Inkompetenzkompensierungskompetenz – 8 Tipps für einen guten Eindruck

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Finn hat morgen seine staatliche Prüfung zum Sozialassistenten. Zwei Jahre hat er darauf hingearbeitet. Mit den Bewohner*innen seiner Behinderteneinrichtung versteht er sich wunderbar. Und eigentlich hat er auch die Theorie ganz gut drauf. Bloß der Umgang mit Nährwerttabellen und das Berechnen von Energiegehalt und -verbrauch sitzen noch nicht richtig. Das müsste er vor der morgigen Prüfung noch mal üben. Aber viel Zeit hatte er an diesem Wochenende nicht. Denn gestern spielte sein Fußballverein um den Aufstieg in die Oberliga Hessen. Drei Tore hat er geschossen, das hat zum Vereinserfolg gereicht. Um seinen persönlichen Ausbildungserfolg hingegen scheint es schlecht bestellt. Wie kann er sein mangelndes Wissen in der Prüfung morgen wettmachen? Genau – mit ein bisschen Inkompetenzkompensierungskompetenz.

So wirken Sie schlauer, als Sie wirklich sind

Wir alle kennen diese Situationen, in denen das Unwissen das Wissen übersteigt – und gleichzeitig das Unwohlsein zunimmt: Wie heißt die aktuelle Gesundheitsministerin nochmal? Oder war es doch ein Minister am Ende? Wie berechne ich den Break-Even-Point – und wozu überhaupt? Ist Koala Lumpur wirklich die Hauptstadt von Australien? Mit den knuddeligen Tierchen als Namensgeber kann man da doch eigentlich gar nicht falsch liegen. Kann man schon – und zwar ziemlich. So sehr, dass die Gesprächspartner*innen verwirrt schauen, mit den Augen rollen oder gar abfällig lachen. Um diesem beleidigenden Verhalten zuvorzukommen, muss man sich schützen. Am besten mithilfe der SABTA-Formel: Sicheres Auftreten bei totaler Ahnungslosigkeit.

8 Tipps, wie Sie trotz Unwissenheit kompetent rüberkommen

Namedropping

Wenn Sie schon selbst nicht kompetent sind, dann kennen Sie vielleicht zufällig jemanden, der kompetent ist. Oder noch besser: jemanden, der kompetent und berühmt ist. Jemanden, dessen Ruhm auf Sie überstrahlen kann und Sie in einem besseren Licht erstrahlen lässt. Ihre Schwester war mit Toni Kroos in der Grundschule? Nun ja, dann sind bestimmt auch Sie ein super Stürmer. Lassen Sie Ihren Coach das bloß gleich beim nächsten Training wissen! Aber Vorsicht: Übertreiben Sie es nicht, denn sonst geht der Schuss nach hinten los.

„Antäuschen“

Wo wir gerade beim Fußball sind. Nicht nur auf dem Rasen ist das „Antäuschen“ eine gute Strategie. Auch im Klassenzimmer kann diese Taktik zum Erfolg führen. Sie funktioniert folgendermaßen: Sie melden sich bei jeder Frage des Lehrers – ganz egal, ob Sie die Antwort wissen oder nicht. Denn was Ihr Lehrer nicht weiß, zumindest bevor er sie aufruft: Eigentlich wollen Sie nur höflich fragen, ob Sie mal kurz auf Toilette dürfen. Diese Bitte wird er Ihnen nicht abschlagen. Und ruft er Sie erst gar nicht auf, dann hält er sie bestimmt für sehr schlau – bei Ihrer regen Unterrichtsbeteiligung.

Meeting-Maßnahmen

Manche Menschen halten Meetings für so langweilig, dass sie die Sitzungen nur überstehen, wenn sie dabei Buzzword-Bingo spielen. Das Spiel, auch als Bullshit-Bingo bekannt, kam um die Jahrtausendwende auf und erheitert seitdem das Publikum von Managern und Politikern. Statt Zahlen werden Schlagwörter in geometrische Felder geschrieben – sobald der Zuhörer oder die Zuhörerin eine Folge von vom Redner verwendeten Schlagwörtern ankreuzen konnte, hat er oder sie das Spiel gewonnen. Etwas kompetenter erscheinen Sie als Zuhörer*in jedoch, wenn Sie in Meetings Diagramme zeichnen. Wie selbstverständlich saugen Sie das Wissen auf und setzen es grafisch um, damit es Ihnen im Gedächtnis bleibt. Das denken zumindest Ihre Kollegen und Ihr Chef.

