Tanzprojekt mit Royston Maldoom und Volker Eisenach

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Im August und September 2016 unterrichten die Choreografen Royston Maldoom und Volker Eisenach an der Fachschule für Sozialpädagogik der Euro Akademie Berlin. Als Gastdozenten sind sie in der Klasse der angehenden Erzieher QEZB 16 des Bundesmodellprojekts „Männer und Frauen in Kitas“ aktiv.

Tanz als pädagogische Sprache

Der Tanz hat seit den letzten Dekaden deutlich an Bedeutung gewonnen und konnte sich besonders im pädagogischen und therapeutischen Bereich zunehmend verankern. Royston Maldoom gilt hier seit vielen Jahren als tanzpädagogische Leitfigur. Seit der englische Star-Choreograf im Januar 2003 eine Tanzchoreografie mit 250 Berliner Jugendlichen zu Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ in der Berliner Philharmonie zeigte und der Film „Rhythm is it“ über die Probenarbeit zu dieser Aufführung ins europäische Kino kam, avancierte Royston Maldoom schnell international zum angesagtesten Tanzpädagogen.

Das rituelle Frühlingserwachen der Jugendlichen, welches zusätzlich von Volker Eisenach als Choreografie-Assistent begleitet wurde, ging unter die Haut. Denn es bot nicht nur eine künstlerische Hochleistung, sondern erzählte zudem von einem persönlichen Reifeprozess, den die zuvor vielfach perspektivlosen Schüler durchliefen.

Eindrucksvolle Projekte weltweit

Schon mehr 50 Jahren lang arbeitet Royston Maldoom an ähnlichen tanzpädagogischen Projekten, die er vor allem mit Menschen, welche in schwierigen sozialen Strukturen leben, realisiert. Doch erst mit Erscheinen des Tanzfilms erregten seine Projekte allgemeine Aufmerksamkeit.

Mit seiner Grundüberzeugung, dass Kunst das Leben des Einzelnen und einer ganzen Gesellschaft verändern kann, erarbeitete der charismatische Wahlberliner Choreografien in Gefängnissen, mit Menschen mit Behinderung sowie anderen sozialen Randgruppen und drang bis in Kriegs- und Krisengebiete vor. Er zeigte Carmina Burana in Äthiopien und formierte dabei innerhalb von zweieinhalb Wochen Hunderte von Straßenkindern zu einem fähigen Tanzensemble, deren begabteste Mitglieder schon nach sechs Monaten eigene Tanzworkshops anleiten konnten. Er entwickelte Projekte in Peru, Südafrika, Bosnien, Großbritannien, Deutschland.

Volker Eisenach arbeitete in vielen dieser Projekte als Choreograf mit seinem ehemaligen Lehrer zusammen und präsentierte auch mit seinem eigenen Tanzensemble der „Faster-Than-Light-Company“ zahlreiche Jugend-Tanz-Projekte auf internationaler Ebene. Beide Choreografen boten zudem vielerorts tanzpädagogische Weiterbildungen an.

Tanzen wieder Teil des Bildungskonzepts

Mit Royston Maldooms Denkart kam der Tanz als Kultur- und Bildungsaufgabe auch in Schulen und Gemeinden neu ins Bewusstsein. In Deutschland beispielsweise ist ein Trend in offenen Ganztagsgrundschulen entstanden, Tanzpädagogen einzustellen. Auch dem Gedanken, dass das kreative Potenzial unsere kostbarste Anlage ist, wird im Bildungssystem immer mehr Rechnung getragen, denn dieses Kreativpotenzial darf nicht schon in Jugendjahren verkümmern. Beim Tanz im Ensemble lernen die Beteiligten außerdem soziales Verhalten und ein optimales gemeinsames Zusammenspiel.

Ein Großteil von Maldooms und Eisenachs Training widmet sich einer bedeutenden künstlerischen Grundvoraussetzung, nämlich der Fähigkeit, Ruhe und Stille zu erlangen – ohne die nichts möglich ist – und fokussiert zu agieren. Die Besonderheit in ihrem Ansatz aber liegt vor allem im tiefen Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Akteure. Zwar lehren und erwarten beide Choreografen Disziplin, Ausdauer und Körperbeherrschung und tolerieren keine Nachlässigkeiten, doch schenken sie den Beteiligten ein unumstößliches Vertrauen, dass sie dieser Aufgabe auch gewachsen sind.

Mehr als Schönheit und Ästhetik

Und wer sich in seiner Arbeit als wertvoll erleben darf und eine hohe Anforderung gemeistert hat, der kann auch bei neuen Herausforderungen wieder guten Mutes einen Schritt weitergehen. Unabhängig davon, aus welchen konfliktreichen Verhältnissen man kommt oder welchen persönlichen Schwierigkeiten man gegenübersteht, erlernt man in dieser Tanzarbeit eine innere Disziplin, die dazu befähigt, sich selbst wahrzunehmen, in sich hineinzuhorchen, eigene Körperempfindungen zuzulassen und durch eine neue Körpererdung mehr Kraft und Selbstvertrauen zu gewinnen. Beim Tanzen erleben die Beteiligten ihren Körper und ihre Seele.

Autorin: Dr. Heike Gäßler, Leitung Fachschule Sozialpädagogik an der Euro Akademie Berlin

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