Die virtuelle Stechuhr – Zeiterfassung per App

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Die Arbeit vom heimischen Schreibtisch aus, wie es in der aktuellen Situation weltweit Millionen von Menschen kennen, bringt neue Anforderungen an unseren Job mit sich. Vielen Angestellten fällt es schwer, Arbeit und Freizeit zu trennen. Für diese Klientel, aber auch für Mitarbeiter*innen, die ihre Arbeitszeit gegenüber Vorgesetzten dokumentieren müssen, gibt es verschiedene Apps zur Zeiterfassung. Wir haben eine Auswahl davon unter die Lupe genommen.

Thomas, 31, arbeitet im Controlling eines großen Software-Herstellers. Wenn er vor SARS-CoV-2 wichtige Kalkulationen machen musste und den Feierabend zugunsten seines Arbeitsgebers nach hinten verschob, wurde das beim Verlassen des Firmengebäudes an der Stechuhr dokumentiert. Jede Überstunde wurde auf seinem Arbeitszeitkonto erfasst und ermöglicht ihm einen verlängerten Sommerurlaub, den er gerne in Indien verbringt. Nun arbeitet Thomas schon seit gut zwei Monaten von zuhause aus. Zwar in Jogginghose, aber dafür länger als üblich. Thomas ist Single – es ist also niemand da, der gegen sechs in der Küche mit dem Abendessen lockt. Es passiert daher nicht selten, dass er statt zu tafeln bis weit in die Nacht hinein Tabellen bastelt. Auf Dauer wurde diese Art des Arbeitens zermürbend für Thomas. Da erzählte ihm sein Freund Matthias von verschiedenen Apps zur Zeiterfassung. Matthias selbst nutzt diese, um seine Freizeit zu planen. Als Triathlet kann er so überwachen, ob er oft genug trainiert und dafür sorgen, dass er die übrige Zeit nicht vor dem Fernseher hängen bleibt, sondern seine sozialen Kontakte pflegt. Wofür auch immer Sie Zeiterfassungsapps wie atWork, Toggl oder clockodo nutzen möchten, eine Sache haben diese virtuellen Stechuhren gemeinsam: Sie sind klein und handlich, immer mit dabei und geben Ihnen einen gnadenlosen Blick darauf, wofür sie Ihre Zeit nutzen – und auch verschwenden.

Stechuhr X

Die wohl einfachste Bedienoberfläche bietet die App Stechuhr X. Wie der Namen schon sagt, ersetzt diese App den Stechapparat und die Pappkarte. Durch Tippen auf das Pluszeichen lässt sich ein neuer Eintrag generieren, mit einem Tippen auf die Endzeit wird die aktuelle Uhrzeit als Feierabend notiert. Zusätzlich lassen sich Pausenzeiten vermerken. Sollte man das Eintragen einmal vor Freude über das Feierabendbier vergessen haben, ist es gut zu wissen, dass sich die Daten auch im Nachhinein ergänzen lassen. Zusätzlich kann man Daten als CSV-Datei exportieren und dann in einem Tabellenprogramm wie etwa Excel nutzen. Mit der kostenpflichtigen Pro-Version Stechuhr XT stehen dem Nutzer und der Nutzerin zusätzliche Funktionen zur Verfügung.

atWork

Es gibt aber auch andere, kostenlose Apps, mit denen sich mehr als Arbeitsbeginn und Feierabend aufzeichnen lassen. So eine App ist atWork. Diese App ist wie gemacht für Freiberufler*innen, Angestellte und alle Arbeitnehmer*innen, die auf Stundenbasis arbeiten. Denn hier können Nutzer und Nutzerin nicht nur die geleisteten Arbeitsstunden eintragen, sondern sich gleichzeitig einen Eindruck über den dazugehörigen Verdienst verschaffen. Mithilfe von Apple-Geräten (iPhone, iPad, iPod touch oder Apple Watch) kann man die automatische standortbasierte Zeiterfassung nutzen. Um bei mehreren Auftraggeber*innen den Überblick zu behalten, lassen sich die Arbeitseinheiten unterschiedlichen Kund*innen, Projekten und Aufgaben zuordnen. Auch Sondertage wie Urlaub, Krankheit oder Feiertage können berücksichtigt werden. Selbstverständlich gibt es auch bei atWork die Möglichkeit, Daten zu exportieren. Weiterhin fällt bei dieser App positiv auf: Bewertungen im App Store werden von den Entwickler*innen freundlich beantwortet und Verbesserungsvorschläge dankbar umgesetzt.

myWork

Nicht nur dem Namen nach ähnelt myWork der oben genannten App, auch die Funktionen sind so ziemlich die gleichen: Stoppuhr-Funktion, Anlegen von mehreren Jobs. Projekten und Kund*innen, Eintragen von Sondertagen sowie das ortsbasierte automatische Starten und Stoppen der Zeiterfassung. Ob es wirklich „die beste Zeiterfassung derzeit im AppStore“ ist, wie Nutzer Holger7115 begeistert urteilt, muss jede*r für sich beurteilen. Oder Sie diskutieren es innerhalb der Familie oder im Freundeskreis, denn bei der Vollversion für 5,49 Euro gibt es die Familienfreigabe für bis zu sechs Personen gratis dazu.

