Eine der schwierigsten Entscheidungen in meiner schulischen Laufbahn stand mir im Jahr 2014 bevor: Kämpfe ich weiter um mein Abitur oder nehme ich mein Fachabitur und absolviere ein Freiwilliges Soziales Jahr an einer Ganztagsschule?
Entschieden habe ich mich für ein FSJ, da es schlecht aussah in meiner schulischen Laufbahn. Gegen Ende des Schuljahres habe ich mich an meiner alten Schule, wo ich meine mittlere Reife erworben habe, für ein Freiwilliges Jahr beworben, um die andere Seite – die Lehrerseite – kennenzulernen.
Vermittelt wurde ich an diesen Standort durch die Organisation Kulturbüro Lahnstein. Sich ausprobieren, schauen, ob man dem Beruf des Lehrers gewachsen ist und ob man sich eine Zukunft mit Schülern im beruflichen Alltag vorstellen kann. Mit diesen Gedanken und diesen Zielen begann ich in der letzten Sommerferienwoche mit meinem Kollegen das gemeinsame Jahr an der IGS in Emmelshausen.
Bunte Palette an Aufgaben
Vielfältige und zahlreiche Aufgabenbereiche erwarteten mich. Eine der Hauptaufgaben war die Verwaltung und das Sekretariat sowie Büroarbeiten im eigenen FSJ-Raum. Elternbriefe kopieren, Telefondienste der Sekretärinnen übernehmen, die Arbeit am Computer mit Excel, E-Mail Bearbeitung und vieles mehr standen mir bevor.
Hausmeistertätigkeiten wie zum Beispiel der Aufbau von Bühnen für den Tag der offenen Tür sowie kleinere Reparaturen gehörten zum Alltag dazu. Man hatte die Möglichkeit, an Klassenfahrten und Ausflügen teilzunehmen und diese mit zu organisieren.
Eine der größten Herausforderungen war die Leitung und Organisation eines eigenen Projektes an unserer Schule. Zum Ende des Schuljahres erneuerten wir mit einer kleinen Gruppe von Schülern den Fundkasten der Schule. Wir gaben somit den Kindern die Chance, in Zukunft ihre Wertsachen und Gegenstände in dem Kasten wiederzufinden.
Tagesablauf mit eigenen Schwerpunkten
Morgens meldete man sich im Sekretariat. Wenn es jedoch dort keine Aufgaben gab, begleitete man den Unterricht und stellte somit eine Unterstützung für die Lehrkräfte dar, indem man Fragen der Schüler beantwortete und gemeinsam Aufgaben bearbeitete. Zu Anfang des Schuljahres konnte man sich einen eigenen Stundenplan erstellen, mit Fächern und Lehrern, die einem gefallen. Ebenfalls gehörte es in seltenen Fällen dazu, eine Klasse komplett alleine zu vertreten und sich mit den Kindern in dieser Vertretungszeit zu beschäftigen.
Pause für die Schüler – Arbeit für die FSJler
Hatte man volle sechs Schulstunden hinter sich gebracht, gab es eine wohlverdiente halbstündige Mittagspause und danach ging es in die nächste Pause, und zwar in die Mittagspause der Schüler. Täglich habe ich mich mit meinem Kollegen abgewechselt, was die Mensa- und Pausenaufsicht anging. In der Mensa wurde streng darauf geachtet, dass die Kinder sich ordentlich in einer Reihe für ihr Essen aufstellten, immer ihren Chip dabeihatten und natürlich auch ordentlich aßen und den Tisch sauber verließen. Bei der Pausenaufsicht ging es darum, mit den Kindern zu spielen (Ballspiele, Fangen etc) und zu schauen, dass alles mit Ordnung zugeht und keine Konflikte zwischen den Schülern entstehen.
Nachmittagsgestaltung mit den Schülern
Nach der Aufsicht ging es für alle Schüler eine Stunde lang in die Hausaufgabenbetreuung. Wir FSJler waren nie alleine, ein anderer Lehrer oder ein Schulsozialarbeiter begleitete uns hierbei. Extrem wichtig war es, die Kinder selbstständig arbeiten zu lassen und ihnen nicht andauernd zu helfen, außer sie kamen wirklich nicht mehr mit den Aufgaben weiter.
Eine entspannte oder auch actionreiche Stunde erwartete die Kinder nach der anstrengenden Hausaufgabenzeit mit einer kreativen Arbeitsgruppe (AG). Mein Kollege und ich kreierten zu Anfang unsere eigene AG, die wir auch zweimal die Woche durchführten. Unsere Spiele- und Freizeit-AG beinhaltete viele Brett-, Ball-, Karten- und Austobspiele. Unsere Mitglieder konnten jede Stunde einen individuellen Wunsch äußern, wie sie die AG-Stunden verbringen wollten.
Für eine Viertelstunde durften wir am Ende des Tages noch die Busaufsicht machen. Unter strenger Beobachtung wurde dafür gesorgt, dass alle Schüler ihre Busse pünktlich bekamen, dass keine Schultaschen zurückgelassen wurden und dass Grundschüler immer zuerst in den Bus einstiegen, da die älteren Schüler oftmals dafür bekannt waren den Kleinen alle Sitzplätze wegzunehmen.
Zusätzliche pädagogische Bildung
Die Organisation hat viermal im Jahr Pflichtseminare organisiert. Insgesamt 400 FSJler von anderen Ganztagsschulen arbeiteten ebenfalls für das Kulturbüro und nahmen auch an den Seminaren teil. Geboten wurden uns vielfältige Themenbereiche in vier verschiedenen Städten am Rhein: konfrontative Pädagogik, eine freie Workshopwahl (Sexualkunde, Theater, Gedichte, Erste Hilfe usw.), Projektworkshops (Zusammenschließung in Kleingruppen sowie Organisation und Durchführung eines kleinen Projektes) und schlussendlich eine kreative und künstlerische Workshopauswahl (Theater, Tanz, Modenschau, Töpfern usw.).
Ebenfalls gehörte es dazu, insgesamt vier Pflichtbildungstage zu absolvieren und somit auch an einer anderen sozialen Einrichtung zu arbeiten. Für meine Pflichttage verbrachte ich zwei Tage im Kindergarten und zwei Tage beim Programm Abenteuer Stadt.
Zwei Seiten der Medaille
Die negative Seite in diesem Jahr möchte ich nicht verschweigen: Unkollegiales Verhalten und Respektlosigkeit gegenüber uns waren nur zwei der Probleme. Doch unsere Mentoren aus der Organisation versuchten tatkräftig, mit dem Chef der Schule darüber zu reden und diese zu klären.
Ein ganzes Jahr mit Schülern der 5. bis 10. Klassen, monatliches Taschengeld in Höhe von 380 Euro und der Einsatz in Gebiete, die von meinen eigenen Fähigkeiten, Interessen und den Möglichkeiten der Schule abhingen, haben mich erwartet. Solch ein Jahr empfehle ich vor allem Menschen, die sich ein Lehramtsstudium vorstellen könnten und einige Erfahrungen im Bereich des Sozialen sammeln möchten.
Autorin: Alina Tissen, Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin, Euro Akademie Mainz
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