Tag der Deutschen Einheit: Der lange Weg zur Wiedervereinigung

0

Am 3. Oktober feiern wir jährlich den Tag der Deutschen Einheit, einen der höchsten Feiertage der Bundesrepublik. Das Datum stellt einen Wendepunkt in der Deutschen Geschichte dar und war wegweisend für Europa. Bis zur Wiedervereinigung war es jedoch ein langer und steiniger Weg. Wir stellen euch anlässlich dieses besonderen Tages wichtige Stationen auf diesem Weg vor.

Station 1: Befreiung Deutschlands von NS-Diktatur

Mit der Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 wandelte sich die Weimarer Republik in das Dritte Deutsche Reich um. Es war der Beginn einer grauenhaften und blutigen Schreckensherrschaft. 1939 entfesselt Adolf Hitler einen der tödlichsten Kriege in der Menschheitsgeschichte, an dessen Ende über 80 Millionen tote Menschen verzeichnet werden sollten (2. Weltkrieg). Am 8. Mai 1945, Hitler hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Selbstmord begangen, kapitulierte die Wehrmacht offiziell, der Krieg nahm ein Ende.

Zerstörung nach dem 2. Weltkrieg.

Station 2: Deutschlands Aufteilung in Besatzungszonen

Mit der Kapitulation Deutschlands wurde zeitgleich der Deutsche Staat aufgelöst und das Land wurde in vier Besatzungszonen eingeteilt:

  • die französische Besatzungszone, zu der Rheinland-Pfalz, Teile Baden-Württembergs und das Saarland gehörten
  • die englische Besatzungszone, zu der Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg und Bremen gehörten
  • die französische Besatzungszone, zu der Rheinland-Pfalz, Teile Baden-Württembergs und das Saarland gehörte
  • die US-amerikanische Besatzungszone, zu der Hessen, Teile Baden-Württembergs und Bayern gehörten
  • die sowjetische Besatzungszone, zu der Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Potsdam, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen gehörten
  • Berlin wurde ebenfalls unter den vier Besatzungsmächten aufgeteilt

Des Weiteren musste Deutschland Teile seines Staatsgebiets an Polen, die Sowjetunion und Frankreich abtreten. Hierbei handelte es sich um Teile von Preußen, das Elsas und Königsberg (heute Kaliningrad). In einem weiteren Schritt wurde kurzzeitig Österreich ebenfalls in Besatzungszonen aufgeteilt und schließlich als eigenständiger Staat wiederaufgebaut. In der sowjetischen Besatzungszone wurden indes die Parteien SPD und KPD zwangsvereinigt und zur SED umgewandelt. Diese Partei sollte bei späteren Plänen eine wichtige Rolle spielen.

Station 3: Gründung der BRD und DDR

Im Laufe der Zeit kam es immer wieder zum Streit zwischen den drei Besatzungsmächten England, USA und Frankreich mit der Sowjetunion. Anlass Motive, wie man mit den besetzten Gebieten weiter verfahren wolle und die verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Systeme der Länder. Auf der einen Seite hatte man mit der Sowjetunion den Kommunismus und die Bestrebung, Deutschland nie wieder zu einem eigenen Staat werden zu lassen. Auf der anderen Seite stand der Kapitalismus und drei Länder, die unter strengen Bedingungen einen Wiederaufbau von Deutschland positiv gegenüberstanden. Lediglich Frankreich hatte lange Zeit Vorbehalte gegenüber einem neuen Deutschland. So kam es unter anderem zur Berlin-Blockade vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949, als die Sowjetunion alle Grenzen um die westlichen Zonen in Berlin schloss.

Es kam zu Nahrungsknappheit und zum Ausbruch von Krankheiten wegen fehlenden medizinischen Gütern. Als Reaktion darauf baute man eine Luftbrücke mit den bekannten “Rosinenbombern” auf. Berlin wurden nun über die Luft versorgt, bis die Sowjetunion im September nachgab und die Blockade beendete. Am 23. Mai 1949 wurden die Besatzungszonen von England, den USA und von Frankreich zusammengelegt und eine gemeinsame Verfassung, das Grundgesetz, eingeführt. Mit dessen Inkraftsetzung wurde die Bundesrepublik Deutschland (BRD) gegründet.

