Pflegevorbild Dänemark – Altwerden muss man sich leisten können

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Wer in Deutschland pflegebedürftig wird, darf nicht arm sein. Ansonsten müssen die Kinder für das Seniorenheim zahlen. Zumindest den Anteil, den die Rente nicht abdeckt – und das kann ein ordentlicher Batzen sein. Warum das gleich doppelt ungerecht ist und wieso Dänemark ein Vorbild sein kann, erfahren Sie in folgendem Beitrag.

Man zahlt das ganze Berufsleben lang Rentenbeiträge ein und zieht nebenbei zwei Kinder groß. In der Regel arbeiten Mütter, manchmal auch Väter, in Teilzeit. Sie können also weniger in die Rentenkasse einzahlen und bekommen folglich später weniger Geld. Viele Jahre stecken vor allem Frauen beruflich zurück. Mama und Papa unterstützen ihren Nachwuchs selbstverständlich, wo es nur geht – auch finanziell. Wenn die Rente für das Pflegeheim dann später nicht ausreicht, werden Ihre Nachkommen schließlich zur Kasse gebeten.

Altenpflege – ein ziemlich junger Beruf

Will man verstehen, warum die Kranken- und Altenpflege auch heute noch nicht den Stellenwert hat, den sie verdient, muss man zumindest einen kurzen Blick auf die Geschichte des Berufes werfen. Die Ausbildung zum Altenpfleger gibt es erst seit den 1950er Jahren – sie ist also vergleichsweise jung. Damals wurden die Menschen fast ausschließlich zu Hause betreut – fast immer von Frauen. Die bekamen natürlich keinen Lohn für ihre Arbeit. Oder es gab Heime, die von Nonnen geführt wurden, die auch kein Geld für Ihre Leistung erhielten. Die Pflege war also lange Zeit ein Akt der Nächstenliebe und kein Beruf, mit dem man seinen Lebensunterhalt bestreitet.

Kostendruck und Personalmangel – auf der Suche nach Lösungen

Seit den 1990er Jahren gibt es immer mehr Privatunternehmen, die die Altenpflege übernehmen. Da die Pflegesätze festgelegt und nicht gerade üppig sind, können sich stationäre Einrichtungen und ambulante Pflegedienste nur über Wasser halten, wenn sie sparen – auch an den Altenpflegern. Das heißt: Mehr Arbeit für gleiches oder weniger Geld. Das schreckt sicher viele junge Leute ab diesen Beruf zu ergreifen. Die Folge: ein Fachkräftemangel. Die Politik bemüht sich, auch auf gesellschaftlichen Druck hin, um Lösungen. Momentan beißt sich allerdings die Katze in den Schwanz: Mit dem Sofortprogramm sollen mehr Pflegekräfte eingesetzt werden, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Nur – woher die qualifizierten Kräfte plötzlich nehmen, wenn es viel zu wenige gibt?

Dänemark ist ein gutes Beispiel, wie Pflege für alle funktionieren kann. Dort gibt es weder einen Mangel an Pflegekräften, noch müssen die Kinder von Bewohnern für die Kosten des Seniorenheims aufkommen.

So machen das die Dänen:

  • Pflegekräfte sind in Dänemark gesellschaftlich angesehen und verdienen gut.
  • Ab dem 75. Lebensjahr hat jeder einen Anspruch auf präventive Hausbesuche – auch wenn er nicht pflegebedürftig ist. Diese sind für die Senioren immer kostenfrei.
  • Altenpfleger und Pflegehelfer werden über Steuergelder finanziert und sind Aufgabe der Kommunen. Auch die Seniorenheime gehören der Gemeinschaft.
  • Von der Grundrente, die es in Dänemark gibt, kann fast jeder das Seniorenheim bezahlen. Sollte sie nicht ausreichen, legt der Staat den Rest drauf.
  • Die Menschen bleiben länger zu Hause – Pflegekräfte kümmern sich um alles Notwendige. Wenn es sein muss, auch acht Mal am Tag.

Mit diesem Konzept müssen die Dänen zwar viel in die ambulante Betreuung zu Hause investieren, brauchen aber nicht so viele Pflegeheime – das wiederrum spart Geld. Im Beitrag „Sozialstaat Dänemark – Wo Pflegenotstand ein Fremdwort ist“ auf deutschlandfunkkultur.de sagt Professorin Tine Rostgaard: „Die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sind das wichtigste. In Skandinavien haben wir eine großzügigere Altenpflege. Sie wird vom Staat finanziert und wir geben dafür richtig viel Geld aus. Denn wir wissen, dass das der Familie hilft, zum Beispiel können die Frauen so auf dem Arbeitsmarkt bleiben.“

Sieht ganz so aus, als würde hier wirklich der Mensch im Mittelpunkt stehen – die Pflegebedürftigen, die Pflegekräfte und die Angehörigen.

Autor

Tanja Höfling

Von Juli 2017 bis Juli 2022 informierte die ehemalige Online-Redakteurin des Euro Akademie Magazins regelmäßig über Aktuelles und Wissenswertes zu den Themen Ausbildung, Studium und Beruf.