Aromaöle – Inspirationen für den zweiten Sinn

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Sie haben kürzlich „einen ganz duften Typ“ kennengelernt? Ihre neue Arbeitskollegin können Sie „einfach nicht riechen“? Sie haben vielleicht eh grundsätzlich „die Schnauze voll“ von Ihrem Job, es „stinkt“ Ihnen so richtig? In unserem Sprachgebrauch verwenden wir viele Metaphern, die mit Schmecken und Riechen zu tun haben. Unser Riechorgan, gemeinhin auch „Nase“ genannt, ist zuständig für die sogenannte olfaktorische Wahrnehmung – also das Erfassen von Gerüchen. Wie können wir Düfte in Form von Aromaölen für unser Wohlbefinden nutzen?

Von all unseren Sinnen ist der Geruchssinn der komplexeste. Fast 400 Geruchsrezeptoren und 10 Millionen Riechzellen sorgen beim Menschen dafür, dass uns Sonnenmilch in den letzten Strandurlaub, Kakaogeschmack in die Kindheit oder der Duft von „4711 – Echt Kölnisch Wasser“ in die Wohnung der strengen Klavierlehrerin zurückversetzt. In der Aromatherapie macht man sich diesen Umstand zunutze und setzt Düfte gezielt ein, um heilende Effekte auf den Körper zu erzielen.

Aromaöl von glücklichen Lemongräsern

Wie ich hier so gerade beim Verfassen dieses Textes sitze, umhüllt mich ein Hauch „Berliner Luft“ – dabei meine ich nicht den Duft von Autoabgasen, politischer Macht und Tourist*innen aus aller Welt. Nein, hier bei mir im Büro duftet es nach Vanille und Grapefruit. Die süße und weiche Note der Vanille wirkt erheiternd und ausgleichend, das frisch-spritzige Aroma der Grapefruit fördert meine Konzentration und sorgt für gute Laune. Mit Aromaölen kann man sich die Düfte der Welt in die eigenen vier Wände holen. Meistens riechen die – anders als der Name meines Duftes es glauben lässt – allerdings nicht nach Großstadt, sondern nach Natur.

Tatsächlich kommen die Ingredienzen von beschaulichen Orten aus aller Welt. Sicher haben Sie schon einmal – wenn nicht live und in lila Farbe, dann zumindest auf Fotos – die Lavendelfelder der Provence bewundert. Das türkische Taurusgebirge ist weltweit als Zentrum des ökologischen Rosenanbaus bekannt. In Buthan wird das wildwachsende Lemongras gepflückt, weiterverarbeitet und in alle Welt verschickt. Somit schwappt der friedvolle Geist des buddhistischen „Glückslands“, in dem nicht das Bruttosozialprodukt, sondern das „Bruttonationalglück“ oberstes Regierungsziel ist, eventuell auf die westliche Welt über – wer weiß? Neben glücklichen Landwirt*innen sind noch andere Faktoren für die Qualität der Aromaöle verantwortlich: Klima, Bodenbeschaffenheit, Anbaumethode, Pflanzenqualität. Außerdem müssen die Pflanzen zum Zeitpunkt des höchsten Wirkstoffgehalts geerntet werden – das kann durchaus auch mal morgens vor Sonnenaufgang sein, wenn die Rosenblüten noch geschlossen sind.

Gegen jedes Wehwehchen ist ein Kraut gewachsen

Insbesondere im Berufsfeld Gesundheit & Pflege finden Aromaöle Anwendung. Physiotherapeut*innen setzen beispielsweise Immortellenwasser oder Arnikagelee bei leichten Prellungen und Muskelkater ein. Pflegefachleute können bei bettlägerigen Patient*innen mit Rosmarinpräparaten einem Dekubitus vorbeugen. Durch die aktivierende Wirkung des Mittelmeergewächses steigt die Anspannung der Muskulatur und der Kreislauf wird angeregt. So lässt sich der kranke Körper im Anschluss besonders gut mobilisieren. Der Aromaöl-Hersteller Primavera aus dem Allgäu hat eine spezielle Duftmischung namens „Wegbegleitungsöl“ entwickelt, das Sterbenden die Angst vor dem Tod nehmen und ihnen im Sterbeprozess Zuversicht geben soll. Die beruhigende Wirkung von Lavendel kann man auch als Einschlafhilfe nutzen. Gerade Kindern, die gerade noch wild rumgewuselt sind, hilft eine Fußmassage mit diesem Öl dabei, zur Ruhe zu kommen. Es sei noch ein anderes der unzähligen Einsatzgebiete von Aromaölen genannt: Zitrusdüfte wie Orange, Grapefruit und Zitrone fördern die Konzentration und erleichtern so das Lernen.

Einige Duftwirkungen in der Übersicht

  • Lavendel: wirkt entspannend
  • Zitrusfrüchte wie Grapefruit oder Zitrone: sind konzentrationsfördernd
  • Mandarine, Orange, Frangipani (aus der Karibik, Süd- und Mittelamerika): erheitern und hellen die Stimmung auf
  • Rose, Vanille, Sandelholz: spenden Geborgenheit
  • Douglasfichte, Salbei, Weißtanne, Zirbel: wirken befreiend, sind gut für die Atemwege, ersetzen den Waldspaziergang

Stimmungsmacher und Motivatoren in allen Varianten

Die Nutzung der Aromastoffe beschränkt sich nicht auf Öllampen und Raumsprays. Man kann die ätherischen Öle auch in der Kosmetik nutzen, indem man Gesichtsöle, Gesichtswasser, Gesichtsmasken damit anreichert. Nach einem eisigen Winterspaziergang wärmt ein heißes Aromabad, bei Prellungen helfen Aromakompressen oder -wickel. Für unterwegs eignet sich ein Roll-on-Stift für die Schläfen, im Büro versprühe ich gerne mal ein Aromaspray. Nicht zuletzt lassen sich Aromaöle sogar in der Küche verwenden: zum Würzen, wenn beispielsweise im Winter frische Kräuter gerade aus sind.

Während die meisten der in diesem Artikel angesprochenen Düfte uneingeschränkt positive Rückmeldungen auslösen, hat sich der Hamburger Radiosender N-Joy, ein Hörfunkprogramm des Norddeutschen Rundfunks, Gedanken darüber gemacht, welche Gerüche wir zwar irgendwie mögen, es aber nie öffentlich zugeben würden. Gehen Sie doch mal die Liste durch und finden Sie heraus, welcher Ihr heimlicher Favorit ist. Und dann: Nehmen Sie eine Nase!

Lesetipps zum Thema Aromaöle, Riechen – und Nicht-Riechen:


Walter Kohl: „Wie riecht Leben? Bericht aus einer Welt ohne Gerüche“ (Zsolnay) / ISBN-13: 9783552054752

Maria M. Kettenring: „Hausapotheke ätherische Öle“ (Joy-Verlag) / ISBN-13: 9783928554862

Robert Müller-Grünow u.a.: „Die geheime Macht der Düfte: Warum wir unserem Geruchssinn mehr vertrauen sollten“ (Edel Germany GmbH) / ISBN-13: 9783841906014

Autor

Nadine Elbert

Seit August 2019 schreibt Nadine Elbert hier im Wechsel über Themen aus den Bereichen Ausbildung, Studium und Beruf – und schöpft dabei auch aus ihrem reichhaltigen persönlichen Erfahrungsschatz.