Die Corona-Pandemie hat fast ein Viertel der Beschäftigten ins Homeoffice geführt – und viele haben Gefallen an der Heimarbeit gefunden. Sollte es da in Zukunft nicht einfacher sein, auch mal ein paar Tage, Wochen oder Monate mobil zu arbeiten? Ja, meint Arbeitsminister Hubertus Heil und will das Recht auf 24 Homeoffice-Tage pro Jahr gesetzlich verankern. Doch es gibt natürlich auch Gegenstimmen. Auch unsere Redakteurinnen haben ihren Arbeitsplatz im Frühjahr ins heimische Arbeitszimmer verlegt. Ob das zum Dauerzustand werden soll, wurde im Redaktionschat ausgiebig diskutiert.
Anna: Ich bin froh, dass ich wieder im Büro arbeiten kann. Zu Hause ist es mir schwergefallen, Arbeit und Freizeit abzugrenzen. Und meine Kolleg*innen habe ich auch ganz doll vermisst. Während der Pandemie ist es natürlich wichtig, die Kontakte zu reduzieren. Sonst ist mir die gemeinsame Mittagpause und der kleine Plausch an der Kaffeemaschine aber wichtig – das gehört doch auch zur Arbeit dazu!
Kadda: Allerdings gibt es immer mal Situationen, wo es extrem hilfreich ist, wenn man von zu Hause aus direkt loslegen kann. Endet ein privater Termin im Wohnort kurz vor Arbeitsbeginn, lässt sich auf diese Weise die Anfahrtszeit zum Job sparen und man muss nicht zusätzlich eine Stunde nacharbeiten. Gerade mit Kindern, die einfach auch mal einen langsamen oder müden Tag haben, dauert die Morgenroutine manchmal länger. Man kann nicht alles immer haargenau planen. Und in solchen Situationen ist das Homeoffice als Ausweichmöglichkeit Gold wert.
Nadine: Aus diesem Grund halte ich die Idee von Herrn Heil sinnvoll, Homeoffice-Optionen nicht nur auf die Pandemie-Zeit zu beschränken. Arbeitgeber, die ihren Mitarbeiter*innen die Möglichkeit zu mobilem Arbeiten geben, verhalten sich einfach zeitgemäßer und zeigen Vertrauen gegenüber ihren Mitarbeitenden. Das wird von der Belegschaft durch gesteigerte Motivation belohnt. Wer sagt denn überhaupt, dass außerhalb des Büros weniger gearbeitet wird?
Anna: Ich muss sogar sagen, dass ich im Homeoffice tendenziell mehr arbeite. Aber das finde ich nicht unbedingt gut 😉
Tanja: Da muss ich dir Recht geben, Anna – zu Hause sitze ich früher vorm Bildschirm und mache trotzdem nicht eher Feierabend. Ich finde das Arbeiten von verschiedenen Orten im digitalen Zeitalter, in dem wir nun mal leben, absolut zeitgemäß. Flexibilität taucht in jeder Stellenbeschreibung auf. Mir fallen nur wenige Gründe ein, warum das Arbeiten zu Hause nicht mehr in den Arbeitsalltag integriert werden sollte. Damit könnten wir außerdem einen ökologischen Beitrag leisten, weil nicht jeder mit dem Auto oder anderen Verkehrsmitteln täglich zur Arbeit fahren muss. Familien wären entspannter in ihrer Tagesplanung und in Zeiten der Pandemie wird das Ansteckungsrisiko gesenkt.
Kann Homeoffice fair sein?
Anna: Aber findet ihr das nicht unfair? Es kann ja nicht jeder von zu Hause aus arbeiten. Pflegekräfte, Erzieher*innen, Kaufleute im Einzelhandel, … Die müssen alle trotzdem kommen und wir sitzen gemütlich daheim.
