Schlechte Laune? Mies drauf muss auch mal drin sein!

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Schlechte Laune hat jeder einmal. Das ist okay und völlig menschlich. Sie dürfen das sogar mal zeigen, denn miese Stimmung hat auch ihren Grund.

„Tipps gegen den Morgenmuffel“, „Endlich wieder gut aufgelegt“, „Keine Chance der miesen Stimmung“ – wenn Sie im Internet den Begriff schlechte Laune suchen, stoßen Sie auf unzählige Ratgeber. Jeder hält den passenden Kniff bereit, damit Sie wieder strahlen und vor Charme sprühen können. Das Problem: Ihnen ist eben nicht danach. Schließlich haben Sie ja schlechte Laune. Wer herausfinden will, weshalb er an diesem Tag kein wandelndes Grinsebäckchen ist, muss sich schon etwas mehr bei der Recherche anstrengen.

Schlechte Laune nicht ignorieren

Eigentlich ist das merkwürdig. Suchen Sie hingegen nach Schmerzen, die wie die Stimmung ein Signal des Körpers sind, finden Sie viele Hinweise auf dahintersteckende Krankheiten. Und die schlimmsten stehen grundsätzlich mit auf der Liste. Ihr Finger brennt? Sicher haben Sie Krebs. Eine Rötung am linken Oberschenkel? Lassen Sie sich besser auf Aids testen. Wenn Ihre Kopfhaut juckt, ist die Chance eines Hirntumors groß.

Zwar neigen diese Ergebnisse zum Schwarzmalen und hier und da wird für eine längere Verweildauer auf der Homepage auch übertrieben, doch zumindest steht die Ursache des Schmerzes im Mittelpunkt. Kein Ratgeber schlägt bei Beschwerden im Rücken vor, dass Sie einfach ein paar Tage so tun sollten, als wäre alles in Ordnung, bis Sie das Gefühl nicht mehr wahrnehmen.

Und warum funktioniert das so nicht auch bei mieser Laune? Da heißt es, man solle sich gleich morgens im Spiegel entgegenlächeln, damit sich das Gemüt wieder aufhellt. Singen Sie bei Ihrem Lieblingslied mit, tanzen Sie durch die Wohnung, passen Sie sich an die Sie umgebende Zahnpastagesellschaft an und – um Himmels Willen – zeigen Sie bloß niemandem, dass etwas nicht stimmen könnte. Doch genau das ist der Fall.

Auf Ursachenforschung

Natürlich ist ein Grummel kein schöner Anblick und für ihn gibt es sicher auch bessere Tage, aber nicht jedes Stimmungstief muss sofort radikal bekämpft werden. Extrem schlechte Laune ist ein Signal – wie Schmerzen. Der Körper will Ihnen etwas mitteilen. Nicht unbedingt eine Krankheit oder den bevorstehenden Tod, doch zumindest, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Sie müssen deshalb nicht Ihr ganzes Leben analysieren, um herauszufinden, was schiefgelaufen ist, dass Sie nun in dieses Loch fallen. Häufig sind Sie im Stimmungstief, weil Sie einfach mal eine Pause brauchen. Täglich strömt Input auf Sie ein. Sie sitzen an einem Projekt, im Hintergrund ist Lärm, Ihr Handy klingelt, Ihr Kollege möchte einen neuen Auftrag absprechen und ein Freund heult sich bei Ihnen aus. Vielleicht benötigen Sie nur eine Auszeit.

Grenzen der eigenen Belastbarkeit erkennen

Ihr Körper teilt Ihnen dadurch mit, dass auch Sie Grenzen haben. Niemand kann andauernd 100 Prozent leisten. Weder im Beruf, noch privat. Denn obwohl uns das von verschiedenen Marketing-Experten häufig eingeredet wird, sind wir keine Superhelden, die eine fehlende Balance oder sogar eine Krankheit mit positivem Denken überwinden können.