Die Sowjetunion sah in der Neugründung von Deutschland eine Gefahr für die eigene Sicherheit und reagierte am 7. Oktober 1949 mit der Gründung eines eigenen Deutschlands auf seiner Besatzungszone, der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Die DDR wurde unter die Kontrolle der SED gestellt, welche jedoch nie inoffiziell eigenständig war, sondern fortan aus Moskau kontrolliert wurde.

Station 4: Proteste in der DDR

Auf der 2. Parteikonferenz der SED beschlossen die Funktionäre unter Walter Ulbricht den Aufbau eines sozialistischen Wirtschaftssystems in der DDR. Maßgeblich unterstützt wurden sie hierbei von der Sowjetunion. Die Umsetzung der Pläne sorgte für eine anfängliche Ernährungskrise und einen absinkenden Lebensstandard. Infolgedessen kam es zu Streiks und Protesten in den Betrieben und der Bevölkerung. Die Aufstände dauerten vom 12. Juni bis zum 21. Juni 1953 an, bis sowjetische Truppen (Rote Armee) die Proteste blutig niederschlugen. Insgesamt kamen 55 Menschen ums Leben.

Volksaufstand in der DDR 1953.

Station 5: Der Mauerbau

Im Laufe der Zeit wurde mithilfe des Marshallplans (1947, verkündet von US-Außenminister George C. Marshall) auf der anderen Seite der Grenze die BRD grundlegend erneuert, wiederaufgebaut und erlebte ab den 50er und 60er Jahren ein Wirtschaftswunder. Das neu eingeführte Wirtschafts- und Finanzsystem (Soziale Marktwirtschaft mit D-Mark als Zahlungsmittel) schuf zunehmend Wohlstand und eine hohe Wirtschaftskraft im Land. Die DDR wiederum mit seinem kommunistischen System blieb eher ländlich geprägt und ärmer, da die Sowjetunion weiterhin Geld und Ressourcen herausnahm, um diese als Reparationszahlungen an sich zu nutzen.

Die BRD wiederum konnte die Reparationen zunehmend aus eigener Tasche bezahlen und nutzte dafür die steigende Wirtschaftskraft zur Bewältigung der Abgaben. Da dieses Ungleichgewicht der beiden jungen Länder zu einer Abwanderung der DDR-Bevölkerung in die BRD führte, sahen sich die Machthaber in Moskau und die SED gezwungen, Maßnahmen dagegen einzuleiten. In der Nacht auf den 13. August 1961 wurden alle Grenzübergänge zur BRD einseitig geschlossen und an der Zonengrenze wurden Stacheldraht, Panzersperren, Zäune und Schlagbäume errichtet. Der Bau der Mauer hatte begonnen. In den Folgejahren wurde aus einem Provisorium eine Festung aus Betonmauern, Selbstschussanlagen, Minen, Wachposten und mehreren Schichten Zaun.

Die ehemaligen Grenzanlagen zur DDR.

Station 7: Die bröckelnde Macht der SED

Die SED-Führung regierte die DDR dank Unterstützung aus Moskau mit eiserner Hand. Neu eingeführte Institutionen, wie die Nationale Volksarmee (NVA) und die Staatspolizei (STASI) sorgten in ihrem Sinne für Recht und Ordnung im Land. In den 80er Jahren begann die Macht jedoch zu bröckeln. Mit der Ernennung von Michail Sergejewitsch Gorbatschow zum Vorsitzenden des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei in Moskau im März 1985 wurde erstmals ein dem Westen eher freundlich zugeneigter Politiker Präsident der Sowjetunion. Er änderte die Innen- und Außenpolitik grundlegend und führte Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umbau) als zentrale politische Elemente ein. Auch legte er großen Wert auf die Meinungsfreiheit. Wirtschaftlich schaffte er die Planwirtschaft ab.

Er war auch dafür verantwortlich, dass die Grenzen am „Eisernen Vorhang“ zunehmend wieder geöffnet wurden und die Menschen in den Westen reisen konnten. Im September 1989 wurden die Grenze zwischen Österreich und Ungarn und später zu Tschechien endgültig geöffnet.

