Forderung nach Rechtsanspruch auf Pflegeplatz wird laut

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Der Pflegesektor befindet sich in einer schwierigen Lage. Immer mehr Menschen werden pflegebedürftig, zugleich sinkt seit Jahren die Anzahl der Pflegekräfte. Zusätzlich stagnieren die Kapazitäten vieler Pflegeeinrichtungen. Nun wird die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf einen Pflegeheimplatz laut.

Der Arbeitsgeberverband Pflege fordert einen verbindlichen Rechtsanspruch für Pflegeplätze. Mit der Schaffung eines solchen Anspruchs würde man den Druck auf die Politik erhöhen, weitreichende Reformen und Investitionen im Pflegesektor umzusetzen, so der Verband. Der Verband kritisiert, dass das bisherige Handeln der Politik nicht den in der Realität nötigen Maßnahmen entspricht, um dem Mangel an Fachkräften in der Pflege und den mangelnden Pflegeplätzen erfolgreich entgegenzuwirken.

„Ein Rechtsanspruch auf einen Pflegeheimplatz würde den politischen Druck erhöhen, die enormen Herausforderungen in der Altenpflege beherzt anzupacken, statt sie zu ignorieren und abzumoderieren, wie dies im Moment geschieht“, sagte Verbandspräsident Thomas Greiner der „Rheinischen Post“.

Als Vorlage nannte Grander den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Hier werde sichergestellt, dass ausreichend Kapazitäten für die Betreuung der Kinder geschaffen wird, trotz Fachkräftemangel. Ein ähnliches Konzept sieht er für den Pflegebereich vor.

Gründe für den „Pflegenotstand“ vielschichtig

Die aktuellen Probleme im Pflegesektor sind vielseitig und lassen sich nicht auf einzelne Faktoren eingrenzen. Eine Kombination von verfehlter Sozialpolitik im Pflegebereich und dem demografischen Wandel sorgen zusammen für eine schwierige Lage. Untersucht man den Markt und betreibt Ursachenforschung, so lassen sich folgende Faktoren maßgeblich für die schlechte Situation verantwortlich machen:

  • Personalmangel/Fachkräftemangel
  • zu wenig Investitionen und Reformen
  • steigende Kosten für Pflegeeinrichtungen und mögliche Insolvenzen
  • sinkende Zahl an Auszubildender im Pflegeberuf
  • schlechte Bezahlung und Wertschätzung

Ausbildung als Knackpunkt für Verbesserung der Situation

Die aktuellen Ergebnisse des Pflegepanels sind eindeutig: Immer weniger Menschen beginnen eine Ausbildung für einen Pflegeberuf. Im vergangenen Jahr wurden in der Pflege mehr Ausbildungs- und Studienplätze angeboten als tatsächlich besetzt werden konnten. Unter den mehr als 5.000 interviewten Krankenhäusern und Pflegediensten hatten nur knapp ein Viertel (27,4 Prozent) ihre Kapazitäten voll ausgeschöpft. Besonders ärgerten sich die meisten Ausbildungsträger darüber, dass es bei den Bewerber*innen eine zu geringe Eignung gab und es viele sehr kurzfristige Absagen vor Ausbildungsbeginn gab. Untermauert wird diese Umfrage von den Daten des Statistischen Bundesamtes. In fast allen Bundesländern sank die Anzahl an Auszubildenden in der Pflege, mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz. Hier lag jedoch im Vorjahr eine Untererfassung vor, weshalb die Zahlen deutlich zu hoch angegeben wurden.

Statistisches Bundesamt

Lichtblick bei der hochschulischen Pflegeausbildung

Auch im hochschulischen Angebot überstieg das Angebot die Nachfrage und folglich blieben viele Studienplätze unbesetzt. Im Jahr 2022 gab es insgesamt 2.122 Studienplätze. Immatrikuliert waren lediglich 1.217 Studierende. Allerdings gibt es einen Lichtblick: Die Zahl der Erstimmatrikulationen pro Jahr in primärqualifizierenden Studienangeboten von 2019 bis 2022 ist kontinuierlich angestiegen.