Deshalb schlägt beständiger Stress und Druck ebenso aufs Gemüt wie eine lange Partynacht mit viel Alkohol. Fahren Sie daher einen Gang runter. Wenn Sie Ihren Bedarf nach etwas Entschleunigung ignorieren, kann es nämlich sein, dass Sie die Folgen nicht nur psychisch, sondern letztlich auch physisch spüren. Da ist es doch besser, der Realität gleich ins Auge zu blicken, als erst dann, wenn Sie schon am Boden liegen.

Schotten dicht und durchatmen

Schließen Sie Ihre Tür, arbeiten Sie alleine und vertrösten Sie andere auf morgen, weil Sie heute nicht gut drauf sind. Dafür haben die meisten Menschen Verständnis. Erstens kennt jeder dieses Gefühl, zweitens hat keiner Lust, sich von Ihnen anblaffen zu lassen.

In Ihrem stillen Kämmerlein können sich Ihre Gedanken ordnen und das eigentliche Problem kristallisiert sich ganz alleine heraus. Sie nehmen allmählich Ihre Umgebung wieder rational und vor allem realistisch wahr. Es hilft zusätzlich, wenn Sie die Gefühle für sich selbst in Worte fassen. Versuchen Sie beispielsweise den Satz „Ich fühle mich mies, weil …“ zu vervollständigen.

Ob der Grund nun zu wenig Schlaf, Anerkennung oder Zuneigung ist oder ob Sie ein misslungener Auftrag bedrückt – wissen Sie erst einmal, was dahintersteckt, fühlen Sie sich bereits automatisch ein wenig besser. Ihr momentanes Dasein als Griesgramschlumpf ist kein Mysterium mehr, sondern kann benannt werden. Dadurch ist es Ihnen möglich, den nächsten Schritt anzugehen, sobald Sie dafür bereit sind: Sie können über eine Lösung nachdenken – oder noch ein wenig in Ihrer Missstimmung zu schwelgen. Denn manchmal ist das alles, was nötig ist, um über ein Ärgernis hinwegzukommen.

Schlechte Laune hat auch Vorteile

Als Miesepeter im Büro ist man gewiss nicht der beliebteste Kollege. Ihr Chef dürfte allerdings nichts dagegen haben, wenn Sie nicht gerade im Kundenservice tätig sind. Überraschenderweise sind Miesepeter nämlich besonders produktiv, wenn es um Aufgaben geht, die viel Konzentration abverlangen.

So fand ein Forscherteam um den Psychologen Joseph Forgas an der University of New South Wales in Sydney, Australien, heraus, dass schlechte Laune den Geist klarer macht. Unser Blick wird dadurch weniger getrübt, die Gedächtnisleistung erhöht und das analytische Denken gefördert.

Selbst wer nicht mit komplexen Zahlen arbeitet, kann die Missstimmung für sich nutzen. Gleichzeitig macht sie nämlich auch noch kreativ, wie viele große Maler, Songschreiber und Schriftsteller bereits eindrucksvoll gezeigt haben. Laut mehreren Studien verhält man sich anders als gewöhnlich, wenn man in einem Tief steckt. Dadurch geht man neue Situationen und Probleme auf unbekannten Wegen entgegen, beurteilt Dinge rationaler und ist generell flexibler im Denken.

Zu viel ist ungesund

Fazit: Es ist ok, mal mies drauf zu sein. Sie müssen nicht immer als Strahlemännchen durch den Tag gehen. Allerdings ist es bedenklich, wenn Sie ständig mit düsterer Stimmung unterwegs sind. Sollten Sie jeden zweiten oder dritten Tag oder über einen längeren Zeitraum völlig grundlos grummelig sein, lohnt sich der Besuch beim Arzt doch mal.

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Autor

Katharina Boyens

Katharina Boyens ist Germanistin und Anglistin mit einem Faible fürs Schreiben. Von März 2016 bis Januar 2021 bereicherte sie das Euro Akademie Magazin mit lesenswerten Beiträgen in verschiedenen Rubriken.