Mnemotechniken – Mit der Loci-Methode ins Gedächtnis

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Wenn der Lernstoff einfach nicht in Ihren Hirnwindungen hängen bleiben will, können Ihnen Mnemotechniken wie die Loci-Methode helfen. Diese erleichtert Ihnen das Abspeichern von Informationen und Lernen kann dabei sogar Spaß machen.

Schule, Ausbildung und Studium wären ja ein Klacks, wenn nicht immer diese Prüfungen wären. Unmengen an Fakten müssen Sie andauernd in Ihr Gehirn kriegen und hoffen, dass sie auch dort bleiben. Dabei gibt es immer wieder das ein oder andere Thema, bei dem Sie Schwierigkeiten haben, sich alles zu merken – vielleicht, weil Sie dieses Gebiet zu wenig interessiert oder der Stoff recht trocken ist.

In diesem Fall helfen Ihnen Mnemotechniken. Dabei handelt es sich um Kniffe, mit denen Sie sich Dinge besser merken können. Sie tricksen Ihr gelangweiltes Gehirn quasi aus. Besonders einfach zu lernen und extrem effektiv ist die Loci-Methode. Sie erfordert etwas Übung, doch Sie werden vom Ergebnis sicher begeistert sein. Das Memorieren kann auch durchaus unterhaltsam sein.

Die Loci-Methode

Um sich zusammenhängende Fakten, Abläufe, Stichwortlisten oder auch Texte besser einprägen zu können, eignet sich die Loci-Methode besonders gut. Das Wort loci, im Singular locus, stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Orte. Genau diese Orte benötigen Sie, um sich Inhalte zu merken. Und eine ordentliche Portion Kreativität schadet auch nicht.

Der Weg ist das Ziel

Zuerst visualisieren Sie vor Ihrem geistigen Auge eine Route. Es sollte ein Weg sein, den Sie gut kennen, vielleicht sogar regelmäßig benutzen. Stellen Sie sich beispielsweise vor, wie Sie nach Hause kommen, in die Küche laufen, danach das Esszimmer aufsuchen, ins Badezimmer  und schließlich schlafen gehen. Auf dieser Strecke gibt es Wegpunkte. Fangen Sie zuerst mit zehn Punkten auf einer Route an. Das können der Briefkasten neben der Haustür, ein markantes Bild im Eingangsbereich, Ihre Kaffeemaschine, ein außergewöhnliches Deko-Objekt oder andere Dinge, die in Ihrer Wohnung herumstehen, sein. Die Gegenstände sollten nicht zu klein sein, damit Sie sie nicht vergessen, aber auch nicht so groß wie ein ganzer Raum.

Da Sie sich später mehr als nur ein Themengebiet merken müssen, benötigen Sie dann auch mehrere Routen. Es eignen sich eigentlich alle Wege, die Sie gut kennen und auf denen Sie in nicht zu großen Abständen einprägsame Stationen finden. Sie können unter anderem direkt am eigenen Körper anfangen: Füße, Knie, Po, Hüfte, Bauch, Arme, Schultern, Hals, Gesicht, Haare. Gibt es mehr Inhalte zu lernen, müssen Sie sich eine längere Route zurechtlegen. Fügen Sie aber nicht einfach Punkte auf einem vorhandenen Weg ein, den Sie sich bereits gemerkt haben, sonst kommen Sie schnell durcheinander.

Visualisieren ist alles

Vorbereitung ist bei der Loci-Methode viel wert. Es ist wichtig, dass Sie sich die Route sowie die Wegpunkte gut einprägen, bevor Sie überhaupt damit beginnen, den Lernstoff zu verarbeiten. Erst dann nehmen Sie sich die Stichwörter aus Ihrem Material vor und verknüpfen eins nach dem anderen mit den Punkten auf Ihrer Strecke. Dabei sollten Sie sich die Bilder dazu ganz genau vor Ihrem inneren Auge vorstellen.

Natürlich ist das gerade bei abstrakten Begriffen nicht ganz einfach, deshalb müssen Sie ein wenig mit Ihrer Kreativität spielen. Je absurder und komischer die einzelnen Situationen dabei sind, desto besser erinnern Sie sich später daran. Auf diese Art entsteht eine kleine Geschichte in Ihrem Kopf.

Beispiel: Die Bundeskanzler bei Ihnen daheim

Nehmen Sie zum Beispiel an, Sie müssen für Sozialkunde die Bundeskanzler in der richtigen Reihenfolge auswendig lernen: Adenauer, Erhard, Kiesinger, Brandt, Schmidt, Kohl, Schröder, Merkel.

