Liebe Studierx und Lehrx

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Heute möchte ich mal mit einem Thema aufräumen, das in letzter Zeit andauernd meine Wege kreuzt: der political correctness der deutschen Sprache. Erst neulich stolperte ich im Unterricht wieder darüber: Ich sprach von Schülern – und meinte damit nicht nur die Männer in unserer Klasse.

Um es gleich zu Anfang klarzustellen: Die Problematik, dass nicht immer alle angesprochen werden, teile ich. Als Studentin hatte ich dafür immer ein Lieblingsbeispiel. Wenn auf einer Einladungskarte steht: Die Ärzte sind mit Ihren Frauen zum Empfang eingeladen, klingt der Satz einigermaßen logisch. Wäre „Ärzte“ geschlechtsneutral, könnte man auch schreiben: Die Ärzte sind mit ihren Männern zum Empfang eingeladen. – Klingt etwas komisch, oder?

Doch ich finde, die durchaus berechtigte Forderung, sich sprachlich so auszudrücken, dass man niemanden verletzt oder negiert, treibt mittlerweile seltsame Blüten. Keinen Text, den ich schreibe, den ich nicht anschließend noch einmal nach seiner political correctness überprüfe. Das Ergebnis ist seltsam: Aus meiner ursprünglich sprudelnden Idee ist plötzlich ein komplexer Text geworden, den ich selbst kaum noch verstehe. Zunehmend habe ich das Gefühl, dass diese Form der Kommunikation mehr hemmt, als dass sie Diskriminierungen beseitigt.

Ich bin eine Liebhaberin der deutschen Sprache und es stört mich, dass die Sprache zunehmend entstellt wird. Durch einen bürokratisch, oberlehrerhaften und lieblosen Umgang mit ihr. Wir beschreiben nicht mehr das, was wir sehen und empfinden, sondern vielmehr das, was wir sehen sollten und empfinden sollten. Dies ist wie eine längst überwunden geglaubte Unterrichtsform: In welcher der Lernende mir erhobenem Zeigefinger erklärt, wie wir zu sein haben.

Längst hat eine authentische Unterrichtsform, diese altbackene abgelöst. Ich halte es für wichtig, dass LehrerInnen offen und ehrlich mit ihren SchülerInnen umgehen. Dass sie sich so geben, wie sie sind, damit sich die SchülerInnen an ihnen reiben können und ihren eigenen Weg finden.

Und genauso halte ich es mit der Sprache: Warum nicht die Realität frei so beschreiben, wie sie ist? Wir müssen unser Denken nicht durch Sprachpolizisten, die sich in Wortklaubereien verlieren bestimmen lassen. Das heißt nicht, dass ich im Unterricht in irgendeiner Art und Weise Diskriminierungen, Rassismus, Volksverhetzung oder Sexismus toleriere. Dort, wo sich ideologische Borniertheit enttarnt, muss sie bekämpft werden. Doch für Sprache wie für den Unterricht gilt: Wir brauchen einen offenen, spielerischen, experimentellen und kreativen Umgang. Damit uns der Sprung in ein besseres Leben gelingt.

Autor

Barbara Tauber

Barbara Tauber, ehemalige Dozentin an der Euro Akademie Berlin, betreute bis August 2017 das Projekt "Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas" federführend. Sie engagiert sich für eine neue Lernkultur: Schüler gestalten aktiv und eigenverantwortlich ihren Lernprozess, Dozenten werden zu Coachs, die diesen Lernprozess unterstützen und begleiten. In diesem Blog schildert sie Erfahrungen aus ihrem pädagogischen Alltag.