Grünes Klassenzimmer – Entspanntes Lernen in der Natur

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Ein grünes Klassenzimmer lädt zu spannendem Unterricht der etwas anderen Art ein. Hier geht es naturverbunden zu, mit anschaulichen Materialien und einer geringen Gefahr, sich mit dem Coronavirus zu infizieren.

Unterricht im Freien gab es schon vor 25 Jahren. Meistens dann, wenn es zu warm und im Klassenzimmer zu stickig war. Bei den Lehrer*innen kam das oft gar nicht gut an: Mit Sitzplätzen musste improvisiert werden, es war keine Tafel vorhanden und an schlecht gewählten Orten kam die Stimme nicht gegen die Umgebungsgeräusche an. Oft sank mit der Unsicherheit der Lehrkraft auch die Konzentration der Lernenden und der Ortswechsel wurde in vielen Fällen als nicht zur Stoffvermittlung tauglich abgetan.

Dabei ist „Back to nature“ schon seit Längerem im Trend und solange das Coronavirus wie ein Damoklesschwert über uns hängt, bietet das Lernen an der frischen Luft außerdem mehr Sicherheit als ein traditioneller Unterrichtsraum. Damit dort aber tatsächlich Wissen vermittelt werden kann, muss ein durchdachtes Konzept und das richtige Equipment her. So etwas bietet ein grünes Klassenzimmer.

Was ist ein grünes Klassenzimmer?

Es handelt sich dabei um einen Platz in der Natur, der für den Unterricht optimiert ist. Oft tut sich mitten im Wald eine Lichtung auf, auf der Sitzbänke oder Baumstumpfe als Hocker bereitstehen. Informationstafeln, vorbereitete Naturexperimente, eine Tafel und mehr können von der Klasse genutzt werden. Statt Wände umrahmen Bäume oder Felsen den Raum. Selbstverständlich können digitale Medien nicht verwendet werden, aber dafür sind den naturverbundenen Arbeitsweisen keine Grenzen gesetzt.

Vor allem Jüngere profitieren von dem Angebot. Wenn im Südwesten ein grünes Klassenzimmer entsteht, hat häufig die Förderungsgesellschaft für die Baden-Württembergischen Landesgartenschauen ihre Finger im Spiel. Sie bieten den außergewöhnlichen Unterrichtssaal vorrangig Vor- und Grundschulklassen an und unterstützen auch Gemeinden ohne anstehende Landesgartenschau mit ihrem Know-how bei der Umsetzung. Häufig werden den Dozent*innen dann auch Materialien oder vorbereitete Unterrichtseinheiten mit an die Hand gegeben.

Ähnlich ist das Konzept auch anderswo. In ganz Deutschland entstehen immer mehr grüne Klassenzimmer – mal nur mit einem Halbkreis aus Holzbänken auf einer Streuobstwiese, mal mit Tafel, Pult und Regalen inmitten eines dichten Waldes. In Heigenbrücken im Hochspessart beispielsweise errichteten die Bayerischen Staatsforsten ebenfalls ein grünes Klassenzimmer. Es misst ganze 80 Quadratmeter und erklärt an Infoständen zahlreiche Baumarten. Wenn gewünscht, kommt auch der Förster vorbei und erzählt Wissenswertes zum Wald, den vorkommenden Bäumen und ihren Eigenarten.

Auch für Jugendliche und Erwachsene sinnvoll

Obwohl gerade die Kleinen Spaß beim naturnahen Experimentieren, Bestaunen, Lauschen und Entdecken haben – und vor allem die Unterrichtszeit dazu – ist ein Ausflug in den Wald auch für ältere Schüler*innen, Auszubildende oder Lehrende im Rahmen einer Fortbildung wertvoll. Gerade angehende Erzieher*innen sollten sich mit dieser etwas anderen Lernumgebung intensiv auseinandersetzen. Immerhin können sie später auch in einem Waldkindergarten tätig sein. Und selbst bei traditionellen Einrichtungen im Gebäude wird es immer Ausflüge in die Natur geben – mit kleinen Dreijährigen ebenso wie mit jungen Erwachsenen kurz vor dem Abschluss. Das grüne Klassenzimmer bietet (zukünftigen) Pädagog*innen die Möglichkeit, Chancen und Schwierigkeiten beim Aufenthalt mit den Schützlingen im Freien auszuloten.

Nur ein besonderer Unterrichtstag?

Ein grünes Klassenzimmer ist zur Wissensvermittlung eingerichtet. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Themen aus Natur und Umwelt. Schon allein das Lernen im Freien schult Kompetenzen wie nachhaltiges Denken und Handeln sowie das ökologische Bewusstsein. Da diese Orte allerdings relativ selten sind und außerhalb liegen, werden sie nur als Ausflugsziel verwendet, um eine besondere Unterrichtseinheit durchzuführen. Ein normaler Lernalltag findet hier nicht statt.

Dabei hat Waldschule 2020 und sehr wahrscheinlich noch 2021 den Vorteil, dass sich die ausgeatmete Luft nicht in einem geschlossenen Raum staut. Ein gefahrloser Unterricht ohne Mund-Nasenschutz ist hier kein Problem. Doch um das Angebot häufiger zu nutzen, müsste es mehr davon geben.

Vielleicht lässt sich an manchen Schulen – gerade im ländlichen Raum – doch eine Möglichkeit finden, den Stoff während der Corona-Krise regelmäßiger an der frischen Luft zu vermitteln. Sei es auf dem Pausenhof, der Sportanlage oder dem nahegelegenen Park. Kreativität und Improvisationstalent sind dabei gefragt. Doch bevor die Lernenden wieder mit Maske in der Klasse sitzen müssen, lässt man die Köpfe doch gerne mal rauchen, um pragmatische Lösungen in der Nähe der Schule zu finden.

In ein luxuriöses grünes Klassenzimmer wie das in Heigenbrücken kann man für besondere Unterrichtseinheiten dann immer noch fahren.

Titelbild: Marcel Conrad / shutterstock.com
Beitragsbilder: Katharina Boyens

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Autor

Katharina Boyens

Katharina Boyens ist Germanistin und Anglistin mit einem Faible fürs Schreiben. Von März 2016 bis Januar 2021 bereicherte sie das Euro Akademie Magazin mit lesenswerten Beiträgen in verschiedenen Rubriken.