Jeder will lernen!

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„Jetzt beginnt der Ernst des Lebens!“ – erinnern Sie sich noch an diesen Satz, als sie sich gerade auf der Schwelle zur Schule befanden? Schule scheint immer verbunden zu sein mit einem „Muss“. Wir „müssen“ das und jenes lernen, wir müssen in die Schule gehen und der Lehrer ist derjenige, der den Schüler kontrolliert, denn tendenziell neigt der Schüler dazu, sich aus der Affäre zu ziehen: zu schwänzen, abzuschreiben, die Hausaufgaben nicht zu erledigen und die Arbeit des Lehrers mit Lügen zu strafen.

Mir scheint das manchmal zu einer self profiling prophecy zu werden: Der Lehrer begegnet dem Schüler mit der Vorstellung, dass ein Widerstand überwunden werden muss, dass der Schüler seinen inneren Schweinehund überlisten muss, um mit dem Lernen zu beginnen und neugierig auf das Leben und seine Herausforderungen zu werden. Und der Schüler spielt das Spiel mit, verhält sich so, wie der Lehrer es von ihm erwartet. (Da ist der Schüler mal ganz brav!).

Doch: Schauen Sie sich mal die Freude der Erstklässler an, wenn sie in die Schule kommen! Oder auch die älteren Schüler nach den Sommerferien: einige freuen sich wirklich, andere wollen es nicht so recht zugeben, denn wer gibt schon zu, dass er gerne in die Schule geht? Wo bleiben sie? Insgeheim wissen wir um die Freude des Lernens  – doch allzu oft wird sie vom Schulalltag vermasselt.

Warum gelingt es uns nicht, die Freude vom ersten Tag zu halten? Warum wird Misstrauen zwischen Lehrern und Schülern täglich gesät und treibt im Laufe eines Schulhalbjahres mehr und mehr Blüten?

Das Misstrauen der Lehrer gehört abgeschafft. Und das Vertrauen zwischen Lehrern und Schülern gestärkt: Denn jeder will lernen! Fragen Sie mal die Journalisten. Sie wären vollkommen arbeitslos, wenn jeder von uns nicht so neugierig wäre. Jeder will wissen, jeder stellt Fragen über Fragen. Das gehört zum Menschsein dazu. Als Dozentin empfinde ich es als meine Aufgabe, die Lust zu kultivieren und die Studierenden bei ihren Fragen zu begleiten – damit sie nicht aufhören zu fragen!

Autor

Barbara Tauber

Barbara Tauber, ehemalige Dozentin an der Euro Akademie Berlin, betreute bis August 2017 das Projekt "Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas" federführend. Sie engagiert sich für eine neue Lernkultur: Schüler gestalten aktiv und eigenverantwortlich ihren Lernprozess, Dozenten werden zu Coachs, die diesen Lernprozess unterstützen und begleiten. In diesem Blog schildert sie Erfahrungen aus ihrem pädagogischen Alltag.