Pflegereform von Lauterbach umgesetzt – Kritik von Pflegeverbänden

Karl Lauterbach hat noch vor der Sommerpause des Bundestags seine Pflegereform im Parlament eingebracht. Die Reform sieht unter anderem vor:

  • Entlastung von Pflegekräften
  • Entgegenwirken des Fachkräftemangels durch attraktivere Bedingungen
  • Ausbildung soll gefördert werden
  • mehr Geld für Pflegekräfte
  • Erhöhung des Pflegebeitrags seit 1. Juli 2023 um 0,35 Prozent
  • ab 2024 soll das Pflegegeld für Pflegebedürftige daheim um 5 Prozent steigen

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, hält die Pläne für unzureichend. ”Die Pflegereform ist halbgar”, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Er kritisiert, dass Zuzahlungen in Höhe von 2.000 Euro vorgesehen sind, allerdings liege das Durchschnittseinkommen der zu Pflegenden meist nur um die 1700 Euro. Somit würde sich eine Finanzierungslücke zu Lasten der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen ergeben, was zu merklichen Mehrbelastungen führt.

Pflegeberuf attraktiver gestalten und wertschätzen: Mindestlöhne in der Pflege sollen steigen

Eine von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für die Pflege eingesetzte Kommission empfiehlt die Anhebung des Mindestlohns für Pflegekräfte. Heil deutete bereits an, dass er der Empfehlung folgen wird und diese per Verordnung umsetzen will. Der Pflegekommission gehören Vertreterinnen und Vertreter von privaten, frei-gemeinnützigen sowie kirchlichen Pflegeeinrichtungen an.

Folgende Lohnerhöhungen sind laut Empfehlung bis zum 1. Juli 2025 stufenweise vorgesehen:

  1. Pflegefachkräfte auf 20,50 Euro pro Stunde
  2. Qualifizierte Pflegehilfskräfte auf 17,35 Euro pro Stunde
  3. Pflegehilfskräfte ohne eine mindestens einjährige qualifizierte Ausbildung auf 16,10 Euro pro Stunde

Für Beschäftigte in der Altenpflege empfiehlt die Pflegekommission zudem den Anspruch auf zusätzlich bezahlte Urlaubstage über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinaus. Bei einer 5-Tage-Woche würde dies insgesamt 29 Tagen Urlaub pro Kalenderjahr entsprechen.

Du möchtest in der Pflege mit anpacken und anderen helfen? – Entscheide dich für den Pflegeberuf!

Der Pflegeberuf ist systemrelevant und zukunftssicher. Pflegeberufe sind unerlässlich und aufgrund des Fachkräftemangels in der Branche ergeben sich sichere Zukunftsaussichten. Als Pflegekraft wird man zurzeit und in Zukunft überall händeringend gesucht und kann sich den Arbeitgeber quasi aussuchen. Man kann anderen Menschen helfen und etwas Gutes für die Gesellschaft leisten.

Da der Beruf sowohl körperliche Fitness als auch soziale Kompetenzen voraussetzt, wird er auch trotz des technologischen Fortschritts auf unabsehbare Zeit von Menschen ausgeführt werden. Die Gefahr, von einer Maschine ersetzt zu werden, ist deshalb gering. Das gilt für die Ausbildung Pflegefachmann*frau sowie Pflegefachassistent*in und Pflegehelfer*in.

Quelle Beitragsbild: Shutterstock/Halfpoint
Quellen Statistiken: Statistisches Bundesamt, Pflegepanel, Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Autor

Stefan Ruhl

Bildung gehört zu den wichtigsten Errungenschaften unserer Gesellschaft. Ohne sie würden wir noch in Höhlen sitzen und Feuer als Magie betrachten. Deshalb schreibe ich unter anderem über die Themen Bildung, Ausbildung und Lehre.