Mathe-Masche

Sie können das Gehörte nicht nur visuell umsetzen, sondern auch in anderen Worten oder Zahlen ausdrücken. Eine schlaue Masche für diejenigen, die nicht so gut im Zeichnen sind. Die Vertriebsleiterin erklärt, dass der Absatz um ein Drittel gestiegen ist? Antworten Sie mit einem bedeutungsschwangeren: „Was? Um 33 Prozent? Wir sind auf einem guten Weg!“ Sie haben zwar nichts Neues zur Diskussion beigetragen. Aber Sie haben Präsenz gezeigt. Man wird sich an Sie erinnern.

Fragen stellen

Auch sehr beliebt, wenn Sie eigentlich nichts zu sagen haben, aber dennoch was sagen wollen: Stellen Sie Fragen! Diese müssen weder besonders kritisch, noch fachlich fundiert sein. Schon Verständnisfragen beweisen, dass Sie zuhören und die Besprechung respektive Unterrichtsstunde nicht verschlafen.

Argumente der Anderen

Sie haben keine eigenen Argumente? Kein Problem! Bekräftigen Sie einfach die Argumente Ihrer Mitschüler*innen oder Kolleg*innen! Damit schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen ist Ihnen die Anerkennung der Vorgesetzen oder Lehrkräfte sicher, zum anderen fördert es die Kollegialität. Den Redner oder die Rednerin wird es freuen, wenn Sie ihr*ihm beipflichten.

Ablenken

Ihr*e Lehrer*in führt Sie in der Prüfung so richtig aufs Glatteis? Das gefragte Themengebiet haben Sie bei Ihrer Vorbereitung – getreu dem Motto „Mut zur Lücke“ – großzügig ausgelassen? Jetzt nur nicht ins Schwimmen geraten! Geben Sie dem Gespräch eine andere Richtung, indem Sie es zu Bereichen lenken, in denen Sie sicherer sind. Ihnen ist gerade entfallen, wie man mobilitätseingeschränkte Menschen am effektivsten unterstützt? Aber Sie wissen viel über Sturzprophylaxe? Dann probieren Sie es einmal so: „Wenn alte Menschen stürzen und aufgrund der daraus resultierenden Mobiltätseinschränkung verbittert sind, ist es eigentlich schon zu spät. Wichtig ist es deshalb, Stürzen bereits im Vorfeld vorzubeugen. Eine gute Sturzprophylaxe erreicht man durch…“ Und schon sind Sie in Ihrem Element!

Witze reißen

Menschen, die positive Emotionen in ihrem Gegenüber auslösen, wirken erwiesenermaßen sympathischer. Und wann fühlt man sich schon besser als beim Lachen? Ein guter Witz zur rechten Zeit kann auch die Stimmung im Team verbessern, wenn diese zu kippen droht. Achten Sie aber gerade in der Arbeitswelt darauf, dass sich Ihr Humor innerhalb gewisser Grenzen bewegt.

Finns Inkompetenzkompensierungskompetenz funktionierte übrigens. Er hat trotz Wissenslücken seine Prüfung zum Sozialassistenten mit Bravour gemeistert und arbeitet heute in einer Berliner Behinderteneinrichtung. Da er gerne mit Jugendlichen arbeitet, denkt er aktuell darüber nach, noch eine Ausbildung zum Erzieher draufzusetzen. Über die notwendige Prüfung macht er sich keine Sorgen – er weiß ja jetzt, wie er den*die Prüfer*in um den Finger wickeln kann.

Autor

Nadine Elbert

Seit August 2019 schreibt Nadine Elbert hier im Wechsel über Themen aus den Bereichen Ausbildung, Studium und Beruf – und schöpft dabei auch aus ihrem reichhaltigen persönlichen Erfahrungsschatz.