommen kann. Dann schon eher mit dem Bärlauch. Denn sowohl die Blätter der Herbstzeitlosen als auch die des Bärlauchs wachsen im Frühjahr. Zu finden sind die Herbstzeitlosen meist in Parks auf großen Wiesen oder direkt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Gerade jungen und unerfahrenen Rindern auf Weiden kann der Verzehr dieser giftigen Pflanzen zum Verhängnis werden. Auch wenn Kühe nur eine geringe (und somit ungiftige) Menge von Herbstzeitlosen fressen, kann das Gift über die Milch für Menschen gefährlich werden. Denn die Pflanze enthält mehr als 20 verschiedene Alkaloide, allen voran Colchicin. 

Liguster 

Für Insekten wie Bienen und Schmetterlinge ist Liguster nicht giftig und auch für uns Menschen wirkt er nur in geringem Maße bzw. bei hohem Konsum schädigend. Für Kinder ist erst eine Menge von mehr als fünf Beeren bedenklich. Es kann zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfällen kommen. Gelegentlich zeigen sich Kopfschmerzen, Krampfanfälle, schwere Magen-Darmreizungen und Kreislaufstörungen. Oft hilft die Gabe von Kohle, um die Symptome zu lindern.

Maiglöckchen 

Nicht nur der Name klingt niedlich, sie sind auch recht hübsch anzusehen: Die Rede ist von den Maiglöckchen mit ihren zarten weißen Blütenköpfchen. Aber sie haben es faustdick hinter den Ohren. Ihre Blüten und auch die roten Beeren können durch den Pflanzenstoff Glykosid gefährliche Herzrhythmusstörungen auslösen, während Kinder auf den Verzehr der Blätter wahrscheinlich erstmal nur mit Übelkeit reagieren. Dennoch sollte man auch beim Maiglöckchen Vorsicht walten lassen. 

Riesenbärenklau/Herkulesstaude 

Haben Sie ihn auch schon entdeckt, den Riesenbärenklau? Der Neophyt, der unsere natürliche Vegetation verdrängt, wächst mit Vorliebe entlang von Flüssen oder in der Nähe sonstiger Gewässer – und kann bis zu drei Meter groß werden. Kontakt mit dieser imposanten Pflanze kann durch Stoffe namens Furocumarine zu Hautreizungen und ernsthaften Verbrennungen führen, sobald die betroffene Stelle dem Sonnenlicht ausgesetzt wird. Aus diesem Grund empfehlen Expert*innen als Erste-Hilfe-Maßnahme, sich vor Sonnenlicht zu schützen und die Kontaktzone schnellstmöglich mit Wasser und Seife abzuwaschen. Doch nicht nur für Menschen ist er gefährlich: Auch anderen Pflanzen leiden unter dem Riesenbärenklau, da er sie durch seine großen Blätter und deren schattenspendende Wirkung am Wachsen hindert. 

Thuja/Lebensbaum 

Wenn es um Hecken als Sichtschutz zu den Nachbar*innen geht, steht die Thuja auf der Hitliste ganz oben. Dabei vergessen viele Gartenbesitzer*innen vollkommen, dass diese Pflanze aufgrund der enthaltenden ätherischen Öle aus Monoterpenen giftig ist – und zwar sowohl für Menschen als auch für Haustiere. Schon der Kontakt beim Schneiden der Thujahecke kann Hautreaktionen auslösen. Richtig gefährlich wird es, wenn etwa Kinder Teile der Pflanze aus Neugierde essen. Dann kann es zu Übelkeit, Brechreiz, Darmproblemen, Haut- und Schleimhautreizungen, Krämpfen, Lähmungen bis hin zu Nieren- und Leberschäden kommen. Insbesondere Schwangere sind gefährdet: Thuja kann Fehlgeburten auslösen. 

Tollkirsche 

Im Mittelalter war die Tollkirsche aufgrund ihrer halluzinogenen Wirkung Bestandteil von Hexensalben. Außerdem träufelten Frauen den Saft der Pflanze ins Auge, damit sich die Pupillen vergrößerten, um dem damaligen Schönheitsideal näher zu kommen. Daher stammt auch die Bezeichnung „Bella donna“ für die Tollkirsche. Auch heute noch experimentieren manche Menschen mit Pflanzenteilen. Das sollte man lieber lassen, denn es besteht die Gefahr einer Überdosierung, die von einer Vergiftung bis hin zur Atemlähmung und dem Tod führen können. Die Tollkirsche enthält sehr giftige Alkaloide wie das L-Hyoscyamin, Atropin und Scopolamin.

Erste-Hilfe-Maßnahmen

Was tun, wenn ein Kind beim Spielen und Erforschen mit einem der oben genannten Giftpflanzen in Kontakt gekommen ist? Zunächst sollten Sie dem Kind Flüssigkeit in Form von Wasser, Tee oder Saft geben, um durch das „Verwässern“ die Giftwirkung zu lindern. Auf keinen Fall sollte die betroffene Person Milch zu sich nehmen, da dadurch die Aufnahme von fettlöslichen Giftstoffen im Körper sogar noch beschleunigt werden kann. Am besten ist es, sich umgehend Rat bei Expert*innen einzuholen. Giftnotruf-Zentralen gibt es in allen Bundesländern. Meist gehören Sie zu den Universitätskliniken. Telefonischen Rat bei Giftunfällen oder dem Verdacht auf eine Vergiftung erhalten Sie hier rund um die Uhr. Seit 2013 gibt es die App „Vergiftungsunfälle bei Kindern“ des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Auch diese verspricht im Ernstfall Unterstützung. Denken Sie trotz aller Hektik daran, Beeren oder andere Pflanzenteile einzupacken, wenn Sie mit dem Kind in die Notaufnahme fahren. So kann das Gift zweifelsfrei einer Pflanze zugeordnet werden und die Behandlung ist effektiver. 

Im zweiten Teil geht es um giftige Pilze.

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Autor

Nadine Elbert

Seit August 2019 schreibt Nadine Elbert hier im Wechsel über Themen aus den Bereichen Ausbildung, Studium und Beruf – und schöpft dabei auch aus ihrem reichhaltigen persönlichen Erfahrungsschatz.