Physiotherapeuten dringend gesucht!

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Nicht nur in der Pflege gibt es einen Mangel an qualifizierten Mitarbeitern. Auch Physiotherapeuten sind mehr als begehrt bei Praxisinhabern, Reha-Einrichtungen und Krankenhäusern. Die Bundesagentur für Arbeit hat den Physiotherapeuten zum Engpassberuf erklärt.

Wann wird ein Beruf zum Engpassberuf? Einfach erklärt: Wenn es mehr offene Stellen als mögliche Bewerber dafür gibt – maßgeblich sind die bei der Agentur für Arbeit gemeldeten Stellen. In vielen Bundesländern kommt auf eine ausgeschriebene Stelle bei Physiotherapeuten nicht einmal ein Bewerber. Der Bedarf an qualifizierten Physiotherapeuten – sie gehören, wie die Sprachtherapeuten und Ergotherapeuten der Berufsgruppe der nicht ärztlichen Therapie und Heilkunde an – ist schon heute nicht mehr zu decken.

Fachkräftemangel in der Physiotherapie hat schwerwiegende Folgen

Stellen Sie sich vor, Sie hatten einen Skiunfall. Ihr vorderes Kreuzband ist gerissen – die Operation ist glücklicherweise gut verlaufen. Um wieder richtig auf die Beine zu kommen, benötigen Sie jetzt die Hilfe eines ausgebildeten Physiotherapeuten. Er wird dafür sorgen, dass die Schwellung im Knie zurückgeht, er wird Ihnen zeigen, wie Sie richtig an Stützen gehen und Ihre Koordination und Muskelkraft soweit fördern, dass Sie Ihren Beruf und Ihre sportlichen Aktivitäten schon bald wieder voll ausführen können.

Durch den Mangel an Physiotherapeuten ist die lückenlose Versorgung schon heute nicht mehr gewährleistet. Immer häufiger stehen die Patienten nach der Entlassung aus Krankenhaus oder Reha vor einem Problem. Die Praxen sind überlaufen, freie Termine gibt es erst nach Wochen bis Monaten. Bei einer Verletzung, nach einer Operation oder bei Schmerzen können Sie aber nicht so lange warten. Das hätte fatale Folgen für Ihre Genesung.

Außerdem müssten Sie länger im Krankenstand bleiben – das verursacht Kosten im System. Der Arbeitgeber muss länger auf den Arbeitnehmer verzichten, die Krankenkassen zahlen bei längerem Ausfall eine Menge Krankengeld.

Anzahl der Absolventen sinkt

Laut Deutschem Verband für Physiotherapie (ZVK) e.V. sinkt die Anzahl der Absolventen in der Physiotherapie seit zehn Jahren kontinuierlich. Das wird auch in der Fachkräfteengpassanalyse der Agentur für Arbeit vom Dezember 2018 mehr als deutlich: „In der Berufsgruppe der nicht ärztlichen Therapie und Heilkunde ist ein Mangel nur bei Physiotherapeutinnen und -therapeuten ersichtlich […] Die Stellen in der Physiotherapie sind im Durchschnitt 151 Tage vakant und damit 48 Prozent länger als im bundesweiten Durchschnitt. Die berufsspezifische Arbeitslosenquote von 0,9 Prozent ist sehr gering und deutet ebenfalls auf einen Fachkräftemangel hin.“

Nur in Bremen, Niedersachsen, Hessen, Sachsen und Berlin ist der Fachkräftemangel noch nicht so deutlich – Anzeichen für einen bevorstehenden Engpass gibt es aber bereits.

Zeitdruck und geringe Vergütung durch die Krankenkassen

Für eine physiotherapeutische Behandlung kalkulieren die Krankenkassen rund 17 Minuten ein. Diese Zeit beinhaltet die Hilfe beim Ent- und Bekleiden, die Unterschrift auf dem Rezept und die Dokumentation der Befunde. Damit liegt die durch die Krankenkassen vergütete Behandlungszeit bei maximal 12 bis 13 Minuten. Zu wenig für eine patientengerechte Versorgung. Die meisten Praxen planen trotzdem eine Behandlungszeit zwischen 20 und 30 Minuten ein, um dem Patienten eine gute Behandlung zukommen zu lassen. Bezahlt werden sie dafür nicht.

Der VDB-Physiotherapeutenverband fordert daher eine deutliche Anhebung der Vergütung für physiotherapeutische Leistungen durch die gesetzliche Krankenversicherung. Derzeit erhält ein Physiotherapeut für eine krankengymnastische Behandlung von den gesetzlichen Krankenkassen zwischen 16,14 Euro und 16,62 Euro, für eine Massage zwischen 11,12 Euro und 11,35 Euro.

Ein erfüllender Beruf voller Möglichkeiten

Als Physiotherapeut haben Sie einen interessanten und erfüllenden Beruf. Durch Ihre Behandlung lindern Sie Schmerzen, Sie steigern die Lebensqualität Ihrer Patienten durch die Verbesserung der Mobilität und unterstützen Sportler darin, Höchstleistungen – auch nach Verletzungen – zu erreichen.

Wie auch in der Altenpflege wird sich in den nächsten Jahren etwas ändern müssen, damit viele junge und engagierte Menschen eine Ausbildung zum Physiotherapeuten absolvieren werden. Das Tolle am Beruf des Physiotherapeuten: Sie stehen jeden Tag vor neuen Herausforderungen, Sie haben unendlich viele Möglichkeiten sich weiterzubilden – und bleiben nebenbei in diesem Beruf ganz automatisch fit.

Autor

Tanja Höfling

Von Juli 2017 bis Juli 2022 informierte die ehemalige Online-Redakteurin des Euro Akademie Magazins regelmäßig über Aktuelles und Wissenswertes zu den Themen Ausbildung, Studium und Beruf.