Eine Puppe wie ich, Du und Rosie Boo

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Zum Welt-Down-Syndrom-Tag im letzten Monat nahm ein Puppenhersteller aus Irland eine besondere Puppe in seine Kollektion auf: Rosie Boo, ein Mädchen mit Down-Syndrom. Auch eine kleinwüchsige Puppe, eine mit Brille und eine mit Autismus gibt es schon. Wie schön, dass immer mehr Spielzeugfirmen damit beginnen, unsere diverse Lebensrealität abzubilden.

Die klassische Barbie, so wie ich sie aus meiner Kindheit in den frühen 1980ern kenne, war natürlich blond, blauäugig und hatte Körpermaße, von der jede Frau bloß träumen konnte. Selbstverständlich wissen wir als Erwachsene, dass die Mattel-Puppe als Mensch aufgrund ihrer Figur überhaupt nicht lebensfähig wäre: Sie hätte viel zu wenig natürliches Fettgewebe, wäre unfruchtbar, hätte Osteoporose, ein Hohlkreuz und ziemlich hässliche Füße, die sich aufgrund eines Hallux Valgus auch noch schlecht zum Laufen (ihrem eigentlichen Zweck) eigneten. Also eher Albtraum als Traum.

Hautfarben sind mehr als schweinchenrosa

Während wir als Erwachsene uns dieser Lüge bewusst sind, macht ein Spielzeug wie Barbie jedoch etwas mit einem Kind. Für die Kleinen können Puppen Vorbilder sein, denen sie nacheifern möchten. Was aber, wenn diese Vorbilder ganz anders aussehen als sie selbst? Stellen Sie sich vor, Sie haben rote Haare, dunkle Haut und kurze Beine. Und all die Puppen in den Spielwarenläden oder die Figuren in den Kinderbüchern sind ganz anders als Sie. Keine eignet sich, um sich mit ihr zu identifizieren. Auch die Buntstifte, die man „hautfarben“ nennt, entsprechen nicht Ihrer Hautfarbe. Eine ziemlich traurige Kindheit wäre das – in der Sie sich immer irgendwie „falsch“ fühlen würden.

Eine Puppe wie Du und ich

Sensibel und kindgerecht wird auf die Besonderheiten von Rosie Boo hingewiesen.

Zum Glück gibt es mittlerweile nicht nur eine große Farbpalette, wenn es um hautfarbene Holzstifte geht, sondern auch Puppen sehen aus wie ich, Du – und Rosie Boo. Rosie Kneen, Spitzname „Rosie Boo“, ist ein sechsjähriges Mädchen mit Trisonomie 21 aus der Grafschaft Wiltshire im Südwesten Englands. Als Ian Harkin, Inhaber der irischen Puppenfirma Lottie, von dem Mädchen und ihrer Freude an seinen Puppen erfuhr, bot er an, sie zum Vorbild für eine neue Puppe zu nehmen. Gesagt, getan: Am 21. März 2021 – dem Welt-Down-Syndrom-Tag – wurde die Puppe der Öffentlichkeit vorgestellt, im Shop des Unternehmens kann man sie vorbestellen. Dort erfährt man auch vieles über ihre Besonderheiten: Sie liebt die Natur und Tiere, hat rundliche Mandelaugen, trägt Ringelsocken (aus Sympathie gegenüber Menschen mit Trisonomie 21 kann man am Welt-Down-Syndrom-Tag diese Socken tragen, die die menschliche DNA darstellen sollen) und ihre Füße stecken in besonders stabilen Schuhen, die ihr das Gehen erleichtern. So erfährt man – und vor allem die kleinen Fans der Puppe – spielerisch und pädagogisch wertvoll, wie es sich mit dem Down-Syndrom lebt. „Eine Puppe, die Kinder sein lässt, was sie gerade wollen“ lautet der Slogan von Lottie. Ein Slogan, der Kinder ermutigt, ihren Träumen zu folgen.

Spielzeug, das Mut macht

Genau das ist das Ziel des Online-Spielzeugshops Diversity Spielzeug: Vielfalt zeigen und Empowerment auslösen. Shopinhaberin Mirjam Schröter ist es wichtig, dass ihr Spielzeug die Lebensrealität der Berlinerinnen und Berliner abbildet. Und da gibt es einfach vieles: People of Colour, muslimische Frauen mit Schleier, schwule Väter und lesbische Mütter, queere Eltern, Patchworkfamilien, Kinder im Rollstuhl, Menschen mit Glatze etc. Diese Diversität will sie mit ihren Puppen, Spielzeugen, Kinderbüchern, Gesellschaftsspielen, Postkarten und anderen Produkten zeigen.

Eine bessere Welt

Olaolu Fajembola und Tebogo Niminde-Dundadengar, zwei Frauen, die ebenfalls in Berlin wohnen und wissen, wie es ist, als nicht-weißes Kind in einer mehrheitlich weißen Welt aufzuwachsen, betreiben den Online-Shop Tebalou, der am 11. November 2019 von der Bundesregierung mit dem Preis Kultur- und Kreativpiloten 2019 ausgezeichnet wurde. Auch hier gibt es alles, was es auch im wahren Leben gibt. Um sich darin wiederzufinden und auch, um – wie die beiden Unternehmerinnen sagen – Toleranz zu lernen. Denn damit wäre unsere Welt nicht nur ein bisschen bunter, sondern auch ein bisschen besser.

Bildquelle Beitragsbild und Grafik: Arklu – Lottie Dolls EU

Autor

Nadine Elbert

Seit August 2019 schreibt Nadine Elbert hier im Wechsel über Themen aus den Bereichen Ausbildung, Studium und Beruf – und schöpft dabei auch aus ihrem reichhaltigen persönlichen Erfahrungsschatz.