Kadda: Naja, aber es gibt eben verschiedene Jobs mit verschiedenen Anforderungen. Der IT-ler von nebenan verdient auch wesentlich mehr als ich. Dazu kann ich auch nicht sagen, dass es unfair ist. Zumindest bringt mir die Aussage nichts. Klar ist das Thema “Zuhause Bleiben” während einer Pandemie nochmal was anderes, aber gerade da sollten doch möglichst wenige Leute raus zum Arbeiten. Ich habe größten Respekt vor allen Pfleger*innen, Verkäufer*innen usw., denen die Möglichkeit zum Homeoffice fehlt, d.h. aber nicht, dass ich deswegen aus Solidarität unbedingt ins Büro muss.
Tanja: Sind wir nicht sogar solidarischer, wenn wir möglichst viel zu Hause bleiben, weil es dann sicher weniger Infizierte gibt, die Krankenhäuser nicht so voll sind und die Pflegekräfte entspannter arbeiten können?
Nadine: Eben – weniger Kontakte bedeutet weniger Risiko, sich oder andere anzustecken. Wenn wir uns schon vernünftigerweise bei den privaten Treffen freiwillig einschränken, wieso kann uns dann unser Chef oder unsere Vorgesetzte dazu zwingen, sämtliche Empfehlungen zum “Social Distancing” zu missachten? Das ist nicht mein Verständnis von Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitnehmer*innen.
Anna: Ich glaube, viele Chef*innen haben einfach Angst, die “Kontrolle” über ihre Mitarbeitenden zu verlieren. Theoretisch könnte man ja auch den ganzen Tag Däumchen drehen und nichts arbeiten. Aber nach einiger Zeit würde das auch auffallen 😀
Kadda: Ich denke sogar, unerledigte Aufträge würden sehr schnell auffallen.
Kontakte reduzieren, auch im Beruf
Tanja: Ich glaube, dass die meisten das Vertrauen nicht ausnutzen. Gib jemandem Verantwortung und er wird auch verantwortlich handeln. Das ist meine Meinung dazu. Schwarze Schafe gibt es immer, die werden sich aber auch im Büro vor der Arbeit drücken.
Kadda: Damit das Konzept von Homeoffice von diesen schwarzen Schafen nicht (zu sehr) ausgenutzt wird, gibt es ja dann die Beschränkung von 24 Tagen, so wie Hubertus Heil das vorschlägt. Eine Begrenzung halte ich auch für sinnvoll. Wenn die Leute, die eng zusammenarbeiten sollen, sich nie begegnen, führt das irgendwann zu Problemen, weil ein Sachverhalt vielleicht nicht vollständig geklärt werden kann – so wie es von Angesicht zu Angesicht möglich wäre. Oder weil die persönliche Beziehung und damit das Vertrauen zueinander verloren geht.
Tanja: Das denke ich auch. Persönliche Kontakte sind total wichtig, gerade auch bei der Arbeit. Kurz mal zum Kollegen rüber, um über den neuen Auftrag zu sprechen oder mit der Kollegin die Mittagspause verbringen, um einfach mal über Privates zu schnacken. Das gehört für mich absolut dazu. Ich würde meine Kolleg*innen auch viel zu sehr vermissen, wenn ich nicht mehr ins Büro kommen dürfte. Momentan geht aber die Sicherheit vor, dass wir gut und mit möglichst wenigen Schwerkranken und Toten aus der Pandemie kommen. Klar, halten wir uns alle an die AHAL-Regeln, aber reichen die aus, um eine Infektion im Ernstfall zu vermeiden?
Nadine: In der Vorlage des Bundes für die Verhandlungen von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsident*innen am heutigen Mittwoch heißt es: „Wichtigste Maßnahme in der kommenden Zeit wird es sein, Abstand zu halten und Kontakte zu verringern. Die Bürgerinnen und Bürger werden angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.” Das bedeutet für mich doch: Lasst diejenigen, bei denen es gut möglich ist, von zu Hause arbeiten! Nur so können wir es schaffen, diese Pandemie endlich in den Griff zu kriegen.
Anna: Da habt ihr (und Frau Merkel) natürlich recht. In der aktuellen Situation muss jede*r seinen Teil beitragen – und für manche bedeutet das eben einfach, zu Hause zu bleiben. Mit den Kolleg*innen bei einem Kaffee plauschen kann ich auch virtuell 😊
Bildquelle Beitragsbild: © simona pilolla 2 /shutterstock.com
kommentieren