Diese Entwicklungen setzte die SED-Führung in Ost-Berlin zunehmen unter Druck, denn die eigene Bevölkerung bemerkte die Veränderungen um die DDR herum und erhoffte sich in dessen Zuge auch weitere Freiheiten. Nachdem die SED jedoch weiterhin versucht hatte, jeden externen Wandel zu unterdrücken und keine Veränderungen vorzunehmen, kam es erstmals seit 1953 wieder zu Protesten im Land. Diesmal konnte die SED-Führung jedoch nicht auf die Hilfe der Roten Armee hoffen. Zuerst gingen etwa 1200 Menschen am 4. September 1989 gegen die Politik der SED in Leipzig auf die Straße. Die Protestbewegung erreichte am 6. November 1989 mit über 200.000 Teilnehmenden in der ganzen DDR ihren Höhepunkt. Trotz der Androhung von Gewalt seitens der NVA und der Polizei demonstrierten sie für Reformen. Zusehends schlossen sich auch Funktionäre von wichtigen Behörden den Demonstrant*innen an. Die Proteste sollten später als „Montagsdemonstrationen“ in die Geschichte eingehen.

Immer mehr Menschen zogen auch zu den Grenzübergängen der Mauer und forderten deren Öffnung. Am 18. Oktober gab Erich Honecker als Vorsitzender der SED seinen Rücktritt bekannt und beugte sich den Demonstrant*innen.

Station 8: Der Mauerfall

Am 9. November 1989 reagierte die DDR-Regierung mit Reiseerleichterungen auf den Ausreisestrom und monatelange Massenproteste – die Mauer war geöffnet. In der zugehörigen Pressekonferenz kam es jedoch zu einem für die SED folgenschweren Fehler: Günter Schabowski (1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin) teilte den erstaunten Journalist*innen mit, dass ab sofort Westreisen für jedermann möglich sind. Viele DDR-Bürger*innen sahen die Mitteilung im Fernsehen. Die Regelung war ursprünglich als Richtlinie für die ständige Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland (ohne Recht auf Rückkehr) gedacht. Sie sollte den anhaltenden Ausreisestrom über die Tschechoslowakei stoppen. Im Zuge der Ankündigung strömten hunderttausende Menschen zu den Grenzübergängen. Schließlich gaben die Grenzer nach und öffneten am 10. November 1989 die meisten Grenzübergänge. Die Straßen waren voller Menschen und Trabis verstopften die Hauptzugangswege nach West-Berlin.

Station 9: Die Wiedervereinigung und Ende des Kalten Krieges

Nachdem auch der sowjetische Außenminister den Menschen in der DDR viel Glück und Erfolg auf ihrem weiteren Weg gewünscht hatte, war der Rückhalt und die Macht der SED endgültig gebrochen. Zwischen 1989 und 1990 wurden viele wichtige politische Reformen umgesetzt. Unter anderem gab es die ersten freien Wahlen seit der Machtergreifung von Adolf Hitler 1933 im Osten Deutschlands. Die nun mehrheitlich demokratisch in der DDR-Volkskammer vertretenden Parteien schoben schnell einen beschleunigten Einigungsprozess mit der BRD an, an dessen Ende der Einigungsvertrag von 1990 und die Auflösung der Volkskammer und des Staates DDR und der Überstellung aller staatlicher Gewalt an die BRD standen.

Beide „Deutschlands“ wachsen wieder zusammen.

Am 3. Oktober 1990 ging die DDR in der Bundesrepublik Deutschland auf und die Einheit war vollzogen. Auch der Kalte Krieg endete. Nachdem mehrere Sowjetrepubliken ihre Unabhängigkeit forderten und diese umsetzten, unterzeichneten der russische Präsident Jelzin und Gorbatschow als sowjetischer Präsident die Auflösung der UdSSR zum 21. Dezember 1991.

Europa der neuen Möglichkeiten

Durch den Fall des Eisernen Vorhangs wuchs Europa wieder zusammen und wir konnten unsere heutigen Privilegien, wie die Bildungs- und Reisefreiheit, erarbeiten und ausweiten. Aber das ging nur durch gegenseitige Verständigung.


Quelle Beitragsbild: Shutterstock/PhotoSGH
Weiter Bildquellen: Shutterstock/ Everett Collection, Shutterstock/SusiW, Shutterstock/ A.J.StockPhotos

Autor

Stefan Ruhl

Bildung gehört zu den wichtigsten Errungenschaften unserer Gesellschaft. Ohne sie würden wir noch in Höhlen sitzen und Feuer als Magie betrachten. Deshalb schreibe ich unter anderem über die Themen Bildung, Ausbildung und Lehre.