Toggl

Siri ist Ihre engste Vertraute? Wenn Sie sich vor Tastaturen ekeln und mit Siri mehr besprechen als mit ihrem*r besten Freund*in, dann könnte Toggl was für Sie sein. Denn Toggl lässt sich vollständig über die Spracheingabe steuern. Die Zeitmanagement-App mit vielfältigen Funktionen wurde 2006 im estländischen Tallinn, dem Silicon Valley Europas entwickelt. So hatten die Entwickler*innen genug Zeit, sie immer wieder zu verbessern. Auf dem heutigen Stand bietet Toggl ein umfassendes Zeitmanagment mit digitaler Stechuhr, Integration von Kalendereinträgen, exportierbarer Berichte, Projektübersichten und Produktivitätsauswertungen. Einen kleinen Punktabzug gibt es: Die App ist lediglich in englischer Sprache verfügbar. Das dürfte in unserer globalisierten Welt für die meisten Nutzer*innen jedoch kein Problem darstellen.

Clockodo

Explizit kleine und mittlere Unternehmen spricht die Zeiterfassungsapp Clockodo an. Insbesondere Handwerksbetriebe sind begeistert von Clockodo, denn verschmierte und verschlampte Stundenzettel gehören mit dieser App der Vergangenheit an. Alle Mitglieder eines Teams können das Programm entweder auf ihrem Mobilgerät oder am Laptop bedienen, besagte Stundenzettel lassen sich digital unterschreiben. Chef*in oder Personaler*in haben den vollkommenen Überblick über die Arbeitsstunden ihrer Belegschaft: Sie können die Urlaubszeiten im Blick behalten, Anträge genehmigen, Überstunden abbauen, die täglichen Arbeitszeiten einsehen und all diese Information problemlos in das eigene Lohnbuchhaltungsprogramm übernehmen. Dabei wird auch gleichzeitig geprüft, ob die Arbeitszeitgesetze eingehalten werden. Und noch einen Vorteil bietet Clockodo: Das Programm liefert Kennzahlen, Daten und Diagramme sowie detaillierte Berichte, um die Produktivität Ihres Betriebs zu überwachen. Dieser Service hat natürlich seinen Preis. Pro Nutzer*in zahlen Sie monatlich 6,50 Euro, ab dem*r elften Nutzer*in wird es deutlich günstiger.

Der große Bruder schaut zu?

Dennoch sind derartige Apps nicht bei jedermann beliebt. Einige fürchten um Ihre Freiheiten. Wer sich jetzt Sorgen macht, mit einer Zeitmanagement-App könne der arbeitgebende Betrieb Sie als Mitarbeiter*in überwachen, dem sei gesagt: Es gibt Arbeitsgesetze, die ein individuelles Tracking der Angestellten ohne triftige Begründung verbieten. In der Neuen Zürcher Zeitung gab es erst kürzlich einen Artikel zu diesem Thema. Ein großer Teil der Angestellten in der Schweiz sieht eine Datenspeicherung überraschenderweise nicht als Eingriff in die Privatssphäre, sondern sogar eher als Hilfe bei der Optimierung ihrer Arbeitsprozesse. Nicht bei allen weckt eine individuelle Überwachung Erinnerungen an George Orwells 1984. Und wenn man eine der oben vorgeschlagenen Zeiterfassungsapps nutzt, muss die Chefin oder der Chef ja erstmal gar nichts davon wissen. Oberste Kontrollinstanz für ein sinnvolles Zeitmanagement sind in diesem Falle Sie selbst.

Der Gebrauch einer Zeitmanagement-App lässt Ihnen zusätzliche Freizeit? Warum diese nicht für eine Weiterbildung nutzen? Hier finden Sie unser Seminarangebot.

Bildquelle Beitragsbild: ©Mohd KhairilX /shutterstock.com

Autor

Nadine Elbert

Seit August 2019 schreibt Nadine Elbert hier im Wechsel über Themen aus den Bereichen Ausbildung, Studium und Beruf – und schöpft dabei auch aus ihrem reichhaltigen persönlichen Erfahrungsschatz.