Sie stellen sich also vor, wie Sie nach Hause kommen und den Briefkasten öffnen, als ein Adler Ihnen die Post aus der Hand klaut und Sie aus seinem Adlerauge, das an dieser Stelle für den Namen Adenauer steht, ganz kritisch anschaut. Als nächstes flüchten Sie nach drinnen zu Ihrem nächsten Punkt: der Garderobe. Dort hängen Sie Ihre Jacke an den Haken, die augenblicklich zu Stein erhärtet (für Erhard). Auf dem Bild von Ihrem Hund im Flur, verspeist der Vierbeiner heute genüsslich einen Kissinger (für Kiesinger). Wer dieses Gebäck nicht kennt, kann Bello stattdessen auch mit einer Wagenladung Kies überhäufen lassen. In die Kaffeemaschine kippen Sie statt Wasser Branntwein (für Brandt). Stellen Sie sich genau vor, wie Sie schon von dem starken Geruch beim Kaffeeaufbrühen beschwipst werden und Schluckauf bekommen. An Ihrem nächsten Punkt, dem Kühlschrank, gibt es kein Essen. Stattdessen brennt hinter der Tür ein heißes Feuer, während ein kleiner Schmied (für Schmidt) zwischen den Einlegeböden steht und wild auf einem Metallstück herumhämmert. Anschließend greifen Sie im Esszimmer in die Obstschale und beißen herzhaft in ein Stück Kohle (für Kohl), das Sie angewidert wieder ausspucken. Am Waschbecken im Badezimmer strömt statt Wasser nur Schrot (für Schröder) aus der Leitung und in der Duschkabine gibt es keine Brause. Sie schreiben auf einen gelben Haftzettel: „Merke (für Merkel): Duschkopf einbauen!“

Suchen Sie sich Bilder, die Sie gut visualisieren können. Geht es wie in diesem Beispiel um Personen, müssen Sie nicht mit den Namen spielen. Sie können auch Dinge in Ihren Weg einbauen, die Sie mit dem jeweiligen Kanzler verbinden. Beispielsweise könnten Sie eine Raute in die Dusche malen, um auf Frau Merkel hinzuweisen, oder Sie stellen direkt die Bundeskanzlerin mit Hosenanzug und typischer Handhaltung unter die Brause. Ebenso kann eine Zigarre für Herrn Erhard stehen. Und falls Sie bei Herrn Adenauer sofort den historischen Schritt auf den Teppich im Kopf haben, genügt es womöglich, wenn Sie einen Perser im Briefkasten stecken haben.

Abstraktes Lernmaterial

Zugegeben: Je abstrakter die Begriffe sind, die Sie zu lernen versuchen, desto schwieriger wird es für Sie. Spielen Sie dabei mit Bildern und versuchen Sie auf diese Weise, Ihre Stichpunkte auszudrücken.

Angenommen Sie lernen im Rahmen des Pädagogikunterrichts für Ihre Erzieherausbildung gerade etwas zu Thema Autorität. Dabei gibt es das Dominanzschema, das Gefolgschaftsschema und das Kooperationsschema. Nehmen Sie doch dazu Ihre Körperpunkte: Mit den Füßen stellen Sie Dominosteine rund um die Kinder auf, die Sie dabei nicht stören, sondern aufmerksam beobachten. Bei Ihren Knien stellen Sie sich vor, wie Sie vor Ihrem Chef in den Staub fallen und ihm hinterherkriechen. Zum partnerschaftlichen Kooperationsschema visualisieren Sie, wie Sie und ein Kind Rücken an Rücken auf dem Boden sitzen und aneinandergebunden sind. Sie können nur aufstehen, wenn Sie zusammenarbeiten.

Wiederverwertung der Wege

Haben Sie eine Route mit Lernmaterial belegt, sollten Sie nicht die gleiche auch für ein anderes Themengebiet verwenden. Doch sobald Informationen häufig genug wiederholt und angewendet wurden, wandern sie ins Langzeitgedächtnis oder werden sogar automatisiertes Wissen. Dabei benötigen Sie keinen Weg mehr, um sich zu erinnern, sondern Sie können den Stoff.

Sobald Sie sich eine gewisse Geschichte länger nicht vorstellen, wird diese gelöscht und Ihre Route ist wieder frei für neue Themen.

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Autor

Katharina Boyens

Katharina Boyens ist Germanistin und Anglistin mit einem Faible fürs Schreiben. Von März 2016 bis Januar 2021 bereicherte sie das Euro Akademie Magazin mit lesenswerten Beiträgen in verschiedenen Rubriken.